Welt

Wilde Theorien um Tod des Botschafters in Prag

Heute Redaktion
Teilen

Unter bisher noch ungeklärten Umständen ist am Mittwoch der palästinensische Botschafter in Prag bei einer Explosion in seiner Residenz ums Leben gekommen. Nach Angaben des palästinensischen Außenministeriums ereignete sich die Detonation, als Jamal al-Jamal an einem Safe hantierte. Von einem terroristischen Hintergrund geht die Polizei jedoch nicht aus.

Wahrscheinlich sei der Grund für die Explosion, die den palästinensischen Botschafter in Prag tötete eine Diebstahlsicherung am Tresor gewesen, den Jamal al-Jamal am Neujahrstag öffnete. Explosives Material ging hoch und verletzte den Botschafter schwer, später starb er im Spital. Von einem terroristischen Hintergrund geht die Polizei nicht aus. Es gibt mehrere Theorien, die mehr oder weniger glaubwürdig klingen und sich teilweise widersprechen. 

In der zweigeschossigen Wohnung, in die der Botschafter mit seiner Frau frisch eingezogen war, stand ein zweiter Safe, der inzwischen untersucht wurde und sprengstofffrei ist.

Die tschechische Polizei vermutet, dass die Detonation auf eine Diebstahlsicherung zurückzuführen sei. Manche Safes verfügen über Mechanismen, die wertvolle Dokumente automatisch zerstören, wenn der Safe unsachgemäß geöffnet wird.

Nahost-Experte würde "Anschlag nicht ausschließen"

"Wenn er (Al-Jamal) gewusst hätte, was in dem Tresor war, wäre er weit vorsichtiger gewesen. Auch einen Anschlag würde ich nicht völlig ausschließen", meint der frühere Jerusalem-Korrespondent des tschechischen Rundfunks. Al-Jamal habe seine Karriere noch unter Yasser Arafat begonnen, sei aber später auch für das gemäßigte Lager unter Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas annehmbar gewesen. "Man kann sagen, dass er ein konfliktscheuer Mensch war", meint Dozent Turecek, der al-Jamal persönlich kannte. "Es könnte ein Überbleibsel dieser alten Ära sein", meint Nahost-Experte Turecek.

"Geschenk" des Vorgängers?

Nahost-Experte Bretislav Turecek vermutet außerdem, dass die Bombe ein "Geschenk" seines Vorgängers an den Botschafter sein könnte.Al-Jamals Vorgänger hatte Prag im Sommer verlassen - und möglicherweise den Sprengstoff seinem Nachfolger hinterlassen. "Ohne Zweifel wäre es nicht die einzige Botschaft (in Prag), die Waffen oder andere Dinge aufbewahrt", meint Turecek. Doch Botschaftssprecher Nabil al-Fahel widersprach im Rundfunk dieser Vermutung: Der Safe sei regelmäßig benutzt worden, um Geld für den Zahlungsverkehr der Botschaft zu lagern. Malki müsse den Tresor mit einem anderem in einem Nachbargebäude verwechselt haben. Sprengstoffexperten der Polizei stellten fest, dass von dem zweiten Panzerschrank keine Gefahr ausging.

Beachtliche Menge von Waffen und Sprengstoff

Da sich die ausgedehnte Wohnung im Prager Viertel Suchdol über zwei Stockwerke erstrecke, könnten die Ermittlungen noch länger andauern. Die Polizei fand in der Wohnung des Diplomaten laut tschechischen Medien eine beachtliche Menge von Waffen und Sprengstoff. Polizeichef Martin Vondrasek sagte am Donnerstag im tschechischen Radio, er könne nicht genau sagen, um welche Waffen es sich handle. Sie seien in Tschechien jedoch nicht registriert.

Frau holte Zettel, Eheman flog in die Luft

Wie das palästinensische Außenministerium in Ramallah mitteilte, ereignete sich die Explosion kurz nachdem Jamal einen Safe geöffnet hatte, der wenig zuvor von der Botschaft in seine Residenz gebracht worden war. Er schickte seine Frau aus dem Zimmer, um Stift und Zettel zu holen, plötzlich detonierte ein Sprengsatz. Der Diplomat erlitt dabei "sehr ernste" Verletzungen an der Brust- und Bauchhöhle sowie am Kopf, sagte der behandelnde Chirurg Daniel Langer. Kurze Zeit später verstarb der Botschafter im Zentralen Militärischen Krankenhaus der tschechischen Hauptstadt. 50 Anrainer mussten nach der Explosion zwischenzeitlich evakuiert werden.

Botschafter zog vor wenigen Tagen ein

Jamals Frau, die sich zum Zeitpunkt der Explosion mit dem Rest der Familie ebenfalls in der Wohnung aufgehalten hatte, wurde mit einer Rauchgasvergiftung ins Spital eingeliefert. Die Nachbarn sagten, die Familie des Botschafters sei erst vor wenigen Tagen in die Wohnung eingezogen. Überall seien Kisten und verpackte Möbelstücke gestanden.

Der Botschafter hatte erst am 11. Oktober das Beglaubigungsschreiben dem tschechischen Staatspräsidenten Milos Zeman übergeben. Das palästinensische Außenministerium kündigte die Entsendung einer ranghohen Delegation nach Prag an. Diese solle "mit den tschechischen Behörden bei der Untersuchung der Explosionsursache zusammenarbeiten".