Szene

Witze über Weinstein: Vertretbar oder verwerflich

Die ersten Bonmots zum Sex-Skandal sorgten in Hollywood für Aufregung. Ist die Affäre für Comedians Tabu?

Heute Redaktion
Teilen

Von der kathartischen Wirkung der Comedy wussten bereits die Hofnarren des Mittelalters zu berichten, die bekanntlich das Vorrecht hatten, ihren König und Gebieter durch den Kakao zu ziehen, ohne dabei das Henkersbeil zu riskieren. In demokratischen Ländern gilt dieses Prinzip auch heute noch: Tabuthemen aufzugreifen gehört zum täglich Brot von Kabarettisten und Comedians. Dass sie dafür immer häufiger in der Kritik der Öffentlichkeit stehen und vor allem in den sozialen Medien Beschimpfungen und Drohungen ausgesetzt sind, ist allerdings nicht zu leugnen.

Worüber darf gelacht werden? Ab wann darf über ein heikles Thema gelacht werden? Wer darf Witze reißen und wer nicht? Ab wann ist der Bogen überspannt? Diese Fragen tauchen auch jetzt wieder im Rahmen des Sex-Skandals rund um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein auf. Jahrzehntelange soll dieser Schauspielerinnen sexuell belästigt und in einigen Fällen sogar vergewaltigt haben. Reihenweise melden sich betroffene Aktricen zu Wort und gehen mit ihren tragischen Erlebnissen auf Weinsteins Besetzungscouch an die Öffentlichkeit.

James Corden entschuldigt sich

Die komödiantische Aufarbeitung der Affäre scheint derzeit noch in weiter Ferne. Sogar Comedy-Star, Late-Show-Host und Event-Moderator James Corden ruderte nun zurück, nachdem er auf der Bühne der AmfAR-Gala am 13. Oktober 2017 einige Witze über Weinstein gebracht hatte.

"Es ist eine wunderschöne Nacht hier in LA", war unter anderem von Corden zu hören gewesen. "Sie ist so schön, dass Harvey Weinstein sie schon in sein Hotelzimmer gebeten hat, um ihm eine Massage zu geben."

Ein Shitstorm war die Folge, Corden entschuldigte sich via Twitter: "Um das klarzustellen, sexuelle Belästigung ist nicht zum Lachen. Ich wollte nicht Harvey Weinsteins unentschuldbares Verhalten herunterspielen, sondern ihn beschämen, den Täter, nicht seine Opfer. Es tut mir von Herzen leid, wenn ich jemanden beleidigt habe, das war nie meine Absicht."

Ebenfalls eine Entschuldigung gab es von Al Michaels - keinem Comedian, sondern einem Sportmoderator - der am 15. Oktober bei einer NFL-Partie zwischen den New York Giants und den Denver Broncos gemeint hatte: "Die Giants haben eine härtere Woche hinter sich als Harvey Weinstein." Die daraus resultierenden Beschwerden veranlassten Michaels zu beschwichtigenden Worten:

Weinstein-Witze gefordert

Die Comedians von "Saturday Night Live" mussten hingegen Kritik einstecken, weil sie die Causa Weinstein einige Tage lang nicht aufgegriffen hatten. Der erste Sketch zum Thema war schließlich durchaus gewagt. Die Comediennes Aidy Bryant, Leslie Jones, Cecily Strong und Kate McKinnon diskutierten über Missbrauchsvorfälle in Hollywood.

"Wir hatten einen geheimen Code unter uns Schauspielerinnen, um uns gegenseitig vor Widerlingen zu warnen", meldete sich McKinnon als fiktives Filmbiz-Urgestein Debette Goldry zu Wort. "Der Code lautete: 'Er hat mich vergewaltigt.' Und wenn Männer zuhörten, haben sie uns einfach ausgeblendet."

(lfd)