Österreich

Schon Babys können von Depression betroffen sein

Heute Redaktion
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Obwohl sie jeden treffen können, sind psychische Krankheiten oftmals tabuisiert. Eine neue Kampagne der Stadt Wien soll nun mehr Bewusstsein schaffen und Hilfsmöglichkeiten aufzeigen.

Laut vorsichtigen Schätzungen leiden in Wien aktuell rund 100.000 Menschen unter Depressionen, im Schnitt ist in Österreich jeder sechste zumindest einmal in seinem Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen. Um hier für Aufklärung zu sorgen und die, nach wie vor bestehende, Stigmatisierung zu beenden, startet der Psychosoziale Dienst (PSD) nun unter dem Motto "darüberredenwir" eine neue Kampagne.

"Depressionen, Borderline-Störungen und andere psychische Erkrankungen betreffen Frauen und Männer, junge und alte, arme und reiche Menschen und machen vor niemandem Halt. Mit der Kampagne #darüberredenwir starten wir das Gespräch über psychische Gesundheit in unserer Stadt. Beenden wir gemeinsam die Stigmatisierung", erklärt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) anlässlich des heute, Dienstag, gefallenen Startschuss.

Vorurteile abbauen über Behandlungsmöglichkeiten informieren

Ziel der Informationsoffensive ist es Bewusstsein für die Krankheiten zu schaffen, auf Hilfsangebote hinzuweisen und Vorurteile abzubauen. Dazu setzt der PSD vor allem auf Soziale Medien wie Facebook und Instagram. Gipfeln wird die Aktivierung in den Aktionstagen im Februar 2020, wo unterschiedliche Veranstaltungen stattfinden werden und Institutionen, Firmen und private Initiativen dazu aufgerufen sind, sich in Gesprächsrunden mit psychischer Gesundheit auseinanderzusetzen.

"Betroffenen wird immer noch mit Vorbehalten begegnet. Vorurteile sind weit verbreitet, über eigene seelische Erkrankungen wird nicht gesprochen. Diskriminierung ist in der Schule, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis und auch in der Familie häufig ein Wegbegleiter. Diese Stigmatisierung schadet den Betroffenen, den Angehörigen und letztendlich dem Miteinander in unserer Gesellschaft", erläutert PSD-Chefarzt Dr. Georg Psota zum Hintergrund der Kampagne.

Auch Säuglinge von Depression betroffen

Oftmals würden psychische Erkrankungen nicht als solche erkannt und deren Symptome fehlinterpretiert. "So werden Depressionen in vielen Fällen als Faulheit oder Grant fehlinterpretiert. Bis die Krankheit tatsächlich behandelt wird, vergehen oft wichtige Therapiezeit", so Psota zu "Heute".

Psychische Erkrankungen können jeden treffen, auch Babys. "Auch bei Säuglingen können schon Depressionen entstehen. Diese kann man durch die richtigen Therapien aber gut in den Griff bekommen", betont Psota, der in diesem Zusammenhang für mehr Aufmerksamkeit plädiert, bei sich selbst und bei anderen. Denn nur so könnten die Erkrankungen erkannt und entsprechend behandelt werden.

Einbindung von Betroffenen und echte Geschichten

Bei der Auftaktaktion wurde ein Riesenpolaroid mit einem Sujet der Kampagne präsentiert. Es handelt sich um eine Malerei des Künstlers Anton Blitzstein, die das Krankheitsbild Depression darstellt. "Unser Ziel ist es, dass möglichst jede Wienerin und jeder Wiener mit der Kampagne in Berührung kommt. Denn alle sind vom Thema betroffen – weil sie entweder selbst mit einer psychischen Erkrankung leben oder jemanden kennen. Es war uns deswegen auch wichtig, Betroffene und ihre Geschichten in den Mittelpunkt zu stellen", so der Wiener Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen Ewald Lochner.

Je nach Art der Erkrankung ist ein Leben mit normalem Alltag möglich, jedenfalls aber eine Behandlung notwendig. Das Stigma von psychischen Krankheiten bewirke aber, dass Menschen sich davor scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei wäre ein rasches Handeln wichtig – denn je früher Betroffene professionell unterstützt werden, desto besser kann geholfen werden.

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(Bild: "Heute")

Wien arbeitet an zukunftsfittem Versorgungsplan

Hacker wies auf die Hotline des PSD hin: "Unter 01/313-30 stehen rund um die Uhr Berater zu Verfügung, wenn es zu psychischen Krisen kommt, aber auch wenn es darum geht, Informationen zu psychischen Erkrankungen zu erhalten. Die Wienerinnen und Wiener können sich darauf verlassen, dass sie in der Stadt eine gute und flächendeckende Betreuung erhalten".

Als "Vergissmeinnicht" wird die Nummer auf allen Kampagnenmaterialien in Form einer Blume, die aus den Ziffern besteht, abgedruckt sein.

Künftig soll die Psychiatrischen Versorgung in Wien ausgebaut und reformiert werden. Mit dem Psychiatrisch und Psychosomatischen Versorgungsplan (PPV) sei die Stadt Wien auf die Entwicklungen der Zukunft gut vorbereitet und ein wirkungsvoller Versorgungsplan in Umsetzung, so Hacker.

Unterstützung und Behandlung durch Netz des PSD

Die Psychosozialen Dienste in Wien bilden ein breites Netzwerk an ambulanten Einrichtungen für eine umfassende sozialpsychiatrische Grundversorgung. Im Mittelpunkt stehen bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Unterstützung, Behandlung und Betreuung von Menschen mit schwererer Ausprägung von psychischen Erkrankungen. Die medizinische Behandlung ist eingebettet in ein rehabilitatives Hilfsangebot: Sozialtherapeutische Maßnahmen in den Bereichen Tagesstruktur und Wohnen unterstützen die Therapie.Der PSD orientiertsich speziell am Bedarf und den Bedürfnissen der hilfesuchenden Menschen. Seine Leistungen können niederschwellig und kostenlos in Anspruch genommen werden.

Alle Informationen zur Kampagne gibt es online hier.