Wien

Wiener Arzt setzt Minister Anschober auf "Watch-List"

Gesundheitsminister Anschober macht sich durch seine Aussagen momentan keine Freunde unter den Ärzten. Diese warten auf eine Entschuldigung.

Leo Stempfl
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Dr. Halkawt Al-Mufti und Dr. Friedrich A. Weiser
Dr. Halkawt Al-Mufti und Dr. Friedrich A. Weiser
A. Weiser

"Völlig an den Tatsachen vorbei", nennt Dr. Friedrich A. Weiser die jüngsten Aussagen von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). "Und jetzt sind wir dem Herrn Minister nicht einmal eine Entschuldigung wert! Ist die Arbeit, die wir täglich leisten, etwa nicht systemrelevant?" Doch wodurch hat Anschober den Fachgruppenobmann für Chirurgie der Ärztekammer Wien so sehr verärgert?

Anlass sind einige Aussagen, die Rudolf Anschober bei seinem Vortrag anlässlich des Forums Alpbach getätigt hat. In einer Online-Grußbotschaft hatte er die Apotheker für ihren Einsatz während des Lockdowns gelobt und gleichzeitig kritisiert, dass viele Ärzteordinationen in der Zeit einfach zugesperrt hätten.

Mehrfache Proteste

"Wer, wenn nicht der Gesundheitsminister, hat aktuellen Zugang zu den Daten! Und die beweisen, dass 9 von 10 Kassenordinationen in der Zeit des Lockdowns offen waren", so Dr. Weiser weiter. Und das, trotz oftmals fehlender Schutzausrüstung und Testmöglichkeiten, wodurch sich viele Ärzte, Mitarbeiter und Patienten großer Gefahr ausgesetzt hätten.

Sogar von Landesärztekammern kam Kritik, eine Reaktion aus dem Ministerium gibt es bis heute nicht. Grund sind auch die gesetzlichen Vorgaben zur Zeit des Lockdowns, die vor allem die auf Vorsorgeuntersuchungen spezialisierte Gruppenpraxis von Dr. Weiser besonders hart getroffen haben.

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    Arzt kann per App von drd.at konsultiert werden.
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    90 Prozent Einkommensausfall

    Unter anderem wegen der geringeren Patientenfrequenz hatten viele Ordinationen mit bis zu 90 Prozent Einkommensverlust zu kämpfen. Weisers Gruppenpraxis etwa durfte nur noch dringende chirurgische Notfälle behandeln, musste aber trotzdem an fünf Tagen offen sein. Was folgte, waren nicht nur Kurzarbeit für die elf Mitarbeiter, sondern auch tausende Euro an Raummiete, Gerätemieten und Betriebskosten, die weiterliefen.

    Entschädigungszahlungen habe er bis heute nicht gesehen. Auf die komme es auch gar nicht so sehr an, betont der Arzt. Er vermisst primär die Wertschätzung für den Einsatz eines Großteils der Kollegen in diesen besonders schwierigen Zeiten. Die Aussagen Anschobers seien ein Schlag ins Gesicht gewesen. "Ist die Arbeit, die wir täglich leisten, etwa nicht systemrelevant?"