Der Stromhandel läuft zum Teil über Termingeschäfte ab, also Geschäfte, die in der Zukunft stattfinden, bei der Wien Energie etwa in 24 Monaten. Es wird ein Vertrag über eine Strommenge zum aktuellen Börsenpreis abgeschlossen. Zu diesem Preis muss der Kunde beliefert werden. Kann die Wien Energie den Vertrag nicht erfüllen, tut es die Börse – und zwar zum tagesaktuellen, momentan astronomisch hohen Preis. Dafür sichert sich die Börse mit einer Kaution von beiden Vertragspartnern ab. Diese wird abhängig von der Preisentwicklung regelmäßig nachgebessert. Durch die Preisexplosion sind auch die Kautionen jetzt enorm hoch.
Nun braucht die Wien Energie Geld. Denn: Kann sie keine Kaution mehr hinterlegen, wird sie vom Börsenhandel ausgeschlossen. Als letzter Ausweg könnte Strom statt über die Börse mit bilateralen Verträgen gekauft werden, so Energie-Experte Walter Boltz. Warum die Notlage erst so spät bekannt wurde, bleibt ein Rätsel. Das Risikomanagement des Konzerns überwacht die Börsenentwicklung, wird Alarm geschlagen, kann das Termingeschäft abgeblasen werden, indem der Vertrag an einen anderen Zulieferer weiterverkauft wird – mit Verlust, der aber weit geringer wäre als die jetzt genannten Summen.