Wien

Wiener Moderator mit Locked-in-Syndrom erhielt Computer

Aufgrund einer Hirnerkrankung ist Richi Kuong bei vollem Bewusstsein gelähmt. Jetzt erhielt er einen Computer, der ihm seine Stimme zurückgeben soll.

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Richi Kuong (27) steuert den Kommunikationscomputer mit seinen Augen.
Richi Kuong (27) steuert den Kommunikationscomputer mit seinen Augen.
Deborah Gleicher

Nach monatelangen Schwindelanfällen erkrankte der Schauspieler und Journalist Richi Kuong im Herbst 2020 an einer Hirnhautentzündung. Dann spielte der Körper gar nicht mehr mit – das Locked-in-Syndrom wurde diagnostiziert. Seit einem Jahr liegt der talentierte TV-Moderator bewegungs- und sprechunfähig als stationärer Patient im AKH-Wien und kann nur mit seinen Augen kommunizieren. Bis vor kurzem durch anstrengende und zeitintensive Kommunikation mittels Alphabet-Tafel.

Bei einer Spenden-Aktion "Give me a Voice" wurden zuletzt im Eiltempo 20.000 Euro für die Finanzierung eines Kommunikationscomputer gesammelt. Seit einigen Wochen übt der 27-Jährige mit seinen Logopädinnen eifrig die Bedienung des Eyetracking-Geräts. Im Training geht es vor allem darum, dass Richi Kuong das unkontrollierte Augenzittern in den Griff bekommt. Denn der extrovertierte Entertainer wünscht sich nichts mehr, als wieder flüssig sprechen zu können.

Im unteren Video erklärt Richi Kuongs Arzt Dr. Paulus Rommer die Krankheit und den Kommunikationscomputer.

Nur 7 aus 1 Million Menschen betroffen

"Das Locked-in-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Diesbezüglich gibt es keine überzeugenden Daten in Österreich", macht Neurologe Rommer beim "Heute"-Interview deutlich. Er habe sich aber mit einer Studie aus den Niederlanden befasst: "Fragebögen zufolge sind dort circa sieben Patienten auf eine Million Einwohner vom Locked-in-Syndrom betroffen." Laut diesen Datensätzen trifft es am ehesten Personen im Alter zwischen 45 und 65 Jahren. Lediglich 10 Prozent der Diagnostizierten sind unter 35 Jahre alt.

Die Wahrscheinlichkeit am Locked-in-Syndrom zu erkranken ist geringer, als einen Flugzeugabsturz oder Terroranschlag zu erleben. Die Ursachen für dieses extrem seltene Nervenleiden können Schlaganfälle, Infektionen aber auch Unfälle sein.

Laut dem AKH-Oberarzt, sei es "zu Beginn das Schwierigste, einen Locked-in-Patienten zu erkennen." Denn im Unterschied zu Wachkoma-Patienten, bei denen die Kognition gestört und keine Kommunikation möglich ist, sind Locked-in-Patienten geistig präsent. Ärzte, Krankenpfleger und Therapeuten müssen auf geringste Regungen achten, um zu erkennen, dass der Patient kommunizieren möchte. Nicht wenige Betroffene können aufgrund totaler körperlicher Untauglichkeit überhaupt keine Signale aussenden.

Richi Kuong kann wieder lachen

"Abhängig von den Ursachen kann sich der Zustand der Erkrankten bessern. Jedoch wissen wir, dass für den Großteil der Patienten eine lebenslange Behandlung notwendig ist", bleibt der Nervenarzt bei Prognosen realistisch.

Paulus Rommer ist über die wissenschaftlichen Entwicklungen erfreut: "In den letzten Jahren hat sich in der Forschung sehr viel getan, wie die Computer-Brain-Interfaces. Der Computer nimmt wahr, was durch die Augen ausgedrückt werden soll. Das sind Grundvoraussetzungen, denn wir müssen davon ausgehen, dass Locked-in-Patienten kognitiv wirklich intakt sind. Sie haben Wünsche, Träume und Beschwerden."

Laut der niederländischen Studie nahm die Lebensqualität der untersuchten Personen auch nach vielen Jahren kaum bis gar nicht ab. "Man hat gesehen, dass die Patienten ein lebenswertes Leben führen können", analysiert der Mediziner. Richi Kuong gelingt es, neben leichten Finger- und Kopfbewegungen, mittlerweile wieder zu lachen. Und wenn seine Familie und Freunde zu Besuch sind, strahlt er rund um die Uhr.