Wien

Wiener Tagesvater (37): "Natürlich spüre ich Skepsis!"

Vom Koch zum Tagesvater: Ferenc Koszorus (37) hat seinen Traumjob gefunden. Noch immer sind Männer in diesem Beruf Mangelware.

Yvonne Mresch
"High Five": Ferenc Koszorus (37) und die Kids sind ein gutes Team. Seit vier Jahren arbeitet der gebürtige Ungar als Tagesvater – und ist immer wieder mit Skepsis konfrontiert.
"High Five": Ferenc Koszorus (37) und die Kids sind ein gutes Team. Seit vier Jahren arbeitet der gebürtige Ungar als Tagesvater – und ist immer wieder mit Skepsis konfrontiert.
Denise Auer

"In der Küche wurde nur über Autos und Fußball gesprochen. Ich rede lieber über Basteln und Schnitzereien aus Holz", lacht Ferenc Koszorus. Der gebürtige Ungar kam vor 13 Jahren nach Österreich, um hier als Koch zu arbeiten und blieb der Liebe wegen. Neun Jahre lang war er in der gehobenen Gastronomie in der City sowie als Koch bei Austrian Airlines tätig – bis er sein Leben neu überdachte.

Der Kindergarten zuhause

"Ich hatte kaum Zeit für die Familie, meine Frau übernahm zu Hause alle Aufgaben", erinnert sich der dreifache Familienvater, der sich schließlich die Frage stellte: "Will ich so mein Leben führen?" Koszorus entschied sich für einen Neustart. "Ich habe eine große Familie, viele Cousins und Cousinen. Als Ältester habe ich schon damals auf alle aufgepasst, das lag also auf der Hand", erzählt er. Er absolvierte die Ausbildung als Kindergartenassistent, arbeitete zunächst in diesem Bereich, bevor er eine Zusatzausbildung zum Tagesvater abschloss.

Heute, vier Jahre später, hat der 37-jährige seinen Traumberuf gefunden. Täglich betreut er rund fünf Kinder – darunter seine eigene Tochter Tamako – im Alter von einem bis drei Jahren. Seine Wohnungstür offnet Koszorus um 8 Uhr, um 16 Uhr werden die Kids wieder abgeholt. Dazwischen gibt es genug zu tun: "Morgens machen wir gemeinsam Frühstück, bevor sie erst einmal frei spielen", erzählt er von seinem Tagesablauf. Danach wird gemalt, gesungen, gelesen und geübt. Besonderen Wert legt der Tagesvater dabei auf Fein- und Grobmotorik. "Ich habe einen eigenen Raum dafür eingerichtet, das Thema ist sehr wichtig für die Entwicklung des Kindes!"

    Ferenc Koszorus (37) hat seinen Traumberuf gefunden: Er arbeitet als Tagesvater.
    Ferenc Koszorus (37) hat seinen Traumberuf gefunden: Er arbeitet als Tagesvater.
    Denise Auer

    "Alleinerziehende wählen bewusst Männer aus"

    Nach einem gemeinsamen Ausflug ins Grüne gibt es Mittagessen, das Koszorus am Vortag kocht. Danach ist Ruhe- und Schlafenszeit. Nach einer kleinen Jause ist der Tag für den Pädagogen dann zu Ende. Abschalten ist für ihn nicht schwierig, betont er. Und das, obwohl er sich die Arbeit nach Hause geholt hat. "Unsere Wohnung ist auf zwei Stockwerke aufgeteilt. Eines ist privat, das andere beruflich. Abstand bekomme ich heute viel besser als früher nach der Arbeit in der Küche."

    In Wien stehen aktuell 168 Tagesmütter zwei Tagesvätern gegenüber. Noch immer entscheiden sich wenige Männer für den Beruf – auch wenn sie dringend gebraucht werden. Vor allem Alleinerziehende würden sich oft bewusst für einen Mann entscheiden, heißt es vom Wiener Hilfswerk. Viele sind aber auch skeptisch, weiß Ferenc Koszorus. "Man hat meist nicht den Mut, es mir direkt ins Gesicht zu sagen, aber natürlich spüre ich die Skepsis, wenn ich von meinem Beruf erzähle. Oft höre ich dann 'Oh, du bist also Babysitter'. Die Leute verstehen nicht, was ein Tagesvater genau macht. Aber ich sehe das locker."

    "Hört nicht darauf, was andere sagen!"

    Der Tagesvater aus Leidenschaft hofft, dass sich noch mehr Männer für diesen Beruf entscheiden. "Es ist wirklich erfüllend, wenn man mit Kindern arbeitet und Fortschritte sieht. Wenn ein Kind zuerst sehr schüchtern ist und nach einiger Zeit plötzlich zu sprechen beginnt. Das sind die schönen Momente", sagt er und appelliert: "Wenn ihr in diesem Beruf arbeiten wollt, hört nicht darauf was andere sagen. Probiert es aus, erst dann könnt ihr es wissen – bevor es zu spät ist."

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