Wien

Wiener Friedhof gestaltet Gräber zu Bücherschränken um

Der Matzleinsdorfer Friedhof nutzt aufgelassene Gräber bereits als Gemüsebeet. Wo sonst Urnen bestattet sind, gibt es jetzt auch offene Büchersteine.

Leiter Walter Pois verwandelt aufgelassene Gräber am Matzleinsdorfer Friedhof in offene Büchegräber.
Leiter Walter Pois verwandelt aufgelassene Gräber am Matzleinsdorfer Friedhof in offene Büchegräber.
Denise Auer

Was in Wien ganz normal ist, gilt in vielen Länder als makaber: Friedhöfe als Ausflugsziel für Spaziergänge. Zentralfriedhof  und Friedhof der Namenlosen sind den meisten bekannt, ein ungewöhnlicher Ausflugstipp ist aber der Matzleinsdorfer Friedhof (Favoriten) an der Triester Straße 1. Seit einigen Wochen wächst Gemüse auf aufgelassen Gräbern, die von Freiwilligen gemietet werden können. Nach dem kuriosen "Urban Gardening" gibt es eine weitere Neuheit: fünf Büchergräber.

Wo sonst Urnen bestattet werden, warten Bücher darauf, ausgeliehen und getauscht zu werden. Hat man den richtigen Lesestoff gefunden, gibt es einige Bankerl, um sich niederzulassen: "Jedes Büchergrab ist anders gestaltet. Ein Friedhof ist nicht nur ein stiller Ort. Es findet Begegnung statt, man hilft sich gegenseitig", erklärt Friedhofsleiter Walter Pois seine Vision.

Wie auch bei den Gemüsebeeten werden auch bei den Büchergräber Namen von Verstorbenen nicht entfernt. Trotz der neuen Nutzung will man das Andenken bewahren. Die Gründe, wieso Gräber aufgegeben werden, sind unterschiedlich: Oft gibt es keine Hinterbliebenen mehr, gleichzeitig geht der Trend vor allem bei jüngeren Generationen immer mehr in Richtung Naturbestattung. Mit der Idee vom Friedhof als Lebensraum und Ort der Begegnung versucht Pois mit der Zeit zu gehen.

Die "Golden Girls" des Friedhofs

Im hinteren Teil des Areals entsteht aktuell auch Wiens erster Bienenlehrpfad auf einem Friedhof. Neun Bienenvölker werden von einer Imkerin betreut, ein Glas Honig "Joma's Golden Girls" gibt es für 10,90 Euro. Dass der Friedhof ein Ort voller Leben ist, beweisen auch seine tierischen Bewohner. Wer vorbeikommt, kann Igel, Hamster, ein Falkenpärchen und manchmal auch einen Fuchs entdecken.

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