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Kinder wie Mafia – Lehrerin verklagt ganze Schulklasse

Eine Lehrerin in Italien wurde während des Unterrichts mit einer Luftpistole beschossen. Weil die Schüler stur schweigen, geht der Fall vor Gericht.

Maria Cristina Finatti wurde am 11. Oktober 2022 mit Gummikugeln beschossen. Seither schweigt die ganze Klasse. Nun wandte sich Finatti an ein Jugendgericht.
Maria Cristina Finatti wurde am 11. Oktober 2022 mit Gummikugeln beschossen. Seither schweigt die ganze Klasse. Nun wandte sich Finatti an ein Jugendgericht.
20 Minuten

Maria Cristina Finatti aus der Stadt Rovigo in der norditalienischen Region Venetien geht rechtlich gegen eine ganze Schulklasse vor. Die Frau war vergangenen Oktober im Klassenzimmer von Schülern mit einer Luftpistole beschossen und dabei gefilmt worden. Die Aufnahmen gingen auf Tiktok viral – doch bis heute hat sich der Verantwortliche nicht gemeldet. "Nur einer der 24 Schüler hat sich bei mir entschuldigt", sagt sie. Nun reicht Finatti bei einem italienischen Jugendgericht eine Klage wegen Verletzung, Beleidigung, Verleumdung und Verfolgungshandlungen ein.

Was passiert ist, habe sie sehr traumatisiert, sagt die Biologie-Lehrerin der technischen Sekundarschule Viola-Marchesini zu "Corriere della Sera". An jenem Tag habe sie wie immer ihre Schüler gebeten, die Handys wegzulegen. "Sie sagten, sie hätten das getan, dabei waren alle Geräte eingeschaltet und bereit, die Szene zu filmen." Da fielen schon die ersten Schüsse, eine der Gummikugeln traf Finatti am Kopf. "Ich sprang auf, um die Waffe zu beschlagnahmen. Ich verlangte eine Erklärung. Währenddessen stellte einer von ihnen bereits das Video online."

"Sie haben einen Pakt geschlossen"

Zum Ende des Unterrichts schossen die Schüler erneut. "Eine zweite Gummikugel traf mich. Aber niemand stand auf, um sich von der Aktion zu distanzieren." Einer der Schüler habe leise einem anderen gesagt: "Was hast du getan? Du hättest nicht schießen sollen", hörte die Pädagogin. Die anderen beschimpften ihn. "Der Schüler setzte sich und sagte kein Wort. Ich bin weinend aus dem Schulzimmer gegangen."

Es seien inzwischen drei Monate seit dem Vorfall vergangen und in der Klasse herrsche ein Klima der Omertà, sagt Finatti. Die Omertà bezeichnet im engeren Sinne die Schweigepflicht der Mitglieder der Mafia und ähnlicher krimineller Organisationen gegenüber Außenstehenden. "Die Schüler haben einen Pakt geschlossen, nichts zu sagen, sie verraten den Schuldigen nicht."

"Bin nicht die Einzige"

Auch die Eltern stellen sich hinter ihre Kinder, als sei im Klassenzimmer nichts vorgefallen. "Als ob das, was in der Schule passiert, nichts mit ihrem täglichen Leben zu tun hätte", sagt Finatti empört. "Ich habe nur von einem Elternteil eine Entschuldigung erhalten. Wo sind die anderen? Sie sollten unsere Verbündeten sein, stattdessen sind sie ganz auf der Seite ihrer Kinder."

Solidarität erhält Maria Cristina Finatti einzig von ihren Arbeitskollegen. "Sie erzählten mir von ihren Erfahrungen mit unhöflichen Schülern. Was mir passiert ist, ist echt schlimm, aber ich bin nicht die Einzige."

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