Szene

Wiener Festwochen 2015 bringt 5 Uraufführungen

Heute Redaktion
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Der Song Contest wirft seinen Schatten selbst über die Wiener Festwochen. Nicht wie üblich am Rathausplatz, sondern in Schönbrunn werden die Wiener Festwochen 2015 eröffnet. Auftakt-Event ist das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker am 14. Mai. Bis 21. Juni darf man sich auf 39 Produktionen freuen. 51.570 Karten werden verkauft, um 1.500 weniger als im Jahr davor.

Intendant Markus Hinterhäuser übernimmt 2016 die Salzburger Festspiele und freut sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf seine letzte Saison bei den Festwochen. Tomas Zierhofer-Kin folgt ihm in Wien nach.

Die Festwochen wollen mit gleich fünf Uraufführungen punkten:

"Kings of War" von Ivo van Hove nach den Shakespeare'schen Königsdramen "Henry V.", "Henry VI." und "Richard III."
Kettly Noels Performance "Ich bin keine Schwarze", eine Dramatisierung des Romans "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" durch Dusan David Parizek
"NOISE" von Sebastian Nübling im neuen Festwochen-Spielort F23, einer ehemaligen städtischen Sargfabrik in der Breitenfurter Straße
Frank Castorf mit "Die Brüder Karamasow" (ebenfalls in der Sargfabrik)
die Marlowe-Weiterschreibung "Edward II. Die Liebe bin ich" von Ewald Palmetshofer in der Inszenierung der jungen Österreicherin Nora Schlocker


"Wir haben ein Jahr der Regisseurinnen", meinte Schmidtke, fast ein Drittel des Programms stamme aus weiblicher Hand. Auch bei den Musiktheaterproduktionen gibt es neben einer Wiederbegegnung mit Romeo Castelucci ("Go down, Moses") weibliche Regiehandschriften: Andrea Breth inszeniert Bela Bartoks "Herzog Blaubarts Burg" und koppelt dies an Robert Schumanns letztes Klavierstück "Geistervariationen". "Das gibt Breth die Möglichkeit, nach der Pause die Geschichte von Blaubart und Judith vollkommen anders weiterzuerzählen", so der Intendant, der keine Details verraten wollte. Lydia Steier, eine in den USA geborene junge Regisseurin, gastiert mit einer ergreifenden "Jephta"-Inszenierung aus Potsdam, die in Deutschland Furore machte. "Von ihr wird man in den nächsten Jahren sehr, sehr viel hören in der Welt des Musiktheaters und der Oper", zeigte sich Hinterhäuser überzeugt.

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Salvatore Sciarrinos Oper "Die tödliche Blume" (für Hinterhäuser "eine der kostbarsten Opernpartituren, die je geschrieben wurde") wird von Achim Freyer inszeniert, der 2002 mit "Macbeth" "die großartigste Sciarrino-Inszenierung ever" (Hinterhäuser) vorgelegt hatte. Einen Gegenpol dürfte der Opern-Comic "Ohne Titel Nr. 1 - Eine Oper von Herbert Fritsch" bilden, der aus Berlin eingeladen wurde.

Wie heuer für Galina Ustwolskaja gibt es auch 2015 einen Komponisten-Schwerpunkt. Eine zweitägige "Hommage an Mieczyslaw Weinberg" bringt Konzerte in den Musikverein, einen Film ins Stadtkino und ein Gespräch ins Festival-Zentrum im Künstlerhaus, das sich "außerordentlich bewährt hat" und bei den kommenden Festwochen auch für sieben Programmpunkte als Veranstaltungsort dient (etwa für Kurzfilme im Rahmen von "U/Tropia. Schauraum und Liegekino"). Das Musikfest findet dagegen von 9. Mai bis 23. Juni im Wiener Konzerthaus statt.

Im Schauspielprogramm sieht Stefan Schmidtke einen großen Bogen, der mit einer "ganz eigenwilligen Bühnenversion" des Gogol-Romans "Tote Seelen", "The Apple Family Plays" von Richard Nelson, der eine US-Familie als Zeitzeugen der jüngeren Geschichte agieren lässt, sowie einem neuen Blick auf Handkes "Die Stunde da wir nichts voneinander wußten" (Co-Regisseurin Ene-Lis Semper über ihren Kontakt zum Autor, der ihnen alle Freiheiten gewähre: "Ich denke, Herr Handke möchte überrascht werden.") drei zentrale Positionen gleich am Anfang präsentiert. In der Folge gebe es aber auch zahlreiche "Gegenschnitte" wie etwa die theatrale Installation "Under de si", die von den Argentiniern Diego Bianchi und Luis Garay mit 46 Wienerinnen und Wienern ("alles Menschen mit ganz besonderen Talenten") erarbeitet wird. Milo Rau gastiert mit seiner Performance "The Civil Wars", Simon Stone inszeniert im Akademietheater Ibsens "John Gabriel Borkman" mit u.a. Birgit Minichmayr, Caroline Peters, Martin Wuttke und Roland Koch.

Die Festwochen-Schiene "Into the City" trägt den Titel "Hotel Metropole. Der Erinnerung eine Zukunft geben" und wird am 28. Mai am Morzinplatz eröffnet, dort, wo in dem von den Nationalsozialisten unmittelbar nach dem "Anschluss" beschlagnahmten Gründerzeit-Hotel Metropole die größte Gestapo-Leitstelle errichtet worden war. Zwischen 1938 und 1945 wurden hier mindestens 16.000 Menschen verhaftet, verhört, gefoltert, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben. Künstler und Experten werden sich in vier Themenschwerpunkten mit Erinnerungskultur und Geschichtspolitik befassen.

Das Budget bezifferte Geschäftsführer Wolfgang Wais mit 13,5 Mio. Euro, 11 Mio. davon kommen von der Stadt Wien, ein kleiner Betrag auch vom Bund. Dass 2015 um eine Million weniger zur Verfügung steht, begründete Wais mit dem "Ausschlag nach oben", den heuer die große Kraftwerk-Konzertreihe bedeutet habe. Dass der Rathausplatz Song Contest-bedingt 2015 nicht für die Eröffnung zur Verfügung stünde, sei zwar bedauerlich, doch seien die Gespräche mit den Wiener Philharmonikern außerordentlich freundschaftlich verlaufen. Dennoch möchte man 2016 wieder auf dem Rathausplatz eröffnen.