Wirtschaft

Wo das Grundeinkommen bereits Realität ist

Heute Redaktion
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Ein Volksbegehren fordert 1.200 Euro monatlich für jeden volljährigen Österreicher. Das Konzept "Grundeinkommen" ist anderswo bereits Realität.

Stell dir vor, du würdest jeden Monat 1.200 Euro erhalten. Ohne Bedingungen. Ohne Gegenleistung. Zusätzlich zum Gehalt oder der Pension. Oder auch ohne anderes Einkommen. Ein solches "bedingungsloses Grundeinkommen" (BGE) für Österreich fordert ein Volksbegehren, das vom 18. bis 25. November unterzeichnet werden kann. Das ambitionierte Ziel: Eine Million Unterstützungserklärungen.

Neu ist die Idee nicht. Das bedingungslose Grundeinkommen wird bereits in anderen Ländern erprobt.

Lotterie in Deutschland

Die NGO "Mein Grundeinkommen" testet seit fünf Jahren, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Praxis wirkt und verloste über 450 per Crowdfunding finanzierte BGEs an Menschen aus ganz Deutschland. Je ein Jahr lang bekamen sie jeden Monat 1.000 Euro überwiesen. Ohne Gegenleistung oder Verpflichtungen.

Jesta, Gewinnerin eines solchen "BGE", sagt folgendes: "Aus einer demütigenden Situation in die Bedingungslosigkeit zu kommen, war ein sehr intensives Erlebnis. Die Existenzangst weicht einem Gefühl der Existenzberechtigung."

Fazit in Finnland steht aus

Im Dezember 2016 wurden 2.000 arbeitslose Finnen per Los ausgewählt, die fortan zwei Jahre lang jeden Monat 560 Euro erhielten. Das Arbeitslosengeld fiel dafür weg, jedoch liefen andere Leistungen wie Kindergeld weiter. Anders als beim Arbeitslosengeld gab es auch keine Auflagen. Eine ernsthafte Jobsuche war also nicht nötig, um das Geld zu behalten. Fanden die Menschen Arbeit, wurde das Geld weiter ausbezahlt.

Und was brachte das? Laut Katri Sarkia vom finnischen Thinktank Demos Helsinki fühlten sich die Menschen wohler mit ihrer Einkommenssituation, auch wenn sich keine Auswirkungen auf die Beschäftigungsfähigkeit feststellen ließen. Ein ausführlicher Endbericht soll 2020 erscheinen.

Eingestellter Pilotversuch in Kanada

Ab Sommer 2017 erhielten im Rahmen des Pilotversuchs "Ontario Basic Income Pilot" 4.000 Menschen in den Gemeinden Hamilton, Brantford, Thunder Bay und Lindsay ein Grundeinkommen. Das Programm richtete sich ausdrücklich an bedürftige Menschen, die alleine weniger als 34.000 kanadische Dollar oder als Paar unter 48.000 verdienten. Dabei handelte es sich mehrheitlich nicht um Arbeitslose, sondern zu 70 Prozent Menschen, die trotz Arbeit unter der Armutsgrenze leben.

Singles erhielten bis zu 17.000 kanadische Dollar im Jahr, Paare 24.000. Für Menschen mit Behinderung gab es etwas mehr Geld. Und das alles ohne Auflagen, wie sie in Österreich etwa beim Arbeitslosengeld üblich sind. Bewerbungen, Kurse und mehr waren nicht nötig, der Anspruch blieb einfach aufrecht. Weniger als ein Jahr nach dem Start der Zahlungen wurde die vorzeitige Einstellung des Projekts beschlossen. Statt bis 2020 lief der Pilotversuch nur bis März 2019.

Ontarios damalige Sozialministerin Lisa MacLeod zog in einem Statement kein positives Fazit: "Ein Forschungsprojekt, das weniger als 4.000 Menschen hilft, ist keine Lösung und gibt fast zwei Millionen Ontariern, die in einem Kreislauf der Armut gefangen sind, keine Hoffnung." Die Kosten seien zu hoch gewesen. Die "Ontario Coalition Against Poverty" nannte die Entscheidung "eine rücksichtslose Missachtung des Lebens von fast 4.000 Menschen".

Spenden für Kenia

"Give Directly" ist nicht staatlich, sondern eine Non-Profit-Organisation, die in Kenia Menschen mit Geld versorgt. Laut eigenen Angaben wurden seit 2009 mehr als 140 Millionen Dollar an 130.000 in Armut lebende Familien ausgezahlt. Die NGO ortet arme Gemeinschaften und schickt Außendienstmitarbeiter von Tür zu Tür, um Daten zur Armut digital zu erfassen und Empfänger zu registrieren. Nach einer Prüfung erhalten Empfängerhaushalte etwa 1.000 Dollar im Jahr.

Die rund 20 Dollar pro Woche werden nicht nur für Alkohol ausgegeben, beruhigt "Give Directly" auf seiner Website. Die Menschen würden das Geld vielmehr in Medikamente, Kühe, Ziegen und Hühner, Schulgebühren, Wasser, Solarleuchten, Blechdächer, Bewässerung, Motorräder und Firmengründungen investieren. Um Fairness zu gewährleisten, können sich arme Familien nicht für die Zahlungen anmelden. "Give Directly" wählt proaktiv Empfänger aus.

Öl-Dividende in Alaska

Alaska ist kalt und reich an Erdöl. Und genau das "schwarze Gold" beschert den Einwohnern des US-Bundesstaats jedes Jahr eine Finanzspritze. Der 1976 eingerichtete "Alaska Permanent Fund" wird mit 25 % der staatlichen Rohstoffeinnahmen befüllt. 2017 war der Fonds auf über 59 Milliarden Dollar angewachsen. In diesem Jahr erhielt jeder Einwohner 1.100 Dollar ausbezahlt. Die Summe wird in jedem Jahr neu berechnet und schwankt mitunter stark.

Um die Dividende ausbezahlt zu erhalten, muss man zwölf Monate lang in Alaska leben und gedenken, das auch in Zukunft zu tun. In der Regel sind US-Staatsbürger antragsberechtigt, sofern sie nicht im Gefängnis sitzen, aber auch Migranten mit diversen Aufenthaltstiteln erhalten das Geld. Es handelt sich weniger um ein bedingungsloses Gundeinkommen als einen Bonus. Schlimmere Armut kann mitunter zumindest teilweise abgefedert werden.

Schöne Bilder aus der Schweiz, aber kein Grundeinkommen

Die Initiative "Bedingungsloses Grundeinkommen" machte sich in der Schweiz für eine solche Geldleistung stark. Viel Aufsehen erregte eine Aktion auf dem Bundesplatz in Bern am 4. Oktober 2013. Ein Lastwagen kippte eine Ladung von 8 Millionen 5-Rappen-Stücken im Wert von 400.000 Schweizer Franken und mit einem Gewicht von 15 Tonnen auf die Straße. Half aber nichts – das Grundeinkommen wurde in der Schweiz nicht eingeführt. Die Schweizer Bevölkerung lehnte die Volksinitiative an der Urne mit fast 77 Prozent Nein-Stimmen wuchtig ab.

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