Politik

Stimmung bei Maßnahmen-Gegnern "deutlich radikalisiert"

Nach einer sehr fordernden Woche und vielen Überstunden, waren am Samstag 1.400 Polizisten bei der Demo im Einsatz. Nehammer zieht nun Bilanz.

21.11.2021, 11:30
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1.300 Polizisten waren am Samstag im Einsatz.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Etwa 40.000 Teilnehmer strömten am Samstag aus ganz Österreich zur Corona-Großdemo nach Wien. Sogar Maßnahmengegner aus Deutschland und Italien reisten an, um gegen den ab morgen in Kraft tretenden Lockdown und die für Februar angekündigte Impfpflicht zu demonstrieren. Auch am Sonntag soll es weitere Corona-Demos in der Bundeshauptstadt geben:

 Alle Infos dazu in unserem Live-Ticker: Corona-Demo wird auch am Sonntag Wien lahmlegen

1.400 Polizisten waren am Samstag im Einsatz und versuchten Ausschreitungen, die sich im Vorhinein abzeichneten, zu verhindern. In einem ersten Tweet zur gestrigen Lage berichtete die LPD Wien: "Die Stimmung war auf Seiten einiger Demonstrationsgruppen aufgeheizt und es kam immer wieder zu Störaktionen. Im Bereich des Burgtors musste die Polizei gegen aggressive Aktivisten und Aktivistinnen Pfefferspray einsetzen."

Mehrere Personen seien festgenommen worden. Eine genau Zahl der Festgenommenen konnte vorab noch nicht genannt werden. Darüber informierten am Sonntag dann aber Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Landespolizeivizepräsident Franz Eigner. Im Rahmen einer Pressekonferenz zogen sie Bilanz und sprachen über die gestrigen Ereignisse.

Fordernde Woche

Bevor der Innenminister aber zur Demo zu sprechen kam, reflektierte er über die vergangene Woche. Er verwies darauf, dass die Beamten eine "der forderndsten Wochen wegen der Kontrollen der 2G-Regel" hinter sich haben. 150.000 Kontrollen in ganz Österreich habe es im Laufe der letzten Tage gegeben. 

Es sei eine "große Unterstützung" von denen, die sich an die Corona-Maßnahmen halten, zu bemerken. Andererseits habe sich aber insbesondere die Stimmung bei Gegnern der Corona-Maßnahmen "deutlich radikalisiert". Dies zeigt unter anderem ein Beispiel aus Oberösterreich, als zwei Personen ein Polizeiauto verbrannt haben. Doch damit nicht genug: In einer Einvernahme gestanden die Täter, dass sie auch die Beamten anzünden wollten, weil sie sie im Rahmen der 2G-Kontrollen aufgehalten und kontrolliert hatten.

 Es handele sich um ein "Ausmaß an Radikalisierung, das auf kleinste Weise tolerierbar ist".

Rechtsextreme Szene

Wie gefährlich die Einstellung mancher ist, zeigen auch Morddrohungen gegen Bundeskanzler Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Mückstein (Grüne). 

Bei der Corona-Großdemo am Samstag waren viele "Neonazis, Vertreter der neuen Rechtsextremen Szene" und andere Gegner dabei. Es habe zu Vergleichen der Maßnahmen mit den "Gräueln der Nazizeit" gegeben. "Das ist inakzeptabel", so Nehammer echauffiert.

So sei etwa der Kanzler mit dem KZ-Arzt Josef Mengele verglichen worden. Allerdings habe es sich hier nur um eine Minderheit während der Demonstration gehandelt, erklärt der Innenminister.

Landespolizeivizepräsident Franz Eigner und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com
Aufrufe zur Gewalt

Auch der Landespolizeivizepräsident Franz Eigner zog Bilanz. Wie auch Nehammer schildert er, dass das Versammlungsrecht ist in der Verfassung geregelt, die Polizei jenen nicht verbieten könne. Die Polizei kann bei Demonstrationen wie am Samstag nur einschreiten, wenn es etwa zu Gefährdung anderer kommt.

Mehr als 25 Versammlungsanzeigen seien für die Demonstrationen am Samstag eingegangen. Jede Anzeige werde akribisch geprüft, fünf wurden untersagt. Im Vorfeld der Demonstration habe es "massive Gewaltaufrufe" gegeben, weshalb die Polizei schon in höchster Alarmbereitschaft war. Man habe gewusst, dass sie deeskalierend einschreiten müsse. Sonst hätte die Situation relativ rasch entgleiten können.

Keine Gewaltexzesse, aber..

1.400 Polizisten waren insgesamt im Dienst, auch nach dieser mehr als anstrengenden Woche für die Einsatzkräfte. Derzeit gibt es nämlich "Überstunden ohne Ende", sagt Eigner. Das Motto der Beamten sei gewesen zu deeskalieren, dort durchzugreifen, wo es notwendig ist und auf Dialog zu setzen. 

Grundsätzlich sei die Demo friedlich verlaufen, allerdings habe es vereinzelt Ausschreitungen gegeben. Bei Anzeigen hätten die Beamten beispielsweise festgestellt, dass die Stimmung "kurz vor dem Kippen" gewesen sei, weshalb sie sich dann entschlossen, sich zurückzuziehen. So sei der Nachmittag und späte Abend "gut über die Bühne" gegangen. 

Angriffe auf Beamte

Besonders aggressiv seien jene Demo-Teilnehmer vorgegangen, die Gewalt gegen Beamte eingesetzt haben. Polizisten seien mit unbekannter Flüssigkeit bespritzt worden. Auch habe jemand versucht, einem Beamten seine Waffe zu entreißen. Ein Demonstrant habe sogar einen Laser verwendet, um einen Hubschrauberpilot zu blenden. Er habe einen Laser der Klasse drei eingesetzt, was "wirklich gefährlich" sei.

 Insgesamt habe es am Samstag 400 Anzeigen gegeben, 36 davon seien Strafrechtsanzeigen, wobei 12 davon wegen des Verbotsgesetzes durchgeführt wurden.

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    Sabine Hertel, Google Maps, zVg