Niederösterreich

"Leute liefen panisch und schreiend auf der Straße"

Der nö. Nationalrat Alois Schroll war mitten am Schwedenplatz, als die ersten Schüsse fielen. "Heute" schildert er die dramatischen Szenen.

Erich Wessely
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Nationalrat Alois Schroll war am Schwedenplatz
Nationalrat Alois Schroll war am Schwedenplatz
Picturedesk, Parlamentsdirektion/Photo Simonis

Am Schwedenplatz wurde der Ybbser Bürgermeister und Nationalrat Alois Schroll (SP) zum Augenzeugen rund um den Anschlag im Herzen Wiens. Im "Heute"-Gespräch schildert er am Tag nach dem Terrorangriff seine Eindrücke.

"Ich habe von einer Kollegin eine kleine Wohnung in Wien am Schwedenplatz übernommen. Wie vor Sitzungen üblich, bin ich auch diesmal am Tag vor der geplanten Sitzung nach Wien gefahren, um hier zu übernachten. In unmittelbarer Nähe wollten mein parlamentarischer Mitarbeiter und ein Freund aus Ybbs ein Lokal aufsuchen", so Schroll.

"Dachte zuerst an einen Unfall"

Gegen 20 Uhr sei er kurz vors Lokal gegangen: "Plötzlich liefen Leute panisch herum, Leute schrien, ich habe das am Anfang alles nicht ganz mitbekommen, was sich da abspielt, dachte zuerst an einen Unfall. Dann sah ich schon mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei vorbeifahren."

Als Schroll zurück ins Lokal ging, wurden hinter ihm die Türen zugesperrt: "Ich habe keinen wirklichen Einblick gehabt, auch von Schüssen nichts gehört. Als mich meine Schwester vom Attersee und meine Tochter aus Linz anriefen, ob es mir gut geht, wusste ich erst teilweise was los war." Im Gebäude fiel zeitweise das Internet aus: "Möglicherweise aus Überlastung. Jeder um mich hat sein Handy in der Hand gehabt, es war eine prekäre Situation, bis um 1 Uhr in der Früh mussten wir im Lokal ausharren." Schroll hätte zwar nur etwa 70 Meter bis zu seiner Haustüre gehabt, doch die Polizei leitete die Lokalgäste auf eine spezielle Route über den 2. Wiener Gemeindebezirk weg von den Tatorten in der City.

"Gefühlt 1.000 Einsatzfahrzeuge"

"Wir sind dann vorerst in ein Hotel gegangen", so Schroll, der die Polizei und Einsatzkräfte lobte: "Sie haben einen tollen Job gemacht." Es habe sich angefühlt, als ob "1.000 Einsatzfahrzeuge in der Gegend waren, überall Blaulicht". Erst gegen 4 Uhr in der Früh durften in Polizeibegleitung Schroll und sein Mitarbeiter in die Wohnung.

Sein Freund aus Ybbs musste in den 8. Bezirk nach Hause, es "gab dann eine wirklich grenzgeniale Aktion in der Früh", erinnert sich Schroll. "Da standen auf einmal Leute mit ihren Autos, die die Passanten gratis heimgebracht haben." Geschlafen habe er fast nichts, erst "jetzt realisiere ich nach und nach, was da los war". "Man ist mitten in Österreich, mitten in Wien, es ist sehr, sehr schrecklich. Mein ganzes Mitgefühl gehört den Opfern und ihren Familien."

Fotoaufnahme von Günther Sidl nach dem Terroranschlag in der Wiener City
Fotoaufnahme von Günther Sidl nach dem Terroranschlag in der Wiener City
Sidl/Facebook

Auch der nö. EU-Abgeordnete Günther Sidl (SP) war zum Zeitpunkt des Anschlags mitten in der Wiener City, auf Facebook fasste er seine Eindrücke zusammen: "Liebe Freundinnen und Freunde! Nach einem beruflichen Abendessen heute Abend in der Wiener Innenstadt wurden wir auf Grund der tragischen Ereignisse aus Sicherheitgründen in den Keller des Lokals gebracht. Ich dachte immer, dass so etwas durchaus in Brüssel passieren kann... soeben erlebte ich dies hautnah. Gerade wurde ich von der Polizei aus dem Keller (200m von der Synagoge entfernt) durch die leere Innenstadt evakuiert. Bin nun sicher! Danke an die Einsatzkräfte für ihre professionelle Arbeit!"

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    So gedachte die Staatsspitze den Terror-Opfern mit einer Kranzniederlegung an einem der Tatorte (3. November 2020).
    So gedachte die Staatsspitze den Terror-Opfern mit einer Kranzniederlegung an einem der Tatorte (3. November 2020).
    picturedesk.com