Wien

Wien verliert als "Tor zu Osteuropa" an Bedeutung

Wo Wien als Industriestandort punktet und wo es hakt, wurde nun durch eine Umfrage erhoben. Lob gab es für die Lebensqualität, Kritik für die Kosten.

Louis Kraft
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Wiens Industrie umfasst rund 600 Unternehmer. Aus ihrer Sicht punktet Wien durch die gute Erreichbarkeit und die hohe Lebensqualität. Die hohen Kosten machten den Betrieben aber zu schaffen.
Wiens Industrie umfasst rund 600 Unternehmer. Aus ihrer Sicht punktet Wien durch die gute Erreichbarkeit und die hohe Lebensqualität. Die hohen Kosten machten den Betrieben aber zu schaffen.
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Womit kann die Stadt Wien als Industriestandort punkten und wo gibt es Verbesserungsbedarf? Das wurde nun durch die Wirtschaftskammer Wien erhoben. Dazu befragte das Gallup-Institut im Auftrag der WKW Ende des Vorjahres 172 Wiener Industriebetriebe, das ist knapp ein Drittel des gesamten Sektors. Ergebnis: Als Vorteile sehen die Betriebe die Infrastruktur und die Lebensqualität in Wien, als Schwäche des Industriestandorts gelten jedoch die hohen Kosten.

Nähe zu Ostmärkten sinkt in der Bedeutung

Wie schon bei der Umfrage 2018 (die Befragung wird im Zwei-Jahres-Abstand durchgeführt, Anm.) führt bei den Standortvorteilen Wiens internationale Erreichbarkeit über den Flughafen, gefolgt von der allgemein guten Verkehrsinfrastruktur und der Wiener Lebensqualität, die jeder zweite Industrie-Manager als Standortvorteil sieht (2018: 38 %). "Immer mehr unserer Betriebe sehen auch in der Nähe zu Forschungs- und Ausbildungszentren und im breiten Angebot an industrienahen Dienstleistungen in Wien wesentliche Standortvorteile", so Stefan Ehrlich-Adàm, Obmann der Sparte Industrie.

Dagegen verliert die Hauptstadtfunktion Wiens an Bedeutung, und auch die Wertigkeit der Funktion als "Tor zum Osten" nimmt weiter ab: Nur noch vier von zehn Industriebetrieben sehen Wiens Nähe zu den östlichen EU-Ländern als Vorteil, nur zwei von zehn die Nähe zu anderen Ostmärkten (2018: 52 und 28 %). "Stadt und Wirtschaft müssen die historisch gewachsenen Beziehungen zu den Ostmärkten weiter pflegen", meint Ehrlich-Adàm, etwa "über gemeinsame Wirtschaftsmissionen". Mit dazu gehöre auch der Ausbau der Verkehrsverbindungen mit besonderem Augenmerk auf die verfügbaren Flugverbindungen.

Hohe Lohnkosten und Immo-Preise als Nachteile

Negativ sehen die Industrieunternehmen hingegen die hohen Lohnkosten sowie hohe Grundstücks- und Mietpreise, gefolgt von mangelndem Verständnis der Behörden für Industrie-Anliegen, das vier von zehn Betrieben beklagen. Der Punkt "Anrainerproble­me" legte in der Umfrage um zehn Prozentpunkte auf 29 Prozent zu - "ein Zeichen, dass das Nebeneinander von Leben und Wirtschaften in einer Großstadt eine beständige Herausforderung ist", so Ehrlich-Adàm.

Verbesserungen gab es dagegen beim Punkt "Bürokratie". Sie wird von 39 Prozent der Industriebetriebe als Standortnachteil genannt – ein deutlicher Rückgang zu 2018 (48 %). Auch die Abwanderungstendenzen gehen zurück: Ein Achtel der Industriebetriebe denkt laut Umfrage über die Verlagerung von Firmenteilen nach – weniger als in den letzten Jahren. 

Investitionen bleiben stabil, Lehrlinge werden gesucht

Trotz Corona und wirtschaftlicher Unsicherheit gab ein Viertel der Industriebetriebe zum Befragungszeitpunkt an, seine Investitionen gegenüber dem Vorjahr steigern zu wollen. Weitere 47 Prozent wollen gleich viel investieren. Investitionspläne gibt es vor allem für technische Anlagen und Maschinen. "Das zeigt, dass unsere Betriebe gut aufgestellt sind und mit Umsicht und Optimismus ihre Zukunft planen", sagt Ehrlich-Adàm. 

Auch das Thema Fachkräfte bleibt im Fokus: Zwei Drittel der Industriebetriebe wollen die Lehrlingsausbildung verstärken. Mit Ende März gab es in der Wiener Industrie um 7,7 Prozent mehr Lehrlinge als im März 2020, auch die Zahl der Lehranfänger ist gestiegen. "Eine Lehrausbildung in einem Industriebetrieb ist die beste berufliche Basis: eine fundierte Ausbildung von Anfang an und Türöffner für eine Top-Karriere danach", betont der Spartenobmann. Aktuell läuft eine Lehrlingskampagne der Sparte, mit der Nachwuchs für Herbst gesucht wird, alle Infos dazu findest Du hier

Kritik an Kommunalsteuer für Lehrlinge und Valorisierungsgesetz

Als kontraproduktiv bezeichnet Ehrlich-Adàm die Kommunalsteuer für Lehrlinge. Er fordert die Stadt Wien auf, auf deren Einhebung zu verzichten. "Ausbildungsbetriebe brauchen gerade jetzt Unterstützung und Anerkennung. Dieser Schritt wäre ein positives Signal". 

Kritik übt der Spartenobmann auch am Wiener Valorisierungesetz: Dieses mache weite Bereiche des Gebühren- und Abgabenwesens intransparent. Er fordert stattdessen eine nachvollziehbare und transparente Kostenrechnung in allen Bereichen: "Damit könnten Gebühren und Abgaben künftig realistisch und nachvollziehbar bemessen werden".

Wiens Industrie umfasst 600 Unternehmen

Die 600 Wiener Industriebetriebe sind in 16 Bereichen tätig – von der Elektro- über die Lebensmittel- und Bauindustrie bis zu Metalltechnik, Fahrzeug- und Chemischen Industrie. Sie beschäftigen rund 55.000 Mitarbeiter und bilden mehr als 900 Lehrlinge aus. Insgesamt sichert die Industrie – direkt und indirekt - 120.000 Arbeitsplätze in der Stadt und produziert jährlich Waren im Wert von 22 Milliarden Euro.

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