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Wie Rocker die Toten von Christchurch ehren

In Neuseeland ist das Entsetzen über den Anschlag von Christchurch groß. Im ganzen Land gibt es Trauerfeiern für die 50 Opfer.

Heute Redaktion
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Der Terrorangriff auf zwei Moscheen in Christchurch erschüttert Neuseeland. Bei dem Attentat starben 50 Menschen, Dutzende wurden verletzt. Christchurch steht immer noch unter Schock. In der Nähe der Tatorte legten viele Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an.

Insgesamt war es in der Stadt jedoch viel ruhiger als an normalen Wochenenden. Viele Geschäfte blieben geschlossen. Auf einem Spendenkonto für die Hinterbliebenen gingen inzwischen mehrere Millionen Euro ein. Premierministerin Jacinda Ardern sagte: "Neuseeland ist in Trauer vereint."

Haka als Ehrerbietung

Beeindruckende Zeichen setzen auch verschiedene Maori- und Rocker-Gruppierungen. So ehrte eine "Biker-Gang" die Opfer der Anschläge mit ihrer Interpretation des "Haka", eines traditionellen Maori-Tanzes, wie am Video oben zu sehen ist.

Mit etwa 50.000 Gläubigen – darunter viele Einwanderer aus Staaten wie Pakistan und Bangladesch – sind Muslime in Neuseeland eine Minderheit. Viele der Opfer waren als Einwanderer gekommen. Ihre Familien haben Wurzeln in Ländern wie Pakistan, Bangladesch, Afghanistan, Ägypten, Saudi-Arabien und Indien. Die genaue Herkunft will die Polizei aber erst bekanntgeben, wenn alle Leichen identifiziert sind.

Wegen Mordes angeklagt

Am Freitag hat Brenton Tarrant, ein Rechtsextremist aus Australien, in einem akribisch geplanten Blutbad in zwei Moscheen in Christchurch 50 Menschen getötet. Tarrant hatte vor der Tat eine Kampfschrift mit rechtsextremen Parolen ins Internet gestellt und auch per Mail verschickt. Muslime und Immigranten bezeichnete er darin als "Invasoren", sich selbst als Rassisten.

Der 28-Jährige wird nun wegen Mordes angeklagt. Am Wochenende wurde er bereits einem Richter vorgeführt. Mit der Hand formte er dort das "Okay"-Zeichen: Daumen und Zeigefinger zusammen, die anderen Finger abgespreizt. Diese Geste steht unter anderem für "White Power" und wird von weißen Rassisten verwendet.

Gang-Mitglieder drohen bereits

Tarrant wird derzeit in einer Hochsicherheitseinrichtung unter 24-Stunden-Überwachung festgehalten, wo er auf die Weiterführung seiner Verhandlung wartet. Ihm droht lebenslange Haft.

Während dieser werde er laut Experten besonders am Anfang ständig im Fokus anderer Insassen sein – und das nicht im guten Sinne. Wie der "New Zealand Herald" schreibt, sollen Gang-Mitglieder bereits angekündigt haben, dass man ihn auf dem Radar habe. "Wir haben auch drinnen (sprich im Gefängnis) Freunde", soll etwa ein Gang-Mitglied gegenüber der Zeitung gesagt haben.

Eine Drohung, die laut dem Kriminologen Greg Newbold von der neuseeländischen Universität Canterbury sehr ernst genommen werden müsse: "Im Gefängnis ist Tarrant in großer Gefahr", sagt er gegenüber der Zeitung. Newbold soll vor Jahren selbst einige Zeit in einer Strafanstalt verbracht haben und spricht also aus Erfahrung: "Einige werden ziemlich wütend sein, besonders aufgrund der Tatsache, dass Tarrant ein weißer Rassist ist."

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Kann "leicht getötet werden"

Denn: Mit seinem Gedankengut wird der 28-Jährige im Gefängnis so ziemlich allein dastehen. Laut dem Kriminologen ist die Mehrheit der Gefängnisinsassen nämlich nicht weiß. Aufgrund der Gefahr, die von den anderen Insassen ausgehe, werde er wohl "für lange, lange Zeit in einer speziell gesicherten Einzelhaft in seiner eigenen Zelle eingesperrt bleiben", so Newbold.

Tarrant müsse im Gefängnis vor jeglichem menschlichem Kontakt geschützt werden, da er sonst "leicht getötet werden" könnte. "Es gibt nicht viele Menschen mit Sympathien für das, was er getan hat", so Newbold. Nicht einmal weiße Rassisten würden hinter seinen Taten stehen. Im Gegenteil würde Tarrants Massaker nun Menschen zusammenbringen, die – trotz unterschiedlicher politischer Ansichten – gemeinsam eine solch grausame Tat verurteilen. (rfi/20M)