Österreich

"Will fi****" – Katharina Mückstein am Filmset bedrängt

Katharina Mückstein deckte im Netz auf, wie alltäglich Sexismus und Übergriffe auf Schauspielerinnen im heimischen Filmgeschäft sind.

Sandra Kartik
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Katharina Mückstein schildert Übergriffe aus ihrer Branche auf Instagram. Hunderte Betroffene meldeten sich daraufhin bei ihr.
Katharina Mückstein schildert Übergriffe aus ihrer Branche auf Instagram. Hunderte Betroffene meldeten sich daraufhin bei ihr.
La Banda Film, Instagram

Sie träumte von einer Karriere beim Film, doch der Weg dorthin war mit schlimmen Erlebnissen von Belästigung und Erniedrigung gepflastert, die Katharina Mückstein nun auf Instagram teilte. Die Wiener Regisseurin ("Blind Ermittelt", "Talea") machte zuvor ihrem Ärger über einen Kollegen Luft, der in der Branche gefeiert wird, obwohl er übergriffig gegenüber Frauen gewesen sein soll. Aus juristischen Gründen will und darf sie seinen Namen nicht nennen. 

Die 40-Jährige, die seit über 20 Jahren in der Branche erfolgreich ist, erlebte schon in jungen Jahren Sexismus. So erzählt sie in einer Insta-Story: "Erster Filmjob mit 19: Beleuchter bringt mich jeden Tag zum (heimlich) Weinen durch Beleidigung meines Körpers und sagt mir am Ende, dass er mich fi**** will. Kamera-Assistent merkt sich meinen Namen nicht und nennt mich 'Kleines'."

Ihre Studienzeit an einer Wiener Schule für Filmschaffende beschreibt die Stiefschwester von Ex-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein als "Hölle". Ein Professor ließ sie damals etwa wissen: "Wenn sie Kinder kriegen wollen, hören Sie am besten jetzt gleich auf." Ein anderer sagte der damaligen Studentin: "Mückstein, ich will Dich fi****." Später erhielt sie Drohbriefe von Filmschaffenden, nur weil sie eine Geschlechter-Quote forderte. Männliche Kollegen stellten sich auch dagegen, als sie "als Frau" eine Förderung für einen Film bekommt, während sie als Männer leer ausgehen.

#MeToo-Welle: Hunderte Betroffene melden sich

"Ich habe von Erfahrungen berichtet, die ich bereits in der Vergangenheit öffentlich gemacht hatte, darum war der Schritt für mich persönlich nicht so schwierig. Dass sich dann aber so viele Menschen melden, hätte ich nie erwartet. Es gab eine Welle von Berichten, weil Leute mir vertrauen, aber auch sehr viele Solidaritätsbekundungen und darum bin ich in erster Linie dankbar", sagt Mückstein im "Heute"-Gespräch.

Viele Betroffene hätten sich nicht erfolgreich gegen Diskriminierung und Gewalt zur Wehr setzen können. "Daraus entsteht ein Gefühl von Einsamkeit und Verzweiflung, das kenne ich selbst gut." Unter den den hunderten Nachrichten, die Mückstein nach ihrer Initiative erreichten, durfte sie auch einige teilen.

"Der Chef der Produktionsfirma, bei der ich früher gearbeitet habe, hat jedesmal, wenn neue Mitarbeiterinnen eingestellt wurden, Bikini-Fotos aus ihren Instagram-Profilen herausgesucht und dem gesamten Büro gezeigt", schilderte eine Kollegin. Eine Andere erzählte: "Ein Dozent hat direkt nach dem Sehen einer Arbeit, in der ich nackt zu sehen war, zu mir gesagt: 'Du bist eine sehr schöne Frau.' Derselbe Mann hat auch mehrmals mein Aussehen gelobt, nachdem ich geweint, bzw. einiges an Gewicht verloren hatte."

"Genauso schlimm, wie gedacht"

Die vielen Nachrichten bestätigen Mücksteins Erfahrungen: "Es ist genauso schlimm, wie ich es mir gedacht habe. Die Filmszene bildet ab, wie unsere Gesellschaft ist, nur, dass unsere Arbeitswelt Machtmissbrauch mehr begünstigt, als vielleicht andere Branchen, und man bei uns medial lieber hinschaut, als z.B. in der Supermarktbranche." Täter haben sich weder damals noch heute gemeldet, entschuldigt oder Stellung bezogen.

Vor allem jungen Kollegen, die Opfer sexueller Belästigung werden, will die Regisseurin sagen: "Ich rate jeder Person, die Erfahrungen dieser Art macht, ihrem Unrechtsgefühl zu glauben und sich nicht von Stimmen verunsichern zu lassen, die meinen, es sei ja nicht so schlimm." Es sei wichtig, sich einer vertrauenswürdigen Person anzuvertrauen und gemeinsam zu überlegen, wie man sich zur wehr setzen kann. "Der beste, erste Weg kann jener zu einer Beratungsstelle sein, die anonym und vertraulich arbeitet."

"Männer müssen über sich und andere Männer nachdenken"

Mückstein sieht ein strukturelles Problem, bei dem es mehr um Macht, als um Sex geht. "Männer müssen über sich und andere Männer nachdenken. Was läuft hier falsch? Warum sind so viele Männer gewalttätig, missbrauchen ihre Macht, beleidigen und erniedrigen andere? Warum haben die Männer, die nicht so sind, so viel Angst, sich gegen Täter zu stellen oder zu intervenieren, wenn sie Zeugen von Sexismus und Übergriffen sind?"

Unabhängig vom Geschlecht sollten alle, die in einer hierarchisch in einer höheren Position stehen, "Verantwortung für andere übernehmen. Es braucht vor allem einen Kulturwandel und mehr emotionale Reife."

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