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Wieder frei: Keine Mordanklage gegen Gerry Adams

Heute Redaktion
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Bild: RICHARD DREW (AP POOL)

Der im Zuge von Mordermittlungen festgenommene frühere IRA-Aktivist und heutige irische Parlamentarier Gerry Adams ist wieder auf freiem Fuß. Die Polizei beschuldigt den 65-Jährigen, am Mord an der zehnfachen Mutter Jean McConville im Jahr 1972 in Belfast beteiligt gewesen zu sein. Es wird nun aber nicht Anklage gegen Adams erhoben.

Bis Sonntagabend mussten die Behörden entscheiden, ob Adams weiter in Haft bleibt. Er wurde jedoch noch am Sonntag freigelassen. Laut "BBC" wird keine Anklage in Zusammenhang mit dem Mord erhoben. Allerdings werde die Polizei seinen Akt an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung weiterleiten.

Adams will Friedenskurs fortsetzen

Nach seiner Freilassung will Adams den Friedenskurs seiner Sinn Fein-Partei unbeirrt fortsetzen. Auf einer Pressekonferenz in Belfast sprach Adams von einer "böswilligen Kampagne" gegen ihn, die von "alten Garden" in der Polizei und von Gegnern des Friedensprozesses in seiner eigenen republikanischen Bewegung geschürt würde. Adams versicherte, er wolle den Friedensprozess - und die Zusammenarbeit seiner Partei mit der Polizei - fortsetzen. "Es gibt nur einen Weg, und der ist vorwärts", sagte Adams.

Verhaftung schlug hohe Wellen

Die Festnahme von Adams hatte in Nordirland für Aufregung gesorgt und die fragile Regierung belastet. In der nordirischen Regierung teilen sich die früher verfeindeten proirischen und probritischen Kräfte der Region heute die Macht. Am Samstag hatten in Belfast Hunderte Menschen gegen die Festnahme von Adams protestiert.

Die Tat geht auf das Konto der früheren Untergrundorganisation Irish Republican Army (Irisch-Republikanische Armee), in dessen Führungszirkel Adams damals war. Heute ist er Vorsitzender der republikanischen Partei Sinn Fein und sitzt im irischen Parlament in Dublin.

Politiker bestreitet Beteiligung am Mord

Adams bestritt seine Beteiligung an dem Mord. Er habe sich zwar nie von der IRA losgesagt und werde das nie tun, aber mit der Entführung und Tötung der Frau habe er nichts zu tun. Die Witwe war 1972 vor den Augen ihrer Kinder von zwölf Männern und Frauen entführt worden. Die IRA beschuldigte sie, Informationen an die englische Armee weitergegeben zu haben. IRA-Mitglieder erschossen sie und vergruben ihre Leiche. Erst im Jahr 2003 wurden die sterblichen Überreste McConvilles an einem Strand in der Grafschaft Louth entdeckt.

Neue Dokumente rollten Fall wieder auf

Adams hatte sich in der 60er-Jahren der IRA angeschlossen. Später wandte er sich der Politik zu und zog 1983 für den katholischen Wahlkreis West-Belfast ins britische Unterhaus ein. Zehn Jahre später bereitete er gemeinsam mit dem nordirischen Sozialdemokraten John Hume den 1994 deklarierten IRA-Waffenstillstand vor. Adams war einer der maßgeblich Verantwortlichen für das Karfreitagsfriedensabkommen von 1998, mit dem Jahrzehnte der Gewalt zwischen pro-irischen und pro-britischen Kräfte in Nordirland beendet wurden.

Die Ermittlungen in dem Mordfall hatten zuletzt Fortschritte gemacht, nachdem eine Universität in Boston den britischen Behörden Interviews mit früheren Rebellen zur Verfügung gestellt hatte. Die Dokumente sollten erst nach dem Tod der Befragten veröffentlicht werden, aber ein US-Gericht zwang die Hochschule im vergangenen Jahr, Aussagen zu dem Fall herauszugeben.

Weitere Festnahme

Welche Auswirkungen die Festnahme Adams' auf die nordirische Regierung haben wird, war zunächst unklar. Deren stellvertretender Erster Minister, der ehemalige IRA-Befehlshaber Martin McGuinness, ist ebenfalls Mitglied von Sinn Fein.

Ebenfalls am Mittwoch wurde ein 69-Jähriger im Zusammenhang mit einem Attentat in Belfast im Jahr 1971 festgenommen, bei dem 15 Menschen starben. Der Anschlag ging auf das Konto der protestantisch-unionistischen Organisation Ulster Volunteer Force (UVF), wurde aber zunächst irrtümlich der IRA zugeschrieben.