Österreich

Wiener Opfer sprechen über sexuelle Übergriffe

Hunderttausende Frauen berichten unter dem Hashtag #metoo über sexuelle Belästigung. So auch Wienerin Pauline W.

Heute Redaktion
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Wienerin Pauline W. wurde von ihrem Stiefvater sexuell belästigt. (Credit: Montage privat/Twitter)
Wienerin Pauline W. wurde von ihrem Stiefvater sexuell belästigt. (Credit: Montage privat/Twitter)
Bild: zVg

"Wenn du jemals sexuell belästigt oder vergewaltigt wurdest, antworte 'me too'", twitterte Schauspielerin Alyssa Milano vor wenigen Tagen und löste im Zuge des Missbrauchs-Skandals um Hollywood-Produzent Harvey Weinstein eine globale Sexismus-Debatte aus. In einer Lawine an Postings berichten auch Österreicherinnen über sexuelle Übergriffe.

"Ich bin schreiend aus dem Haus gelaufen"



Eine davon ist Wienerin Pauline W.: "Ich war 16 Jahre alt, als mich mein Stiefvater anfasste", erzählt die heute 38-Jährige im Gespräch mit "Heute". "Ich habe es meiner Mutter gesagt, doch sie hat es ignoriert." Die Wienerin fühlte sich komplett hilflos, konnte sich niemandem anvertrauen: "Als er versuchte mich erneut anzufassen, bin ich schreiend aus dem Haus gelaufen." Was dann folgte, macht fassungslos: "Ich habe ihn angezeigt und bin ausgezogen. Meine Mutter drohte mir daraufhin meine Familienbeihilfe zu entziehen, wenn ich die Anzeige nicht zurück ziehe." Aus Angst ließ Pauline, die damals noch Schülerin war, die Anschuldigungen gegen den damals 50-Jährigen fallen.

Online-Selbsthilfe-Gruppen für Opfer



Nach jahrelanger Therapie hat die Wienerin wieder zu sich selbst gefunden. Nun will sie anderen Opfern eine Stütze sein. Mit dem Unternehmen "JagtheCoach" bietet sie Online-Programme zur Förderung Mentaler Gesundheit an. Ende Oktober stehen auch begleitete Online-Selbsthilfe-Gruppen am Plan. "Die Teilnahme ist anonymisiert und soll gerade die Hemmschwelle senken, wenn es um heikle Probleme wie zum Beispiel Übergriffe durch Männer geht", so Pauline. Ebenfalls geplant ist eine Online-Gruppe für junge Männer.

#neinheißtnein, #notokay, #Aufschrei



Pauline ist bei weitem nicht die einzige Österreicherin, die durch die "me too"-Kampagne die Kraft bekam, endlich an die Öffentlichkeit zu gehen. Die meisten Beiträge im Netz ähneln sich in übelster Weise: Grapschereien von Chefs und Kollegen scheinen leider ebenso trauriger Alltag für Frauen zu sein, wie Attacken in Zügen, Bars oder auf der Straße. Mittlerweile fragt man sich: Wer nicht? Bereits vor zehn Jahren startete Tarana Burke die Bewegung, um unterprivilegierten Frauen auf der ganzen Welt eine Stimme zu geben. Durch Milano hat der Hashtag jetzt endlich internationale Beachtung gefunden.

Doch #metoo ist nicht der Anfang der Revolution. In der Vergangenheit löste auch die Enthüllung des "Grab her by the Pussy"-Videos von US-Präsident Donald Trump unter dem Hashtag #notokay eine Sexismusdebatte aus. Anfang 2013 verbreitete sich der Hashtag #aufschrei, nachdem "Stern"-Journalistin Laura Himmelreich darüber berichtete, dass ihr FDP-Politiker Rainer Brüderle bei einer Begegnung ins Dekolleté geschaut und gesagt hat: "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen."

Im vergangenen Jahr sorgte der Prozess um Gina-Lisa Lohfink für Aufsehen. Die "Germany's Next Tompodel"-Kandidatin beschuldigte zwei Männer, sie nach der Verabreichung von K.o.-Tropfen vergewaltigt und dabei gefilmt zu haben. Am Ende wurde Lohfink der Falschaussage bezichtigt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Unter dem Hashtag #neinheißtnein wurde im Netz protestiert und die Debatte führte in Deutschland schließlich sogar zu einer Gesetzesverschärfung.

Solche Social-Media-Aktionen geben Betroffenen eine Plattform sich zu äußern und schaffen einen Raum, der Opfern Mut gibt in die Öffentlichkeit zu treten und sich gegenseitig zu stärken. Wünschenswert wäre auch, wenn solche Kampagnen es schaffen würden, die Gesellschaft zum Umdenken zu bewegen.