Österreich

Häftling fiel ins Koma, soll dafür nun 18.227 € zahlen

Während er mit einer Gehirnhautentzündung im Spital lag, wurde ein Gefangener enthaftet. Weil er dadurch die Versicherung verlor, soll er nun blechen.

19.09.2021, 15:47
Teilen
Der Anwalt Philipp Tschernitz kämpft jetzt für einen schwer erkrankten Häftling.
picturedesk.com, privat

Eine horrende Rechnung wurde nun einem Kärntner Häftling präsentiert, nachdem er zwei Monate im Klinikum Klagenfurt gelegen war. Der wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung verurteilte 21-Jährige erkrankte im Sommer an einer Gehirnhautentzündung. "Sein Zustand war sehr schlecht. Er konnte nicht gehen und kaum sprechen", so Anwalt Philipp Tschernitz. 

Zwischenzeitlich war sein Mandant völlig weggetreten, fiel sogar ins Koma. Der Gefangene wurde daher exakt einen Monat nach seiner Einlieferung ins Spital für haftunfähig erklärt und enthaftet.

Die teuere Rechnung: 18.000 Euro

Die fatale Folge dieser Entscheidung: Der 21-Jährige, der zuvor über die Justiz versichert war, stand plötzlich ohne Versicherungsschutz da – und bleibt jetzt auf 18.227 Euro Behandlungskosten sitzen! Für Tschernitz eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. "Man kann doch nicht jemanden enthaften, der nicht in der Lage ist, sich zu versichern, und sagen schau, dass du weiterkommst", so der Jurist.

"Man kann doch nicht jemanden enthaften, der nicht in der Lage ist, sich zu versichern, und sagen schau, dass du weiterkommst"

Auch AMS will nicht zahlen

Er sieht eine Gesetzeslücke, denn normalerweise können sich Ex-Häftlinge über das AMS versichern. Dazu müssen sie allerdings gesund sein. "Das AMS fühlt sich hier unzuständig, weil jemand im Krankenstand nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht", sagt Tschernitz. Auch ÖGK und Justiz würden abblocken und erklärten, in dem Fall keine Handhabe zu haben.

Der Rechtsvertreter führt nun weitere Gespräche und bemüht sich um eine Kulanzlösung. Gelingt diese nicht, seien auch Rechtsmittel denkbar. Man müsse sich etwa überlegen, ob die Justiz mit der plötzlichen Enthaftung nicht eine Sorgfaltspflicht verletzt habe: "Man hätte meinen Mandanten zumindest beraten müssen."

    30.04.2024: Angelina (15) totgefahren – keine Strafe für Lenker. Ein 55-Jähriger fuhr Angelina (15) mit dem Auto nieder, sie starb. Trotz Medikamenten-Überdosis wurden die Ermittlungen eingestellt. Die ganze Story hier >>>
    Sabine Hertel, Google Maps, zVg