Österreich

Wiener Grüne: "Vollgas in die Vergangenheit"

Heute Redaktion
Teilen
Der Klubobmann der Wiener Grünen David Ellensohn und Wiens Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou üben scharfe Kritik am türkis-blauen Regierungsprogramm.
Der Klubobmann der Wiener Grünen David Ellensohn und Wiens Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou üben scharfe Kritik am türkis-blauen Regierungsprogramm.
Bild: Sabine Hertel

Die Wiener Grünen werten das Regierungsprogramm von Türkis-Blau als "Politik aus der Mottenkiste". Wien werde daher daran arbeiten, das Gegenmodell zu sein.

"Das Programm der neuen Bundesregierung ist geprägt von einer 'Zurück in der 60er Jahre – Politik aus der Mottenkiste'-Mentalität, erklärten Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Klubobmann David Ellensohn in einer ersten Bewertung der Regierungsvorhaben vor Journalisten.

Als besonders rückschrittlich empfanden die Wiener Grünen die Rückkehr der Schulnoten, die Studiengebühren und die Aufhebung des Rauchverbotes bei gleichzeitigem Ausbau der Polizei, des Militärs und der Überwachung.

"Sebastian Kurz mag der jüngste Regierungschef Europas sein, dafür macht er aber die älteste Politik", kritisierte Vassilakou. Die türkis-blauen Vorhaben würden gegen alles verstoßen, wofür Europa gearbeitet habe. "Statt Politik für das 21. Jahrhundert zu machen, geht die Regierung mit Vollgas in Richtung Vergangenheit", hält die Vizebürgermeisterin fest.

"Deckelung der Mindestsicherung verstärkt Kinderarmut"

Der Plan der Regierung die Mindestsicherung mit 1.500 Euro zu deckeln, egal wieviele Personen in einer Bedarfsgemeinschaft wohnen, sei alles andere als bedarfsorientiert. Besonders die Kürzung bei Familien mit mehreren Kinder würde zu einer Zunahme von Kinderarmut führen und hätte schwerwiegende Folgen für Gesundheit und Bildung der Betroffenen.

Gerade die Grünen seien immer für ein Grundsatzgesetz eingetreten, dass die Mindestsicherung österreichweit regeln sollte, dies sei aber von der ÖVP abgelehnt worden.

Auch der angekündigte Familienbonus von 1.500 Euro ist für die Grünen nicht akzeptabel, weil dieser nur Besserverdienern zu Gute komme. "Jene, die schon haben, bekommen mehr und jenen, die nichts haben, wird noch genommen", hält Vassilakou fest.

Ende der Individualunterbringung von Flüchtlingen als "brutalste Idee"

Der von (Noch)-Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) gemachte Vorschlag, alle Asylwerber in Unterkünften am Wiener Stadtrand unterzubringen, bezeichnete Vassilakou als "brutalste Idee, die menschenverachtend und zutiefst inkompetent" sei. Von der Verlegung wären rund 13.000 Menschen betroffen, das sei so viel wie zweimal Traiskirchen bei Vollbelegung. Statt Integration verfolge die neue Regierung eine Politik der Segregation und Trennung der Gesellschaft.

Privatisierung des öffentlichen Verkehrs durch Hintertür?

Unzufrieden zeigen sich die Grünen auch mit den Verkehrsplänen, die "eine Retro-Mobilität darstellt, bei der die Straße im Vordergrund steht, während umweltfreundliche Alternativen die der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Zufußgehen oder Radfahren" an den Rand gedrängt werde.

Durch die Formulierung im Regierungseinkommen, nach der "Vorbereitungen auf den Wettbewerb bei überregionalen Schienenverbindungen" und "die schrittweise Einführung wettbewerblicher Vergabeverfahren für gemeinschaftliche Personenverkehrsleistungen" befürchten die Grünen, dass dies eine Privatisierung des öffentlichen Verkehrs gleichkomme.

Von fairem Wohnrecht Lichtjahre entfernt

"Die Sicherung des leistbaren Wohnens ist eine der zentralen Aufgaben der Wiener Stadtregierung. Mit dem Plan der Bundesregierung wird uns diese Aufgabe nicht leichter gemacht", hält Klubchef Ellensohn fest. Besonders die Verschärfungen der Eintrittsrechte in Mietverträge und die Aufhebung des Verbots von Lagezuschlägen würde viele Wiener treffen. "Das bedeutet für die Mieter eine klare Verschlechterung, während die Vermieter profitieren. Das ist ganz klare Klientelpolitik der ÖVP", so der Klubchef.

"Pädagogische Konzepte aus dem letzten Jahrhundert"

Auch die Rückkehr der Schulnoten, die Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester und die Abkehr von der gemeinsamen Schule aller zehn- bis vierzehn Jährigen, wird von den Grünen kritisiert. "Gerade für Wien als Schul- und Universitätsstadt hätte das sehr negative Auswirkungen: Zwang, Selektion und Bestrafung vernichten Chancen und stärken Ungleichheit und Entsolidarisierung", so die Grünen.

Wien soll Gegenmodell zu Türkis-Blau sein

"Natürlich kann Wien nicht jeden Fehler der türkis-blauen Regierung ausgleichen, aber wird werden alles tun, dass Wien das Gegenmodell bleibt", so Ellensohn.

"Wir werden ganz sicher nicht bei den Ärmsten sparen und hart dafür arbeiten, dass Wien eine weltoffene, soziale und ökologische Stadt bleibt", geben sich die Grünen kampfbereit.

(lok)