Österreich
Wiener Lehrer sollen für Unterricht Quarantäne stoppen
Schuldirektor Glattauer gibt Noten. Heute: Unglaublich: Statt Quarantäne in die Schule! Und: Distance-Learning ja, auf Schul-PC nein.
Schulleiter-Konferenz. Anwesend 30 Direktorinnen eines Wiener Bezirks, alle maskiert. Das Gewitter entlädt sich ungefiltert: Im Stakkato werden Corona-Verdachtsfälle gemeldet, eine verzweifelte Kollegin nennt 30 (!) Schüler, die nächste sagt, sie habe bereits fünf Lehrer in Quarantäne geschickt. Dann sickert durch, dass eine Schule in Favoriten nach Total-Zusammenbruch des Lehrkörpers schließen wollte, die Bildungsdirektion aber nein sagte; dass in einer HTL Klassen mehrere Stunden ohne Lehrer verbringen…
Dann am Freitag ein Rundmail an die "geehrten SchulleiterInnen". Erstmals gibt die Schulbehörde darin "LehrerInnenmangel" zu und weist an: Negativ getestete Lehrerinnen mit K1-Status (Kontakt zu einem Covid-Kranken), die eigentlich zehn Tage in Quarantäne bleiben müssten, sollen diese bei Bedarf "freiwillig" abbrechen und "in der Schule weiterarbeiten". Zusatz: Öffis dürfen sie keine benutzen. Und privat gilt Quarantäne. Ich pack es nicht!
„Note: Nicht Genügend“
Trotz Corona-Kontakt sollen Lehrer arbeiten
Schildbürgerstreich oder sinnvolle Ausnahmeregelung? Dieses "Heute" vorliegende Schreiben der Wiener Bildungsdirektion sorgt für Rätselraten. Darin heißt es, dass ein sogenannter K1-Lehrer (also Schlüsselpersonal, das Kontakt mit Virusträgern hatte, aber selbst negativ getestet ist) freiwillig unterrichten kann – unter folgenden Auflagen: Der Weg zur Arbeit darf nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen. Auf Abstand, Mund-Nasen-Schutz und Hygiene ist zu achten. Und: Auch zu Hause gelten Quarantänebestimmungen. Nun wundern sich Pädagogen und Eltern: Diese Lehrer müssen daheim in Quarantäne bleiben, dürfen aber in die Schule?
Die Wiener Bildungsdirektion will die Regelung nur von der Gesundheitsbehörde übernommen haben. Hinter vorgehaltener Hand rätseln die Verantwortlichen selbst über die Sinnhaftigkeit der Regelung. Zur Erklärung: Das Bildungsministerium hat pauschal alle Lehrer zu Schlüsselarbeitskräften im Bildungssystem erklärt, um Schulschließungen zu vermeiden. Wie der Spagat zwischen Arbeit und Quarantäne in der Praxis funktionieren soll, bleibt freilich ungeklärt.
Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer ist seit 20 Jahren Lehrer in Wien, aktuell Direktor des "SZ-FIDS" in Meidling. Dazu hat er 13 Bücher geschrieben.
Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.
Alle seine Artikel finden Sie hier.
Distance-Learning ja, auf Schul-PC nein
Eine Personalvertreterin sagt es coram publico: "An den Schulen ist derzeit so viel im Argen, dass es nicht mehr zu ertragen ist." Ein Beispiel unter vielen: Per Erlass werden alle Schulen aufgefordert, sich mittels digitaler Plattformen wie "Zoom" oder "MS-Teams" auf Distance-Learning vorzubereiten. An sich goldrichtig, nur: Auf den Verwaltungs- und Schul-Computern der Wiener Pflichtschulen lassen sich weder "Zoom" noch "MS-Teams" installieren.
Systemadministrator ist nämlich der Magistrat, und der findet es bis heute, sechs Monate nach dem Lockdown, nicht der Mühe wert, seinen Schulen die Berechtigung zum Download zu geben. Nach außen kommuniziert das Ministerium feierlich, alles laufe wunderbar, Motto: Keine Sorge, Eltern, eure Kinder werden aufbewahrt, koste es, was es wolle! Leider müssen diese Kosten offenbar die Lehrerinnen tragen. Sie fühlen sich zunehmend verkauft. Für blöd sowieso.
„Note: Nicht genügend“
"Die Reserve" sind – Schwimmlehrerinnen
Weil ich letzte Woche gefragt habe, woher die "Reserve-Lehrer" kämen, mit denen uns der Wiener Bildungsdirektor zu beruhigen versucht: Kollegin Martina M. mailt, sie könne mir mitteilen, dass es sich bei diesen um Kolleginnen aus dem Pool der jetzt "arbeitslosen" Schulschwimmlehrerinnen handle. Sie würden ab sofort zum Supplieren eingeteilt. Aha? 20, 30, 50 ausgebildete Volksschullehrerinnen als Ersatz für 30.000 Lehrerinnen in 700 Wiener Schulen? Da werden wohl einige Zusatz-Tempi nötig werden!
Auch Leserin Mag. Birgitt W. weiß etwas: "Meine Tochter, 3. Klasse AHS Real in Wien, hat nun eine rumänische Matheprofessorin erhalten, weil die österreichische als Risikoperson freigestellt wurde. Ihre deutschen Sprachkenntnisse sind leider sehr mangelhaft, aber sie dürfte kompetent sein und ist engagiert." Na dann.
„Note: Nicht genügend “