Szene

Zu Silvester sind wir Hypochonder

Wer erkennt sich nicht ein bisschen darin wieder?

Heute Redaktion
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Bild: Helmut Graf

Hypochonder: Menschen, beharrlich auf der Suche nach etwaigen Krankheitssymptomen, zwanghaft jedes noch so kleine Zeichen des Körpers deutend. Untersuchungen, die keinerlei krankhaften Befund ergeben, bessern den Zustand nicht, im Gegenteil. Heilung ist ausgeschlossen, ja letztlich unerwünscht.

Argan ist so ein "eingebildeter Kranker". Regisseur Fritsch verwandelt Molieres berühmtes Lustspiel (1673) im Burgtheater (nächste Vorstellung zu Silvester) in eine makabre, irrwitzige Achterbahn der Gefühle, voller Ängste, Eitelkeiten, Lügen, Überheblichkeiten und Verwirrungen. Und er lässt unter Röntgenbildern in schrillen Latexkostümen seine Puppen tanzen. Argon, Tochter Cleante und das übrige Personal des Stückes gestikulieren, zucken, hüpfen und vibrieren wie elektrisch aufgeladene Marionetten (zu Cembalotönen.)

Dabei steht Fritsch ein großartiges Schauspielerteam zur Seite. Joachim Meyerhoff überzeugt als ein zwischen Leichtgläubigkeit und Misstrauen hin und her gerissener Zappelphillip. Markus Meyer erweist sich als brillanter Komödiant in der Rolle des Dienstmädchens Toinette.

Argan ist von selbstgefälligen Ärzten umgeben, die in Gestalt geldsaugender Draculas für ihre pseudomedizinischen Ratschläge, für Klistiere und Aderlässe ein Vermögen verrechnen. Schließlich will Argan gar seine Tochter mit einem Arzt verheiraten. Diese ist jedoch in einen anderen verliebt – und trotz aller Widrigkeiten findet die Komödie ihr Happy End.

Auch wenn Fritschs Inszenierung manchmal an jenen Witz erinnert, in dem dem Arzt mitgeteilt wird, dass der Hypochonder gestorben sei, worauf er erwidert: Jetzt übertreibt er aber wirklich!, bietet sie uns ein frisches Theaterspektakel voller Tempo und Spielwitz mit herzhaft deftigen Wortspielen. Hoch lebe die Kunst.