Österreich
Wiener Bauordnung neu: Das sind die Eckpunkte
Die Novelle soll einfachere und günstigere Verfahren sowie deutlich verbesserten Schutz für historische, nicht-denkmalgeschützte Gebäude bringen, so Rot-Grün.
Der Entwurf der Novelle 2018 zur Bauordnung für Wien liegt nun vor. "Sie umfasst ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Neuerungen, die zum leistbaren und umweltfreundlichen Wohnen, aber auch zum verbesserten Schutz historischer Gebäude beitragen", wie Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) und Gemeinderat Christoph Chorherr Grüne) in der gemeinsamen Präsentation am Freitag betonten.
Die Novelle geht nun in die interne Begutachtung, dann folgt der externe Begutachtungsprozess. Im Anschluss daran wird sie voraussichtlich am 18. September 2018 der Landesregierung zur Beschlussfassung vorgelegt. Nach Behandlung im Wohnbauausschuss muss die Novelle noch vom Landtag – voraussichtlich am 25. Oktober – beschlossen werden. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wird somit voraussichtlich zum Jahreswechsel erfolgen.
Das sind die Eckpunkte der Novelle
Vereinfachung, Beschleunigung & Kostenreduktion bei Verfahren:
- Vereinfachtes Verfahren für kleinere Bauführungen: bei Bauvorhaben im Gartensiedlungsgebiet sowie bei Bauvorhaben (Bauklasse I, bebaute Fläche von max. 150 m²) soll es künftig ein vereinfachtes Verfahren geben. Die Bestätigung eines Ziviltechnikers ist nicht mehr notwendig, da die bautechnische Komplexität bei Bauwerken in dieser Größenordnung gering ist.
- Eine mündliche Bauverhandlung entfällt, wenn 1) NachbarInnen innerhalb der gesetzten Frist trotz nachweislicher Information durch die Behörde keine zulässigen Einwendungen erhoben haben 2) die NachbarInnen der Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben.
- Bloße Anzeigepflicht: künftig auch dann, wenn die Änderung der äußeren Gestaltung eines Gebäudes lediglich unwesentlich ist (bisher galt dies nur, wenn gar keine Änderung der äußeren Gestaltung erfolgte – ansonsten war eine Bewilligung erforderlich).
Erleichterungen bei der Stellplatzverpflichtung:
- Auflassung von nicht benötigten Pflichtstellplätzen: die Verpflichtung soll entfallen, sofern dies sachlich begründet wird. 1 Abstellplatz/100 m2 Wohnnutzfläche muss jedoch vorhanden sein.
- Stellplatzverpflichtung bei Sanierungen mit DG-Ausbau: bei einem Zu- oder Umbau oder bei Änderungen der Raumwidmung soll die Berechnung der Stellplatzverpflichtung so erfolgen, dass keine Schlechterstellung zu der Regelung vor der Novelle 2014 (Gegenrechnung von zusammengelegten Wohnungen und neu geschaffenen Wohnungen) besteht.
Schnellere Mobilisierung von Bauland:
- Der Antrag auf Baulandumlegung soll bereits zulässig sein, wenn das Plandokument (Widmung „Bauland") durch öffentliche Auflage kundgemacht wurde.
- Baulandumlegung: nicht nur Verkehrsflächen, sondern auch z.B. Wiesenstreifen sind der Gemeinde gegen Entschädigung zuzuweisen. Die Zuteilung der Entschädigungsfläche soll sich künftig nicht nach den Flächenausmaßen, sondern der wertmäßigen Beteiligung richten.
Verbot von kurzfristigen Vermietungen zu Beherbergungszwecken:
- Vermeidung der gewerblichen Nutzung von Wohnungen: es soll klargestellt werden, dass eine kurzfristige gewerbliche Nutzung für Beherbergungszwecke (z.B. Airbnb) „üblicherweise" nicht in Wohnungen stattfindet und daher mit der Widmung „Wohnung" nicht im Einklang steht.
Deutlich verbesserter Schutz für Gebäude mit Baujahr vor 1.1.1945:
- Technische Abbruchreife: Die „technische Abbruchreife" soll künftig nur dann vorliegen, wenn sich die Instandsetzung des Bauwerkes als technisch unmöglich erweist (was de facto zu einer Abschaffung der „technischen Abbruchreife" führt).
- „Schutzzoneninseln": Künftig können auch einzelne Gebäude als Schutzzonen ausgewiesen werden.
- Abbruch von Gebäuden: Voraussetzung für den Start der Abbruchtätigkeit soll eine Bestätigung des Magistrats (MA 19) sein, dass kein öffentliches Interesse am Erhalt des Bauwerks besteht. Kann eine solche Bestätigung des Magistrats nicht vorgelegt werden, ist für den Abbruch eine Bewilligung zu erwirken. Zwecks Erhaltung stadtbildprägender Gebäude der Gründerzeit und der Zwischenkriegszeit gilt das künftig auch für den Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden.
Vereinfachung des Planungsverfahrens:
- Vereinfachte Planungsverfahren bei unwesentlichen Änderungen: bei „einfachen" Geschäftsfällen wie etwa Fluchtlinienanpassungen oder geringfügigen Änderungen der Bebauungsbestimmungen soll in Zukunft die verpflichtende Befassung des Fachbeirates entfallen, die öffentliche Auflage auf 4 Wochen verkürzt werden können sowie eine nochmalige Vorlage an die Bezirksvertretung unterbleiben.
Verbesserter Klima- und Umweltschutz:
- Klimaschutz und leistbares Wohnen als Ziele in der Stadtplanung: Erstmals sollen leistbares Wohnen und Klimaschutz als Ziele der Stadtplanung verankert werden. Dies macht es bei künftigen Bauprojekten und städtebaulichen Verträgen leichter, leistbare Wohnungen und klimafreundliches Bauen schon von Beginn an mitzudenken und entsprechend mit den Bauträgern zu verhandeln.
- Beschränkung von Treibhausgas-Emissionen: Gesetzliche Klarstellung, dass die Möglichkeit, in den Bebauungsplänen Beschränkungen der im festgesetzten Widmungsgebiet zulässigen Emissionen vorzunehmen, auch hinsichtlich der Treibhausgas-Emissionen besteht.
- Steigerung der Verwendung von erneuerbarer Energie: In Wohngebäuden, in denen Heizung/Warmwasser nicht aus alternativen Systemen gespeist werden, soll die Energie aus erneuerbaren Quellen mind. 20 % des Warmwasser-Bedarfs ausmachen. Weiters soll in Neubauten die Aufstellung und der Einbau von Heizkesseln für feste und flüssige fossile Energieträger nicht zulässig sein.
- Bei Gebäudesanierungen wird die Dämmung der obersten Geschoßdecke verpflichtend.
Energieraumplanung:
- Bestimmungen über die Energieraumplanung in den Bebauungsplänen: Der Fokus soll dabei auf der Energieversorgung für Heizung und Warmwasserbereitung liegen. In Neubaugebieten sollen Zonen ausgewiesen werden können, in denen die Verwendung von klimaschonenden Energieträgern (erneuerbare Energieträger, Abwärmenutzung etc.) vorgesehen ist.
- Ladeplätze für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge: Künftig soll vorausschauend ein Durchbruch herzustellen sein. Der Platzbedarf für einen allenfalls erforderlichen 2. Trafo ist zu berücksichtigen.
- Begrünung von Gebäudefronten: diese kann künftig im Bebauungsplan vorgesehen werden.
- Fahrradabstellplätze: Hier wird eine eindeutige Mindestanzahl von 1 Stellplatz/30m² Wohnnutzfläche festgesetzt. Diese können künftig auch außerhalb des Gebäudes – etwa unter einem Flugdach – errichtet werden.
Begrenzung des großflächigen Einzelhandels:
- Die Ansiedelung von (produzierenden) Betrieben im Industriegebiet sowie im gemischten Baugebiet – Betriebsbaugebiet wird z.T. dadurch erschwert, dass diese Flächen aufgrund einer höherer Zahlungsbereitschaft vermehrt an Einzelhandelsunternehmen vermietet bzw. verkauft werden. Zur Absicherung von Produktionsstandorten soll somit auf diesen Flächen bereits bei 1.000 m² Verkaufsfläche eine Widmung für Einkaufszentren erforderlich sein.
(Red)