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Fenster zuerst: So funktioniert das neue AUA-Boarding

Die AUA führt einen neuen Boarding-Prozess ein. Wo gibts es jetzt Änderungen und warum sind Experten skeptisch? Die wichtigsten Antworten.

Heute Redaktion
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Austrian Airlines führt eine neue Boarding-Methode namens Wilma ein. Passagiere müssen daher schon bald genauer auf ihr Ticket schauen, um in der richtigen Reihenfolge ins Flugzeug zu kommen. Wie sieht das neue Verfahren also aus? Und was sind die Nachteile? Die wichtigsten Antworten:

Was ist Wilma?

Beim neuen Boarding-Verfahren werden die Passagiere künftig danach aufgeteilt, ob sie einen Platz am Fenster, in der Mitte der Sitzreihe oder am Gang gebucht haben. Es spielt also keine Rolle mehr, ob man hinten oder vorn im Flugzeug sitzt. Im Englischen lautet die Reihenfolge also "Window-Middle-Aisle", was in der Airline-Branche mit "Wilma" abgekürzt wird.

Wie sieht die Boarding-Reihenfolge konkret aus?

Auf dem Flugticket wird es neben Abflug-Gate und Sitzplatznummer eine neue Rubrik geben, nämlich die Boarding-Gruppen 1 bis 5. Unverändert haben Familien mit kleinen Kindern sowie hilfsbedürftige oder in ihrer Mobilität eingeschränkte Passagiere Vorrang. Dasselbe gilt für Gäste mit Prioritätsstatus, also Business Class, HON und Senatoren.

Danach dürfen zuerst die Passagiere mit Fensterplätzen, dann die Gäste mit Mittelsitzen und schließlich die Fluggäste mit Gangplätzen an Bord gehen.

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Grün markiert: die neue Boarding-Bezeichnung

Eine Ausnahme gibt es für Personen, die zusammen reisen: "Fluggäste, die gemeinsam reisen, können auch weiterhin gemeinsam an Bord gehen können", sagt eine Austrian-Sprecherin auf Anfrage. "Familien oder Passagiere, die eine gemeinsame Flugbuchung haben, werden vom Check-in System automatisch einer gemeinsamen Boardinggruppe zugeordnet." Das Verfahren habe in Tests gut funktioniert, versichert sie.

Was soll Wilma bringen?

Mit der neuen Boarding-Methode will die AUA Zeit sparen und pünktlicher werden. Das Aufstehen der schon am Gang sitzenden Passagiere für alle, die später kommen und sich noch auf den Sitz in der Mitte oder ganz ans Fenster quetschen müssen, soll mit Wilma entfallen. Denn das kostet Zeit und blockiert den Gang des Flugzeugs. Tests haben gezeigt, dass sich mit Wilma die Dauer des Boardings um rund 2 Minuten auf eine Viertelstunde verkürzen lässt. Letztlich ist für Airlines jede eingesparte Minute wichtig, denn viele Pünktlichkeits-Rankings registrieren erst Flüge mit über 15 Minuten Verspätung. Zusätzlich sollen mit Wilma die stressigen Konflikte minimiert werden, die beim Gerangel um den richtigen Sitz entstehen.

Was sagt der Experte?

Aviatik-Experte William Agius ist skeptisch. In der Theorie funktioniere das neue Boarding vielleicht, sagt er. "In der Praxis ist es aber zum Scheitern verurteilt, wenn man die Methode nicht konsistent durchsetzt." Ein Problem sieht Agius demnach darin, dass Gruppen, Familien oder privilegierte Passagiere trotzdem zusammen einsteigen können, egal, wo diese sitzen. Zudem müssten die Passagierströme bereits vor dem Gate richtig gelenkt werden. "Sonst verschiebt man die Problematik lediglich vom Innern des Flugzeugs nach draußen", so der Experte.

Was sind die Nachteile?

Ein Problem ist, dass die Boarding-Reihenfolge wohl kaum konsequent umgesetzt werden kann, denn viele Fluggäste sind zu Beginn des Boardings noch gar nicht am Gate und treffen erst später ein. Egal, wie gut eine Boarding-Methode ist – es können jeweils bis ganz am Schluss des Boarding-Prozesses Passagiere mit einem Fensterplatz ins Flugzeug kommen.

Die AUA sagt dazu: "Wenn ein Passagier einsteigen möchte, dessen Boardinggruppe noch nicht aufgerufen wurde, erhält er beim Boarding entweder vom Lesegerät oder von einen Mitarbeiter den Hinweis, dass er für eine spätere Boardinggruppe vorgesehen ist. Das heißt, ein Einsteigen ist erst möglich, sobald die entsprechende Boardinggruppe aufgerufen wurde."

Wie lauten die ersten Reaktionen?

Kritik gibts bereits von Passagieren im Internet. Viele glauben nicht, dass Wilma das Einsteigechaos beseitigt. Für sie ist das Gerangel um den knappen Platz in den Gepäckablagen oberhalb der Sitze verantwortlich für die Staus auf den Gängen. Weil die Airlines für jedes aufgegebene Gepäckstück die Passagiere zur Kasse bitten, nehmen die Reisenden immer mehr Handgepäck in die Kabine mit. Passagiere, die später kommen, haben oft keinen Platz mehr für ihr Handgepäck.

Wo wird Wilma eingesetzt?

Wilma führt der Lufthansa-Konzern ab dem 7. November über den Winter schrittweise auf Europa-Flügen der Lufthansa und ihrer Töchter Austrian und Swiss ein. Bei der AUA kommt die neue Boarding-Variante vorerst nur bei ausgewählten Destinationen zum Einsatz, etwa bei Flügen von London, Kopenhagen oder Tel Aviv nach Wien. Ab Dezember wird das Verfahren dann am Flughafen Wien für alle Austrian-Flüge eingesetzt.

Die Gesellschaften Air France und British Airways setzen schon seit längerem auf das Wilma-Boarding.