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"Xenoblade Chronicles 3" im Test: Gewaltiges Edel-JRPG

Selten zeigt sich ein Spiel so rundum großartig wie "Xenoblade Chronicles 3". Zur Perfektion hätten es nur ein paar Einblendungen weniger sein dürfen.

Rene Findenig
"Xenoblade Chronicles 3" im Test: Das Rollenspiel ist fast perfekt – nur in Kämpfen ist das Spiel von Einblendungen überladen.
"Xenoblade Chronicles 3" im Test: Das Rollenspiel ist fast perfekt – nur in Kämpfen ist das Spiel von Einblendungen überladen.
Nintendo

Die "Xenoblade Chronicles"-Reihe ist für bombastische Rollenspiele mit einem gigantischen Spielumfang und ausufernde Handlungen bekannt. All das hebt das neue "Xeno Chronicles 3" noch einmal an und serviert uns auf der Nintendo Switch nicht nur das bisher beste Spiel der Reihe, sondern vielleicht auch des Jahres. Das einzige Manko im Test wollen wir gleich an den Beginn setzen, denn der Rest spielt sich einfach fantastisch. Der Perfektion im Weg stehen nur die teils vollkommen von Einblendungen und Statuswerten überladenen Bildschirme in den Kämpfen. Das mag man aber verschmerzen.

Im Vorteil ist, wer die beiden Vorgänger des Spiels kennt, denn der dritte Teil knüpft an die Geschehnisse aus "Xenoblade Chronicles" aus dem Jahr 2010 und "Xenoblade Chronicles 2" aus dem Jahr 2017 an. Der dritte Teil spiel sich in der Welt Aionios ab, in der die Bürger im Alter von zehn Jahren geboren werden und dann maximal zehn Jahre ein Kampfleben im Krieg zwischen den Nationen Agnus und Keeves führen dürfen, bevor sie der Tod erwartet. Die jeweiligen "Lebensenergien" der Kämpfer werden von den Armeen dabei aufgesaugt und der tobende Krieg treibt die "Flammenuhren" der Nationen an.

Ab jetzt wird es richtig episch

Waren bisherige Handlungsbögen schon gigantisch, wird es mit "Xenoblade Chronicles 3" jetzt richtig episch. Gestartet wird damit, dass je drei der Haupt-Charaktere der zwei Nationen inklusive der zwei Protagonisten am Schlachtfeld aufeinandertreffen und damit Geschehnisse auslösen, die sie an allem bisher Gelernten zweifeln lassen. Das zarte Band des Friedens zwischen den sechs Beteiligten ist aber zum Zerreißen gespannt, denn nicht nur misstrauen sie sich gegenseitig gewaltig, auch werden sie jetzt nicht nur von der feindlichen Kriegs-Fraktion, sondern auch von der eigenen Nation gejagt.

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    "Xenoblade Chronicles 3" im Test: Hier sind man das einzige Manko des Games, die teils vollkommen überladenen Anzeigen innerhalb der Kämpfe.
    "Xenoblade Chronicles 3" im Test: Hier sind man das einzige Manko des Games, die teils vollkommen überladenen Anzeigen innerhalb der Kämpfe.
    Nintendo

    Generelle Prinzipien der Vorgänger wurden beibehalten. So dürfen Zocker zwar eine riesige Spielwelt erkunden, die optisch unglaublich abwechslungsreichen Gebiete sind aber jeweils in kleinere Regionen aufgeteilt, damit die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt. Außerdem können viele Städte und Dörfer, die in den Vorgänger-Games eine wichtige Rolle gespielt haben, in Teil 3 wiederentdeckt werden. Weil die Welt gar so riesig ist, sind verschiedene Schnellreisepunkte in Aionios verteilt, damit das Hin- und Herwandern nicht zu viel Zeit frisst. Erkundungen liefern zudem Erfahrungspunkte für mehr Motivation.

    Alles kann und fast nichts muss erledigt werden

    Die Welt motiviert aber auch ganz allein dazu, jeden Winkel und jedes Gebiet eingehend unter die Lupe zu nehmen. Noch mehr als zuvor ist die Spielwelt vollgestopft mit den verschiedensten, auch einzigartigen Monstern und Kriegern, Materialien und Items, Geheimnissen und Nebenmissionen. Mehr ist zwar nicht immer besser, hier aber schon: Statt alles abarbeiten zu müssen, bedient sich "Xenoblade Chronicles 3" der Mechanik von "Elden Ring" – wer will, kann alles bekämpfen, erforschen und erkunden; wer nicht will, kommt aber auch ohne viel Grind gut durch die Hauptmissionen bis ans Ende des Titels.

    Immer wieder lassen sich auch Mini-Management-Funktionen freischalten, die beinahe etwas Simulations-Feeling aufkommen lassen. Etwa, wenn man uralte Kampfmaschinen-Wracks restauriert, wieder in Betrieb nimmt und durch sie Items freigeschaltet werden. Klasse für alle, die nach bestimmten Materialien Ausschau halten: Nähert man sich den Leuchtpunkten, die auf Items hinweisen, wird auch gleich eine Item-Kategorie ausgespuckt. So streift man nicht mehr blind alles ein, wenn man auf der Suche nach Ressourcen ist. Wer unnütze Items sammelt, freut sich zudem über den Autoverkauf.

    Mehr Freiheit und mehr Logik halten Einzug

    Auch die spielerische Freiheit wurde erhöht. Die neuen Kolonien, die fast vollständig die Städte der Vorgänger ersetzen und die gewaltigen Flammenuhren beherbergen, können als Verbündete gewonnen werden, was weitere Sidequests und Items freischaltet. Was auffällt: Unsere Spielhelden sind nicht mehr allwissend, sondern müssen sich logisch informieren. So können sie nicht einfach in Gesprächen bestimmte Sachverhalte ansprechen, um neue Funktionen und Missionen freizuschalten, sondern müssen die notwendigen Geschehnisse erst in der Spielwelt erlebt oder in Gesprächen gehört haben.

    Schön für Neulinge: Zwischen den drei Schwierigkeitsgraden können sie jederzeit im Spielverlauf wechseln, zu leicht oder zu schwer wird das Game dadurch nie. Abwechslung ist dabei alleine schon wegen den sechs Spielfiguren garantiert, die jeweils einer anderen Klasse angehören. Im Kampf darf man sich so mit vielen Experimenten vom klassischen Nah- und Fernkampf bis hin zu Magie, Umgebungseffekten und Unterstützungstätigkeiten freuen. Anfangs fordern und überfordern die Kämpfe jedoch wegen der überbordenden Anzeigen-Einblendungen etwas – schnell findet man aber auch hier Komfort-Funktionen.

    Haut nicht nur rein, sondern sieht auch richtig cool aus

    So dürfen Spieler entweder jeden einzelnen Angriff selbst bestimmen oder sich etwas zurücklehnen und eine Auto-Angriffs-Funktion nutzen. Bei Letzterer hat man aber dennoch etwas zu tun, denn zusätzlich darf man "Techniken" genannte Spezial-Attacken einsetzen, die zu durchschlagenden Ergebnissen wie Kombo-Ketten oder Effekt-Schäden führen. Dabei ist aber auch Grips gefragt, denn manche Techniken funktionieren nur durchschlagend, wenn Vorgaben wie Timinig, Positionierung zum Gegner oder Beschaffenheit der Umgebung stimmen. Bei Bossen ist taktisches Vorgehen im Kampf übrigens Pflicht.

    Je weiter man die eigenen Spielfiguren hochlevelt, umso mehr kann man sie auch individualisieren – also die Klasse und das Outfit wechseln oder neue, noch stärkere "Meistertechniken" erlernen. Richtung Endgame dürfen dann sogar verschiedene Angriffe und Techniken "fusioniert" werden – das haut nicht nur bei Monstern richtig kräftig rein, sondern sieht auch extrem cool aus. Und: Das Team bleibt nicht auf die sechs – im Kampf jederzeit wechselbaren – Figuren begrenzt, sondern kann im Verlauf des Abenteuers auch verschiedene Helden auf einem siebenten Platz aufnehmen, der dann automatisch kämpft.

    Hunderte Spielstunden, viele davon sind die Einlernphase

    Wer noch nie ein "Xenoblade"-Game gezockt hat, wird schnell beeindruckt sein, wie komplex die Mechaniken sind. Das Game bietet Dutzende, wenn nicht Hunderte verschiedene Mechaniken, die ineinander verzahnt sind und sich gegenseitig beeinflussen – von bombastischen Inventar- und Ausrüstungssystemen über auflevelbare Figuren- und Attackenwerte sowie erlernbare "Berufe" und Meisterklassen bis hin zur Fusionierung der Spielfiguren und Angriffsketten. Bietet das Game Spielspaß im Ausmaß von locker 200 Stunden, ist man mindestens 20 damit beschäftigt, die Mechaniken zu lernen.

    Das Spiel versucht aber in allen möglichen Bereichen, Neulinge optional an der Hand zu nehmen. Auch im Dschungel der Haupt- und Nebenmissionen gibt es beispielsweise automatische Wegbeschreibungen zum nächsten Ziel. Neulinge sollten da keine Angst vor der Inhaltsfülle haben, denn sonst würde ihnen eines der besten Rollenspiele überhaupt entgehen. Der Lobgesang hört auch bei der Technik nicht auf: Die Grafik ist überraschend detailreich umgesetzt, die Animationen der Figuren sehen gut aus und der orchestrale Soundtrack mit Neuauflagen bekannter Serien-Lieder ist einfach nur fantastisch.