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Wer sich hier 30 Minuten aufhält, riskiert sein Leben

Der Karatschai-See im südlichen Ural gilt als einer der gefährlichsten Orte der Welt. Schon ein kurzer Aufenthalt kann tödliche Folgen haben.

Heute Redaktion
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Osjorsk (Stadt am See) – der Name klingt malerisch. Und er legt nahe, dass man sich dort herrlich am Wasser erholen kann. Doch der Schein trügt.

Dies einerseits, weil die Stadt nach einem Atom-GAU im Jahr 1957 radioaktiv verstrahlt ist (siehe Bildstrecke oben) und deshalb nur auf Einladung sowie mit Genehmigung besucht werden darf.

Andererseits, weil der im Stadtnamen erwähnte See aufgrund seiner radioaktiven Strahlung als einer der gefährlichsten Orte der Welt gilt – und das nicht erst seit dem Atomunfall.

Sorglose Entsorgung von Atommüll

So leiteten die Mitarbeiter der nahe gelegenen Kerntechnischen Anlage Majak die dort abfallenden radioaktiven Abfälle ab 1948 in den rund 50 Hektar großen, künstlichen See. Welche Mengen damals diesen Weg nahmen und wie lange, wurde nie öffentlich gemacht.

Doch es dürften gigantische Mengen gewesen sein. So berichtete die "Süddeutsche Zeitung" vor einigen Jahren, dass noch immer vier Exabecquerel des langlebigen radioaktiven Elementes Cäsium-137 lagern (siehe Box 2). Das bedeutet, dass dort pro Sekunde vier Milliarden Atomkerne zerfallen und dabei radioaktive Strahlung freisetzen.

Für die Menschen in der Region hatte das tödliche Folgen. Denn das verseuchte Wasser gelangte auch in die Flüsse der Umgebung – und so zu den Menschen. Die Bauern tranken es oder fingen und assen die darin schwimmenden Fische.

Weitere Katastrophe

Mitte der 1960er-Jahre trocknete der See aus und schrumpfte auf 15 Hektar zusammen. Heftige Stürme verteilten die trocken gefallenen, radioaktiven Sedimente als Staub viele Kilometer weit. Insgesamt wurden dabei laut Zeit.de 200'000 Gigabecquerel freigesetzt.

Rund eine halbe Million Menschen sollen einer Strahlendosis ausgesetzt worden sein, die etwa so hoch gewesen sein soll wie in Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe.

Betonabdeckung bröckelt

Damit sich Derartiges nicht mehr wiederholt, wurde der See mittlerweile mit einer meterderdicken Betondecke abgedeckt.

Die finalen Arbeiten sollen im Jahr 2015 stattgefunden haben. Um die Arbeiter nicht zu gefährden, durften sie sich nur kurze Zeit vor Ort aufhalten. Die Fahrzeuge waren zum Schutz vor der Strahlung mit Bleiplatten verstärkt.

Doch trotz dieser Vorkehrungen ist die Gegend um den Karatschai-See alles andere als sicher. Verschiedenen Medienberichten zufolge soll die radioaktive Belastung in der Gegend die globalen Richtwerte teilweise um ein Tausendfaches überschreiten. Schon eine halbe Stunde soll tödliche Folgen haben.

Hinzu kommt, so der MDR, dass die Abdichtung bereits bröckeln soll.

(Fee Riebeling)