Österreich
Wiener U-Bahnausbau: 30 Enteignungen im Laufen
Im Herbst 2018 sollen bei Pilgramgasse und Matzleinsdorfer Platz in Margareten der Spatenstich für das U2/U5-Netz erfolgen. Zuvor müssen noch Eigentumsrechte geklärt werden.
Das Wiener U-Bahnnetz wächst. Obwohl der offizielle Baustart erst im Herbst erfolgt, sind die Vorarbeiten längst im Gange. Bevor die Bagger auffahren können, müssen aber zunächst die Juristen ran. Grund: Weil die U-Bahngleise Eigentumsrechte privater Haus- und Wohnungsbesitzer berühren, braucht es noch vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten deren vertragliche Zustimmung.
"Wir benötigen die Einräumung eines Dienstbarkeitsrecht, um unter den Gebäuden die Gleise für die U-Bahn zu errichten", erklärt Wiener Linien-Sprecherin Johanna Griesmayr gegenüber "Heute".
Ausbau betrifft 370 Gebäude
Vom U-Bahnausbau betroffen seien rund 370 Gebäude mit etwa 2.200 Besitzer. Der Großteil stünde dem U-Bahnbau sehr positiv gegenüber, mit vielen sei bereits eine vertragliche Einigung erzielt wurden. In einigen Fällen hingegen haben die Wiener Linien bei der zuständigen MA64 (Rechtliche Bau-, Energie-, Eisenbahn- und Luftfahrtangelegenheiten) einen Enteigungsantrag gestellt.
Dadurch kann die Gemeinde Wien in das Eigentumsrecht oder andere bestehende Rechte eingreifen. Möglich ist dies allerdings nur zu bestimmten Zwecken (etwa zur Ausführung von Bauvorhaben für öffentliche Zwecke) und gegen Entschädigung. Die Höhe dieser Entschädigung wird von externen, gerichtsbeeideten Sachverständigen erstellt. Auf Basis des Liegenschaftsbewertungsgesetzes würde die tatsächliche Entschädigungssumme berechnet. Für Hausbesitzer, bei denen die U-Bahn bald unter dem Keller durchfährt, ist eine Einmalzahlung vorgesehen, Eigentümer, die nur temporär ihre Rechte abgeben, erhalten monatliche Zahlungen.
"Nicht jedes Verfahren strittig"
Bei der MA64 sind derzeit 60 Enteignungsverfahren anhängig, die Wiener Linien sprechen von 30. Grund für den Unterschied sei, dass viele Anträge seitens der Wiener Linien wieder zurückgezogen worden. "Wenn ein Antrag auf Enteignung eingebracht wird, heißt das nicht gleich, dass es auch Streit gibt. Um unseren Zeitplan einzuhalten und aufgrund der Fristen müssen wir die Anträge etwa auch dann einreichen, wenn wir einen Hauseigentümer bisher nicht erreicht haben", erklärt Griesmayr. Oft sei auch gar nicht der U-Bahnbau selbst das Thema der Verhandlungen, sondern die Höhe der finanziellen Entschädigung.
Im Durchschnitt dauert ein Enteignungsverfahren im Bereich der MA64 zwischen drei und sechs Monaten. Sollte es zu einer Berufung beim Landesverwaltungsgericht Wien oder dem Bundesverwaltungsgerichtshof (VwGH) kommen, verzögere sich das Verfahren. Für die Wiener Linien wichtig sei vor allem, dass alle Verfahren abgeschlossen sind, bevor mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.
"Hauseigentümer profitieren doppelt"
Den vertraglichen Einverständniserklärungen beziehungsweise dem Antrag auf Enteignung seien alle Gebäude grundlegend untersucht worden, betont die Sprecherin. „So wurden Keller und deren Fundamentkanten genau ausgemessen, die Statik geprüft und, da wo erforderlich, auch Fundamentverbesserungen durchgeführt. Und weil es der U-Bahnbau für die betroffenen Gebäude notwendig macht, dass es die aktuellen Normen erfüllt, zahlen die Wiener Linien die dafür nötigen Baumaßnahmen.
Dass der Ausbau des U-Bahnnetzes für ganz Wien eine Herausforderung wird, sei klar. Aber von den neuen Linien profitierten neben den Fahrgästen auch die Hauseigentümer, weil sie dann noch besser an das Öffi-Netz angeschlossen sind und damit der Wert der Immobilie steige, ist Griesmayr überzeugt.
Übersicht: Ab wann wo mit dem U-Bahnausbau begonnen wird
(Quelle: Wiener Linien)