US-Präsident Donald Trump wird während seiner Zeit in der Quarantäne keine Wahlkampfauftritte wahrnehmen können. Auch ob er an der nächsten, auf den 15. Oktober geplanten TV-Debatte teilnehmen kann, steht in den Sternen. Sollte es sein Gesundheitszustand zulassen, könnte Trump die Debatte virtuell führen.
Was bedeutet Trumps Viruserkrankung für den Wahlkampf – immerhin sind es nur noch gut 30 Tage bis zur Präsidentenwahl vom 3. November? Die Politologen Stephan Bierling von der Uni Regensburg und Louis Perron von Perron Campaigns sind sich einig: "Diese Entwicklung hat den US-Wahlkampf total auf den Kopf gestellt."
Vieles hängt jetzt von Trumps Krankheitsverlauf ab – wobei Perron einwendet: "In den nächsten Tagen und Wochen wird es interessant zu sehen, wie das Weisse Haus über den Krankheitsverlauf Trumps und der First Lady informieren wird. Der Verdacht ist durchaus berechtigt, dass der Krankheitsverlauf offiziell harmloser dargestellt wird, als es tatsächlich der Fall ist."
Sollte Trumps Krankheit asymptomatisch verlaufen, so befürchten namhafte amerikanische Ärzte, könnte der US-Präsident versucht sein, die Gefahr des Virus wie in den letzten sechs Monaten herunterzuspielen. "Trump könnte das tatsächlich versuchen, es wäre typisch für ihn", sagt US-Experte Bierling. "Doch derzeit überdeckt diese Nachricht einfach alles, dagegen kann er nichts tun."
Beide Politologen sprechen den britischen Premierminister Boris Johnson an. Nach Bekanntwerden seiner Covid-Erkrankung im April stiegen dessen Popularitätswerte kurzfristig. Könnte auch Trump von einem solchen Effekt profitieren? Das sei eher unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen, sagt Louis Perron.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass Trump von der Erkrankung politisch profitiert, so wie es bei Boris Johnson der Fall war", sagt dagegen Bierling. Zu lange habe der US-Präsident keine Empathie mit den Covid-Opfern im eigenen Land gezeigt. "'Es ist, wie es ist', sagte er nur lapidar über 200.000 Tote. Johnson änderte nach seiner Erkrankung den Kurs, führte strikte Maßnahmen ein und verfolgte fortan eine konsistente Linie. Das wird bei Trump und den Republikanern nicht geschehen: Fehlereingeständnisse und Kurskorrekturen gibt es in Trumps Welt nicht und wird es wohl auch nie geben."
"Die Krise betrifft nun viele Stellen und Personen: Das Weiße Haus, das jetzt ein Corona-Hotspot ist, den amerikanischen Vizepräsidenten, der zusammen mit dem demokratischen Herausforderer Joe Biden zur Risikogruppe zählt. Und die gesamte Wahlkampfstrategie Trumps, die ganz auf große Wahl-Events baute, die jetzt bis auf weiteres nicht mehr möglich sind", sagt Perron.
"Er hat bereits früher so viele Fehler gemacht, dass er schon vor seiner Erkrankung nur mehr Aussenseiterchancen hatte", sagt Bierling. "So spricht er weiterhin allein seine Kernwählerschaft an, ohne um neue Wähler zu werben. Die Covid-Krise hat er mit miserablem Management verschlimmert. Durch seine Infektion führt er den Amerikanern erst recht vor Augen, wie fahrlässig er mit diesem Virus immer umging." Viele Amerikaner würden sich jetzt bestimmt fragen, wie sorglos der Präsident denn mit ihnen umgehe, wie Trump sie denn beschützen könne, wenn er sich nicht mal selbst zu schützen vermöge. "Die Erkrankung ist eine katastrophale Botschaft nach außen und zeigt vor allem eins, was Trump am meisten verabscheut: Schwäche."