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Zahnarzt zog aus Geldgier willkürlich 3.900 Zähne

Aus Geldgier ruinierte Zahnarzt Lionel G. das Gebiss von Hunderten Patientinnen und Patienten mit nutzlosen Behandlungen und tötete 3.900 Zähne ab.

Nikolaus Pichler
Er galt als der bestbezahlte Zahnarzt Frankreichs und verdiente bis zu 80’000 Euro im Monat.
Er galt als der bestbezahlte Zahnarzt Frankreichs und verdiente bis zu 80’000 Euro im Monat.
NICOLAS TUCAT / AFP / picturedesk.com

"Schlächter", "Betrüger" riefen seine Patienten, als ihr ehemaliger Zahnarzt in Marseille vor Gericht eintraf. Lionel G. (41) hatte vielen von ihnen das Lächeln von Filmstars versprochen – um ihnen dann so viele Zähne wie möglich zu ziehen oder abzutöten und ihnen teuren Zahnersatz anzudrehen. Ein Gericht in Marseille verurteilte ihn am Donnerstag wegen mutwilliger Körperverletzung und Verstümmelung zu acht Jahren Haft. G. Vater, der mit ihm zusammengearbeitet hatte, wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

2005 hatte G. seine Praxis im Norden von Marseille eröffnet, wo viele Menschen mit geringem Einkommen und nordafrikanischen Wurzeln leben. Er duzte seine Patienten, empfing bis zu 70 am Tag, viele ohne Termin. Fünf Jahre später war er mit einem Monatseinkommen von bis zu 80.000 Euro der bestbezahlte Zahnarzt Frankreichs.

"Gab Plan, um möglichst viele Zähne abzutöten"

Seine Methode: "Nach dem ersten Termin gab es systematisch einen Behandlungsplan, um möglichst viele Zähne abzutöten und zu überkronen", heißt es in einem Expertenbericht. G. hat demnach 28 Mal mehr Zahnersatz abgerechnet als ein durchschnittlicher Zahnarzt. Seine Operationen führte er schnell und nachlässig aus. Viele Patienten klagten anschließend über Entzündungen, Abszesse, Geschwüre, schlecht sitzenden Zahnersatz.

G. Patientin Sarah war 18 und hoffte darauf, wie ein Star zu lächeln. Wenige Wochen später war ihr Mund eine einzige Wunde. "Lionel G.hat mir geraten, mir alle Zähne zu entfernen. Er sagte, ich würde nie mehr Zahnprobleme haben", hatte sie während des Prozesses der Zeitschrift "Closer" berichtet. Und Sarah berichtet: "Ich hatte Mundgeruch, mochte nicht mehr lächeln, ich hatte eine feuchte Aussprache und Schwierigkeiten beim Essen." Sie habe sich nach der Behandlung immer mehr zurückgezogen, weil sie sich schämte. "Mir wurde zu spät klar, dass man sich mit 18 nicht 24 Zähne ziehen lässt."

Mehr als 300 Patienten zogen vor Gericht

Mehr als 300 von G. enttäuschten und wütenden Patienten waren schließlich vor Gericht gezogen. Sein Prothesenhersteller sagte aus, dass G. Brücken bei ihm bestellte, ohne sie vorher anzupassen. "Er hat so viel Geld verdient, dass er sich für unangreifbar hielt", sagte sein ehemaliger Arbeitskollege. G. habe gesagt, dass er sich die besten Anwälte leisten könne und nichts zu befürchten habe.

Nach Aussage seiner Sekretärin schreckte der Zahnarzt auch nicht davor zurück, Röntgenaufnahmen zu manipulieren. Der 41-Jährige rechnete so viele Eingriffe ab, dass sein Arbeitstag bis zu 52 Stunden hätte dauern müssen. Berechnungen der Anklage zufolge tötete G. etwa 3.900 gesunde Zähne ab, im Schnitt elf pro Patient.

"Ich habe ihm vertraut"

"Ich hatte einen Termin, weil mir ein einziger Zahn weh tat", erzählte die 60-jährige Yamina Abdesselem der Nachrichtenagentur AFP. "Er hat mir gesagt, er müsse alle Zähne devitalisieren. Ich habe ihm vertraut. Er hatte eine schöne Praxis, er war so freundlich", erinnert sie sich. Heute lebt sie mit einem schlecht angepassten Gebiss, das nur mit viel Kleber hält. "Warum hat er das bloß getan?", klagt sie.

Vor Gericht hatte G. seine Patienten um Entschuldigung gebeten, dabei aber betont, er habe zu ihrem Wohl handeln wollen. Überzeugen konnte er sie nicht. Als das Urteil verkündet wurde, brach im Gerichtssaal Beifall aus.

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