Brief von "Zupf di"
Wienerin parkte drei Minuten – 399 Euro Strafe!
Gabriele F. (63) stellte ihr Auto bei einer Einfahrt in der Schelleingasse ab. Nun soll sie 399 Euro an "Zupf di" zahlen.
Gabriele F. (63) wollte am 7. Dezember 2023 gegen 15 Uhr eigentlich nur schnell den Autoschlüssel ihrer 85-jährigen Mutter in einer Autowerkstatt in der Schelleingasse (Wieden) abgeben. Da sie keinen Parkplatz fand, stellte sie ihren Wagen für rund drei Minuten in zweiter Spur parallel zu einem Längsparkplatz bei der Garagenausfahrt auf Höhe Nummer 17 ab.
Wenig später flatterte der Wienerin eine Besitzstörungsklage der Firma "Zupf di" ins Haus. "Ich habe zuerst geglaubt, dass es sich um einen Faschingsscherz handelt. Ich soll 399 Euro zahlen, weil ich drei Minuten lang geparkt habe. Ich habe dort niemanden behindert, sogar Lkw können vorbeifahren", schäumt die 63-Jährige.
Nun drohen Parkplatz-Abzocker auch in Wiener City
„Insgesamt sind bei uns sicher mehrere hunderte Besitzstörungen gelandet, darunter dutzende Fälle zu 'Zupf di'“
Das "Geschäftsmodell" von "Zupf di" ist einfach: Wird ein Privatparkplatz verstellt oder eine Zufahrt blockiert, können Betroffene die Fälle bei der Firma melden. Anschließend wird von "Zupf di" eine Besitzstörungsklage verschickt, 399 Euro verlangt. Dieser Betrag wird dann aufgeteilt – die Melder erhalten bis zu 200 Euro, der Rest geht an "Zupf di".
Auch dem ÖAMTC ist das Vorgehen bereits bekannt: "Wir haben sicher dutzende Fälle zu dieser Firma. Es gibt ja auf diesem Gebiet zahlreiche Player, insgesamt sind es sicher mehrere hunderte Besitzstörungen, die bei uns gelandet sind", erklärt Nikolaus Authried, Leiter der Rechtsberatung Wien, NÖ und dem Burgenland.
Parkplatz-Abzockfallen in und um Wien
Zupf di:
1040, Schelleingasse 17
1140, Lützowgasse 14a
Vösendorf, Am Teich
PV22, D22:
1010, Wiesinger Straße/Stubenring
1210, Prager Straße
1220, Franz-Eduard-Matras-Gasse
1220, Walter-Zeman-Gasse
1220, Breitenleer Straße
Meldung an Datenschutzbehörde
Wie genau nach Erhalt der Strafe vorgegangen werden kann, muss im Einzelfall geklärt werden: "Es müssen verschiedenste rechtliche Fragen geklärt werden: Etwa, ob es sich tatsächlich um eine Besitzstörung handelt oder ob eine Wiederholungsgefahr besteht", meint Authried.
Da die (oft von den Meldern privat aufgenommenen) Fotos der Autos meist im öffentlichen Raum geschossen werden, kann auch eine Meldung an die Datenschutzbehörde nicht schaden. Der ÖAMTC versucht zudem, "einige Fälle auszujudizieren – auch strafrechtlich".
„Ich zahle dieser Firma sicher nichts, auch wenn sie mit einer Klage drohen. Die sollen sich verzupfen“
Wer übrigens auf die Idee kommt, die 399 Euro nicht zu zahlen, wird von "Zupf di" gleich mit einem dem Brief beigefügtem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt vorgewarnt: Darin wurde ein Pkw-Besitzer, der vor der Schelleingasse 17 geparkt hatte, zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.564 Euro verurteilt.
Gabriele F. lässt sich von dem Urteil allerdings nicht abschrecken: "Ich zahle dieser Firma sicher nichts, auch wenn sie mit einer Klage drohen. Die sollen sich verzupfen", so die 63-Jährige. Diesem Wunsch wird die Firma aber leider nicht nachkommen.
„Für unsere Melderin wäre es kein Problem, die für den Tierschutz bestimmte Aufwandsentschädigung an Frau F. zu überweisen“
Auf "Heute"-Nachfrage erklärt "Zupf di"-Geschäftsführer Stefan Saverschel: "Da Frau F. leider keine außergerichtliche Zahlung leisten wollte, wird der Fall seitens unseres Rechtsanwaltes bereits zur Klagseinbringung vorbereitet."
Dafür wird Gabriele F. allerdings das "Angebot" unterbreitet, dass sie die Hälfte der Strafe wieder zurückbekommt: "Nach Rücksprache mit unserer Melderin in der Schelleingasse 17 wäre es kein Problem, die entsprechende, für den Tierschutz bestimmte Aufwandsentschädigung (200 Euro, Anm.) anstelle an das Tierschutzhaus an Frau F. zu überweisen."
Wienerin lässt es auf Klage ankommen
Allerdings sei systembedingt eine Reduktion des Pauschalbetrages vor vollständiger Zahlung an "Zupf di" leider nicht möglich – sprich: Es müssen erst die 399 Euro an "Zupf di" überwiesen werden, dann gehen 200 Euro wieder an Gabriele F. retour.
Die 63-Jährige wird dieses "Angebot" nicht annehmen, stattdessen im Fall einer Klage auf einen sogenannten Versäumungsendbeschluss setzen: Dieser wird gefasst, wenn der oder die Angeklagte nicht vor Gericht erscheint. Die Strafe erhöht sich dann zwar, aber der Großteil geht an den Staat und nicht an "Zupf di" – was ganz im Sinne von Gabriele F. ist.