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Wirbel um Camerons Ausstiegsdrohung

Heute Redaktion
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Bild: DAPD

Der britische Premier David Cameron hat ein Referendum über den EU-Ausstieg Großbritanniens für den Fall seiner Wiederwahl 2015 angekündigt. Er sieht eine Reform der EU als Voraussetzung für den Verbleib Großbritanniens in der Union. Scharfe Kritik kommt jetzt nicht nur von Österreichs Außenminister Michael Spindelegger.

Man könne sich nicht die Rosinen herauspicken, sagte Spindelegger im Mittagsjournal. Alle EU-Länder sollen "an einem Strang ziehen". Im Mittelpunkt müsse der "Mehrwert für die Gemeinschaft" stehen, so Spindelegger weiter. Großbritannien sei für die EU wichtig, und umgekehrt.

Faymann: Arbeitslosigkeit im Vordergrund

"Europa und seine Politiker sollten im Augenblick ein Thema ganz oben auf ihrer Agenda haben: 5,5 Millionen arbeitsloser junger Menschen, ihre Zukunft und ihre Chancen. David Cameron hat in seiner heutigen Rede leider nichts dazu gesagt. Auch nicht, was er für die 20 Prozent der Jungen in Großbritannien tun will, die keinen Arbeitsplatz haben", so Bundeskanzler Werner Faymann in einer Reaktion auf die heutige Rede des britischen Premierministers.

Cameron: EU steht vor 3 Problemen

Ohne Referendum Großbritanniens gebe es das Risiko, dass Großbritannien "Richtung Ausstieg treibt". Und er wolle "nicht nur einen besseren Deal für Großbritannien, sondern auch für Europa", fügte er hinzu. Die EU stehe vor drei großen Problemen: Den Schwierigkeiten der Eurozone, die Auswirkungen auf alle EU-Staaten habe, einer Krise der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit im weltweiten Vergleich sowie einer wachsenden Entfernung der EU zu den Bürgen. "Es gibt eine wachsende Frustration, dass die EU den Menschen angetan wird, anstatt in ihrem Interesse zu handeln."

Bis zu der Volksabstimmung sei genug Zeit, die Argumente für und gegen einen Austritt zu prüfen und die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU neu zu verhandeln. Allerdings gebe es im Falle eines Austritts keinen Weg zurück mehr, mahnte der Konservative.

EU zurückhaltend

Die EU-Kommission hat sich zurückhaltend gegenüber der Rede des britischen Premiers David Cameron über die Zukunft des Verhältnisses von Europäischer Union und London gezeigt. Eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ging am Mittwoch in Brüssel auf konkrete kritische Aussagen Camerons gegenüber der Kommission nicht ein.

Frankreich kritisiert Ankündigung als "gefährlich"

Nachdem Frankreichs Außenminister Laurent Fabius bereits angeboten hat, den roten Teppich für einen EU-Austritt Großbritanniens auszurollen schlägt er nun versöhnlichere Töne an: Ein Referendum über einen Austritt sei "gefährlich für Großbritannien selbst", sagte er am Mittwoch dem Sender France Info. Großbritannien außerhalb der EU wäre "schwierig". "Wir hoffen, dass die Briten positive Elemente zu Europa beitragen", sagte Fabius.

"Reformen an Großbritannien gescheitert"

Die notwendigen Reformen, um die EU effektiver, demokratischer, transparenter und schlanker zu machen, seien unter anderem an Großbritannien gescheitert, sagte  EU-Parlamentspräsident Martin am Mittwoch im Deutschlandfunk.  "Da sind diejenigen, die an den Verzögerungen in Europa maßgeblich Schuld sind, diejenigen, die mit dem Finger auf Europa zeigen", so der sozialdemokratische Europapolitiker.

SPÖ-Europasprecherin: EU ist mehr als ein Binnenmarkt

"Die EU ist mehr als ein Binnenmarkt." Das stellte SPÖ-Europasprecherin Christine Muttonen zur EU-Rede Camerons fest. "Ja, Europa, das ist auch ein Binnenmarkt. Aber Europa ist mehr. Europa, das sind gemeinsame Sozial- und Umweltstandards. Europa ist Solidarität in der Krise. Diese Dinge hängen unmittelbar zusammen, da sonst ein Wettlauf nach unten beginnt, der den Wohlstand der Bevölkerung gefährdet", sagte Muttonen, die die große Bedeutung von Maßnahmen in Richtung mehr Wachstum und Beschäftigung betonte und kritisierte, dass viele notwendige Reformen gerade von Großbritannien blockiert worden seien.

Wie auch immer, der Fall eines Austritts aus der Europäischen Union ist in den EU-Verträgen eindeutig geregelt. "Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten", heißt es in Artikel 50 des Vertrags von Lissabon.