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Wem gehören die Schätze des Kaisers? – Der Streit um...

Land: D, Jahr: 2019, Genre: Geschichte, Länge: 40min

Heute Redaktion
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Bild: Kein Anbieter

Prinz gegen Republik: Seit die Forderungen der Hohenzollern an das Land Brandenburg geleakt wurden, tobt eine bundesweite Debatte - auch um die Deutungshoheit über deutsche Geschichte. Der Nachfahre des letzten deutschen Kaisers, Georg Friedrich Prinz von Preußen, fordert enteignete Kunstobjekte zurück - und eine Entschädigung in Millionenhöhe. Vor Gericht spitzt sich alles auf eine Frage zu: Halfen die Hohenzollern den Nazis zur Macht? Georg Friedrich Prinz von Preußen ist wohl der zurzeit umstrittenste Hochadelige der Nation. Bisher kannte ihn die breite Öffentlichkeit, wenn überhaupt, von seiner prunkvollen "Kaiser-Hochzeit" mit Sophie Prinzessin von Preußen in der Potsdamer Friedenskirche 2011. Der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers galt als zurückhaltend, höflich und sympathisch. Bis eine folgenschwere Indiskretion alles änderte. Ein Insider leakte ein geheimes Dokument aus den Verhandlungen, die die Hohenzollernfamilie seit Jahren mit Bund und Ländern führt. Es geht um eine Millionen-Entschädigung für enteignete Schlösser und um die Eigentumsklärung tausender Gemälde, Skulpturen, Möbel, Fotos und dergleichen mehr. Wem gehört das Erbe der Hohenzollern: Den Nachkommen des Kaiserhauses oder dem Staat? Der Forderungskatalog der Hohenzollern entfesselte einen Sturm der Entrüstung. "Prinz Raffke", "Vom Stamme Nimm", "der Clan" titelten deutsche Zeitungen von "taz" bis "FAZ". Die öffentliche Meinung scheint sich einig - die Forderungen der Hohenzollern sind maßlos und geschichtsvergessen. Auf Seite der Hohenzollern wird betont, der Prinz tue nichts anderes, als seine Bürgerrechte wahrzunehmen: Er möchte klären, ob er Restitutionsansprüche auf enteigneten Besitz auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hat. So wie es Hunderte Bundesbürger vor ihm getan haben. Aber darf ein ehemals regierendes Adelshaus die gleichen Rechte für sich in Anspruch nehmen wie ein einfacher Bürger? Wird hier nicht das Volk, das einst den Reichtum des Kaiserhauses finanzierte, ein zweites Mal zur Kasse gebeten? Das Grundgesetz garantiert zwar den Schutz von Privatbesitz, aber was ist bei einem Kaiser-Nachfahren wirklich Privatbesitz? Nachdem Wilhelm II., der letzte deutsche Kaiser, 1918 abgedankt hatte, einigte man sich 1926 in der Weimarer Republik darauf, dass alle Besitztümer und Schlösser, die als Staatsbesitz galten, enteignet würden, während privat genutzte Besitztümer den Hohenzollern zugesprochen wurden. Um dieses damals zugesprochene Eigentum, das 1945 von den Sowjets enteignet wurde, geht es nun. War die Enteignung durch die Sowjets rechtmäßig? Das hängt vor Gericht vor allem von der Frage ab, inwieweit der letzte Kronprinz Wilhelm den Nationalsozialisten zur Macht verholfen hat oder nicht. Die Frage wird von Historikern unterschiedlich beantwortet und könnte entscheidend werden in dem Streit. Im Kern dreht es sich bei der hitzig geführten Debatte aber um mehr als nur die juristische Frage, wem das Erbe der Hohenzollern zusteht. Es geht auch um die Frage, in welcher Form nationales Kulturgut geschützt werden sollte. Und es ist ein Streit um die Deutungshoheit über deutsche Geschichte: Haben die Kaiser ihren Reichtum rechtmäßig verdient, oder haben sie ihn dem Volk abgepresst? Wer verhalf Hitler zur Macht? Warum bot der Adel keine konservative Alternative zu den Nazis an? Und kann eine rechtmäßige Entscheidung womöglich trotzdem Unrecht sein?

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