Politik

So sieht Zukunft des Bundesheers aus

14.09.2021, 16:05
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Nachdem sich Österreich für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildientes als Alternative entschieden hat, können die Weichen für die Zukunft unseres Heeres gestellt werden. Die Konsequenzen der Volks-Entscheidung! Indes wird der Ruf laut, das "Zilk-Konzept" umzusetzen.

Nachdem sich Österreich müssen nun die Weichen für die Zukunft unseres Heeres gestellt werden. So will die ÖVP nun vorgehen. Indes wird der Ruf laut, das "Zilk-Konzept" umzusetzen. Die ÖVP will eine Attraktivierung der Wehrpflicht flott angehen. Details für ihr Reformkonzept blieb die Volkspartei vorerst schuldig. Das vom Vorstand einstimmig beschlossene 12-Punkte-Forderungspapier werde zunächst nur dem Koalitionspartner übermittelt, erklärte Parteichef Michael Spindelegger. "Wir wollen einen Wehrdienst ohne Leerlauf und werden unsere Reformvorschläge so rasch wie möglich mit der SPÖ verhandeln und zu einem Abschluss bringen", sagte Spindelegger Montagmittag nach einer ÖVP-Sitzung. Keine Leerläufe mehr. "Ab Herbst darf es keinen einzigen Präsenzdiener mit Leerlauf mehr geben", erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) nach einer Sitzung des ÖVP-Vorstands Montagmittag. Nicht mehr Gled. Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) soll für die Reform nicht mehr Geld in die Hand bekommen wird: "Wer nach mehr Geld ruft, hat den Sinn von Reformen nicht verstanden." Der Verteidigungsminister werde mit den Mitteln, die vorhanden seien, "das Auskommen finden müssen." Keine Kräfte von außen. Dem Argument, dass Systemerhalter durch Kräfte von außerhalb ersetzt werden müssten, wenn die Grundwehrdiener nun eine mehr erlebnis-orientierte Ausbildung erhalten sollen, kann Spindelegger nichts abgewinnen. Denn es sei ja immer die Rede davon, dass die Präsenzdiener derzeit zu wenig zu tun hätten. Wenn dem so sei, müssten diese Positionen dann ja auch nicht von außerhalb nachbesetzt werden. Sehr wohl weiter tätig sein könnten Soldaten als Köche, Kfz-Mechaniker oder in der EDV, vor allem, wenn sie einschlägige Vorkenntnisse mitbrächten. Talente-Check. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner pochte neuerlich auf einen "Talente-Check" im Rahmen der Stellung, durch den Präsenzdiener optimal eingesetzt werden sollten. Schwerpunktthemen. Zudem wird auf die Themenfelder Erste Hilfe, ABC-Grundschulung, Staatsbürgerkunde sowie Gesundheit/Sport/Ernährung gesetzt. Spezialausbildung für Katastrophenschützer. Vage blieb Spindelegger, was die ursprünglich von der ÖVP forcierte Spezialausbildung für Katastrophenschützer angeht. Dies werde ein Thema sein, er bitte aber um Verständnis dafür, dass man die eigenen Vorschläge zunächst dem Koalitionspartner übermitteln wolle. Zeitplan. Den Frühling will der VP-Chef jedenfalls schon dazu nützen, die Reform fertigzustellen, damit sie bereits im Herbst Wirkung entfalten kann. Für eine entsprechende koalitionäre Arbeitsgruppe hat Spindelegger neben Mikl-Leitner Klubobmann Karlheinz Kopf nominiert. Zivildienst. Als mögliche Weiterentwicklung kann sich die Innenministerin vorstellen, auch Frauen den Zugang zum Zivildienst ermöglichen. Zudem soll die ohnehin schon hohe Quote von 80 Prozent, was die Zuteilung zu einer Wunschstelle angeht, noch weiter erhöht werden. Während des Zivildiensts erworbene Kompetenzen sollen im weiteren Berufsleben anerkannt werden. Ruf nach "Zilk-Reform" Unterdessen ist ein fast ein Jahrzehnt altes Konzept der Bundesheer-Reformkommission unter dem verstorbenen SPÖ-Urgestein Zilk in aller Munde. So kann sich etwa ÖVP-Innenministerin Mikl-Leitner das „Zilk-Papier“ als Basis für Verhandlungen mit der SPÖ vorstellen. 2004 hatte die Reformkommission unter der Leitung von Zilk ihre Arbeit beendet und ein rund 190 Seiten umfassendes Reformkonzept unter dem Titel „ÖBH 2010“ vorgelegt. Der Bericht schlug auch vor, dass ein Umstieg auf ein Berufsheer zumindest möglich sein sollte. Die Reformvorschläge der Zilk-Kommission wurden im Kern jedoch nicht umgesetzt, weil der politische Wille und das notwendige Geld dafür fehlten. Die unvollendete „Bundesheerreform 2010“ hatte zwei zentrale Ziele: mehr Berufssoldaten zur Truppe verlagern und den Grundwehrdienst so attraktiv machen, dass es mehr Freiwillige gibt und damit die Professionalisierung des Heeres auf einer weiteren Ebene vorangetrieben wird. Reform steht an Das Heeresbudget beträgt derzeit zwei Mrd. Euro. Der Zivildienst kostet 142 Mio. Euro. Die ÖVP will künftig weniger Rekruten als Systemerhalter eingesetzt sehen. Das sieht auch die SPÖ so. Fest steht, dass es Verbesserungsbedarf bei der Rekrutenausbildung gibt, aber auch bei der Kosteneffizienz. Darabos-Regierungsvorlage Schon für den Dienstag-Ministerrat plant Minister Norbert Darabos eine Regierungsvorlage. Parallel arbeitet sein Kabinett an einer Weisung zur Bildung einer Reformgruppe im Ressort. Zudem will Darabos die Parlamentsparteien zu Gesprächen einladen. Umgesetzt werden soll die Reform bis Ende der Legislaturperiode im Herbst. Darabos betonte jedoch, dass es dazu zusätzlich an Mittel bedürfe. Ob er dafür grünes Licht bekommt, ist fraglich, denn Finanzministerin Maria Fekter hatte dies zuvor abgelehnt. Darabos setzt nun auf weitere Verhandlungen mit seiner Regierungskollegin und der ÖVP, die ihrerseits am Montag eine Reform ankündigte. Um den Bedarf zu beziffern, müsse man aber erst konkrete Reformvorschläge erarbeiten und berechnen. Seite 2: Wie das SPÖ-Modell aussah Das von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) errechnete Modell sah ein "Profiheer mit starker Milizkomponente" vor. Dieses würde 8.500 Berufssoldaten, 7.000 Zeitsoldaten, 9.300 Profi-Milizsoldaten, 6.500 Zivilbedienstete sowie 23.000 beorderte Milizsoldaten (für Worst-Case-Szenarien) umfassen. Die wesentlichen Änderungen zum jetzigen System wäre eine geringere Zahl an Soldaten und der Plan, dass für Katastropheneinsätze hauptsächlich Milizsoldaten vorgesehen sind. Derzeit stellen diese mehr als die Hälfte der Auslandskontingente, das sollen im Berufsheer Zeitsoldaten machen. Die Zeitsoldaten sollen zum Teil auch die Rekruten bei Katastropheneinsätzen ersetzen. Im bestehenden System werden Einsätze zu zwei Dritteln von Grundwehrdienern und zu einem Drittel von Berufssoldaten bewältigt. 8.000 im Sozialjahr statt 13.000 Zivildiener Die 13.000 Zivildiener sollen durch 8.000 Freiwillige im Sozialjahr ersetzt werden. Die Kosten für dieses werden mit 211 Mio. Euro beziffert, das sind um rund 70 Mio. Euro mehr als der Zivildienst. Für das Sozialjahr und das Berufsheer braucht man in Summe 10.000 Freiwillige pro Jahr. Um diese zu bekommen, ist eine entsprechend große Zahl an Interessenten nötig, denn es wird nicht jeder geeignet sein. Die deutsche Bundeswehr etwa nimmt nur jeden zweiten oder jeden dritten Bewerber. Wenn das auch für das Sozialjahr gilt - das Sozialministerium hat dazu keine Angaben gemacht -, braucht man in Österreich für beide Systeme 20.000 bis 30.000 Bewerber pro Jahr. Derzeit stehen jährlich rund 36.000 taugliche 18-Jährige für die Wehrpflicht und den Zivildienst zur Verfügung. Grüne: Für Berufsheer und Verschlankung Die Grünen empfahlen offiziell, bei der Bundesheer-Volksbefragung für die Abschaffung der Wehrpflicht zu stimmen und stellten sich damit auf die Seite der SPÖ. Nach der erfolgten Abschaffung empfehlen die Grünen eine Reform auf Basis des Beschlusses der Bundesheer-Reformkommission - die in ihrem Abschlussbericht Friedensaufgaben und Assistenzleistungen vorsieht. Es liege schlicht "keine konventionelle Bedrohung" des Staatsgebietes vor, meinen die Grünen. Auf sehr vagem Unterbau steht der Modellvorschlag der Grünen, der eine Armee mit lediglich 5.000 Soldaten vorsieht. BZÖ und TS für Berufs- bzw. Freiwilligenheer Das BZÖ rief offiziell zum Boykott der Wehrpflichtvolksbefragung auf. Die Partei wirft SPÖ und ÖVP Missbrauch des Instruments der direkten Demokratie vor. Verwiesen wurde in Aussendungen stets auf eine Aussage von Ex-SPÖ-Finanzminister und Initiator des Pro-Berufsheer-Komitees Unser Heer, Hannes Androsch: "Problem der Befragung ist, dass die Österreicher die Katze im Sack kaufen sollen." Über den Boykottvorschlag hinaus tritt die Partei für eine "Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht" und zur "Schaffung eines professionellen Berufsheers mit Freiwilligenmiliz" ein. Grundsätzlich trat das Team Stronach (TS) für ein Freiwilligenheer mit einer "gut ausgestatteten Milizkomponente" ein. Kritisiert wurde allerdings die mangelnde Vorbereitung der Volksbefragung bzw. genaue Vorschläge der Parteien, was die Finanzierung sowie den Umgang mit Krisenszenarien - etwa beim Katastrophenschutz - betrifft.