Österreich
Wiener Grüne suchen den "next Spitzenkandidaten"
Die angekündigte Neuausrichtung geht in die heiße Phase. Neben einem neuen Modus zur Nominierung von Kandidaten diskutiert die Partei auch Politik mit mehr "Ecken und Kanten" .
In letzter Zeit ist es nicht gut gelaufen für die Grünen. Neben dem Aus im Nationalrat und Bundesrat und der Abspaltung von Grünen-Urgestein Peter Pilz haben vor allem auch parteiinterne Streitigkeiten eine strukturelle Neuorganisation nötig gemacht.
Neue Form der Wahllisten-Erstellung
Nachdem über mehrere Monate hinweg Ideen und Vorschläge gesammelt wurden, beginnt nun die inhaltliche Auseinandersetzung. Am 19. April hatten die Wiener Grünen zu einem ersten internen Event eingeladen, bei dem vor allem ein neuer Modus zur Vergabe von Wahllistenplätzen diskutiert wurde.
Gegenüber der APA erklärte Landessprecher Joachim Kovacs, dass unter dem Titel "Die beste Liste aller Zeiten" Vorschläge gesammelt werden, wie man in der Zukunft Spitzenplätze für Wahlen vergeben will. Diese sollen in die künftige Gestaltung des neuen Wahlmodus einfließen. Zusätzlich habe man sich auch internationale Modelle, etwa bei den Grünen in Deutschland oder bei der britischen Labour's Party angesehen.
Parallel dazu sollen in einem laufenden Arbeitsprozess auch Punkte wie die Öffnung der Partei und die Rückkehr zu Politik "mit Ecken und Kanten" thematisiert werden. Unter Leitung einer sechsköpfigen Steuerungsgruppe sollen, im Sinne der Grünen Basisdemokratie, Funktionäre wie auch Mitglieder zu Wort kommen und ihre Vorschläge, Ideen und Vorstellungen einbringen können.
Entscheidung über Spitzenkandidaten im Herbst
Bei der nächsten Landesversammlung der Wiener Grünen am 9. Juni in den Räumlichkeiten der Wiener Arbeiterkammer (Wieden) soll der neue Ablauf, wie künftig Wahllistenplätze vergeben werden sollen, dann beschlossen werden. Die Kür des Spitzenkandidaten soll im Herbst bei einer weiteren parteiinternen Sitzung geschehen.
Dabei könnte es auch einen Wechsel geben. Denn spätestens seit dem – dann kurzfristig doch zurückgezogenen – Abwahlantrag bei der Landesversammlung im November 2017 ist die Wiener Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou alles andere als fix. Sie selbst hatte es bisher offengelassen, ob sie erneut als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf gehen wird.
Im Falle eines Vassilakou-Rückzugs könnte der bisherige Klubchef David Ellensohn zum Zuge kommen. Als weitere Alternativen werden Gemeinderat Peter Kraus oder Landessprecher Joachim Kovacs genannt.
Visionäre Lösungen gegen Missstände
Neben dem Wahlmodus und der Frage des Spitzenkandidaten soll in den nächsten Wochen eine Vielzahl von Themen behandelt werden, die Kovacs als "vier Säulen zusammenfasst". Dazu zähle die interne und externe Kommunikation, mehr "Mut zur Vision", die Öffnung der Partei und die Beschleunigung interner Abläufe und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten.
Die Grüne Politik müsse wieder mehr Ecken und Kanten zeigen und eine Politik machen, die Missstände und Fehler aufzeige und visionäre Lösungsansätze anbiete. Das erfordere mehr Mut dazu, "nicht nur zu sagen, was möglich ist, sondern vermehrt zu fordern, was notwendig ist.Problemfelder, wo es Diskussionen geben kann, sollen frühzeitig abgesteckt, transparent gemacht und ausdiskutiert werden, damit wir dann nach außen mit einer Stimme sprechen", betont Kovacs.
Damit spielt der Grüne Landessprecher indirekt auch auf den Heumarkt-Streit an. Obwohl Kovacs nicht von einer "Anlassgesetzgebung" sprechen will, gibt er zu "Heumarkt II wollen wir alle nicht erleben. Es gibt keinen Grünen, der sagt: Das war ein Best-Practice-Beispiel".
Grüne auf Wien-Tour
Seit 3. April sind die Wiener Grünen auch auf Wien-Tour. Bis 26. Mai will man 15.000 Hausbesuche in allen 23 Wiener Bezirken durchführen – "Heute" hat berichtet. Rund 2.500 Besuche wurden bereits absolviert, die restlichen 12.500 folgen in den nächsten Wochen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen ebenfalls in die Neuaufstellung der Partei einfließen.
(lok)