Österreich

Landwirtschaftskammer macht gegen Billa-Boxen mobil

Der Landwirtschaftskammer sind die "Billa Regional-Boxen" ein Dorn im Auge. Sie sieht die bäuerlichen Direktvermarkter vom Handelsriesen gefährdet.

Jochen Dobnik
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Die ersten vier "Regional Boxen" wurden am 1. April in den Kärntner Gemeinden Baldramsdorf (Bild), Dellach, Flattach und Mörtschach in Betrieb genommen.
Die ersten vier "Regional Boxen" wurden am 1. April in den Kärntner Gemeinden Baldramsdorf (Bild), Dellach, Flattach und Mörtschach in Betrieb genommen.
BILLA / Patrick Sommeregger-Baurecht

Die Kärntner und steirische Landwirtschaftskammer sehen die angekündigte Ausbauwelle von Selbstbedienungsboxen des Rewe-Konzerns, die "Billa-Regionalbox", kritisch. Sie appellieren in einem offenen Brief an die Bürgermeister, bäuerlichen Vermarktern bei der Errichtung von Selbstbedienungsläden den Vorzug zu geben. Die Boxen des Lebensmittelkonzerns würden eine "massive Konkurrenz" für Landwirte darstellen.

Kammer-Brief an die Bürgermeister

"Die heimischen Bäuerinnen und Bauern haben während der Corona-Pandemie aus der Not heraus - um die Bevölkerung sicher und kontaktlos mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen - die kleinen Selbstbedienungsläden erfunden. Es ist nicht einzusehen, dass diese Innovation und dieses mittlerweile sehr beliebte Nahversorgungsmodell von potenten Handelskonzernen kopiert und damit letztlich gefährdet wird", zeigt sich der Präsident der steirischen Landwirtschaftskammer Franz Titschenbacher besorgt.

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    v.l.: (vorne) Sebastian Schuschnig (Landesrat), Kurt Aschbacher (BILLA Vertriebsdirektor) und Friedrich Paulitsch (Bürgermeister Baldramsdorf) sowie (hinten) Patrick Kleinfercher und Christoph Raunig (Gründer myAcker) bei der feierlichen Eröffnung des neuen BILLA Regional Box Standortes in Baldramsdorf.
    v.l.: (vorne) Sebastian Schuschnig (Landesrat), Kurt Aschbacher (BILLA Vertriebsdirektor) und Friedrich Paulitsch (Bürgermeister Baldramsdorf) sowie (hinten) Patrick Kleinfercher und Christoph Raunig (Gründer myAcker) bei der feierlichen Eröffnung des neuen BILLA Regional Box Standortes in Baldramsdorf.
    BILLA / Patrick Sommeregger-Baurecht

    "Und auch wenn Konzerne regionale Produkte in ihren 'Regional-Boxen' listen, sehen wir durchaus Gefahr, dass mittelfristig die Machtposition der Konzerne dazu verwendet werden könnte, von den bäuerlichen Lieferanten Niedrigpreise abzuverlangen, sie gegeneinander auszuspielen oder das Sortiment nach der Etablierung der Standorte zu Ungunsten der bäuerlichen Betriebe zu verändern", ortet der Kärntner Kammer-Präsident Johann Mößler eine Gefahr für die bäuerlichen Direktvermarkter.

    Noch härterer Preisdruck befürchtet

    "Es ist zu befürchten, dass durch die ohnehin schon überbordende Marktmacht der Handelsriesen der Preisdruck zum Schaden der Bauern zusätzlich verschärft wird, sollten diese auch noch zusätzlich kleine Boxen und Kleinstläden mit Direktvermarktungsprodukten betreiben", erläutert der steirische Kammerdirektor Werner Brugner

    "Durch ihr offensives Zugehen auf die Bürgermeister will die Landwirtschaftskammer mögliche Standorte von Selbstbedienungsläden für die bäuerlichen Direktvermarkter sichern sowie die Wünsche der Bevölkerung nach frischen, saisonalen und ursprünglichen Lebensmitteln mit kurzen Transportwegen direkt von der Landwirtschaft erfüllen. Und es geht darum, dass durch bäuerliche Innovationen die Höfe abgesichert werden können", so Brugner.

    Billa sieht Kritik gelassen

    Der Rewe-Konzern sieht die Debatte entspannter. Man wolle möglichst vielen regionalen Lieferanten eine Bühne bieten, weshalb man mit dem Start-up "myAcker.com" kooperiere, welches schon zuvor in verschiedenen Gemeinden "Ackerboxen" mit regionalen Lebensmitteln (und einer Selbstbedienungs-Kassa wie in Supermärkten) eröffnet hat. 

    Alleine für die vier Kärntner "Billa Regional-Boxen" habe man 43 regionale Bauern bzw. Bäcker gefunden, die von Speck über Milchprodukte und Eier bis zu frischem Gebäck liefern. "Viele von ihnen wären viel zu klein, um für die gesamte Billa-Kette zu liefern, aber so sind sie mit ihren Produkten eben in einer oder vier Boxen vertreten", erklärt myAcker-Gründer Christoph Raunig der "Kleinen Zeitung".

    Bevölkerung will regionale Produkte

    Allein in der Steiermark hat sich die Anzahl der Selbstbedienungshofläden binnen eines Jahres vervierfacht. Die hohe Nachfrage zeigt sich auch in der rollierenden Agrarmarktanalyse vom November 2020, dass regionale Produkte für zwei Drittel der Bevölkerung (67%) im vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen haben.

    Mehr als die Hälfte der Österreicher legt besonderen Wert auf Frische (54%) und auf Produkte direkt vom Bauern (53%). Etwa jedem dritten Österreicher (28%) sind durch die Corona-Pandemie Produkte direkt vom Bauern wichtiger geworden. Brugner abschließend: "Das ist ein klares Votum der Bevölkerung, direkt beim Bauern einkaufen zu wollen."

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