Wien

Protest mit Pflaster und Schoko gegen Lehrerkürzungen

In einem Sonderlandtag protestierten die Wiener Grünen erneut gegen die "Kürzungen" im Pflichtschulbereich. Für die Verlierer gab es Trostpflaster.

Louis Kraft
Teilen
1/3
Gehe zur Galerie
    Mit einem Landtag auf Verlangen machen Bildungssprecherin Julia Malle und Bildungssprecher Felix Stadler (Grüne) die Reform im Pflichtschulbereich erneut zum Thema.
    Mit einem Landtag auf Verlangen machen Bildungssprecherin Julia Malle und Bildungssprecher Felix Stadler (Grüne) die Reform im Pflichtschulbereich erneut zum Thema.
    Grüne Wien

    "Die sogenannte Reform, die der Bildungsstadtrat (Christoph Wiederkehr, Neos, Anm.) kurz vor Schulschluss vorgenommen hat, ist ungerecht, intransparent und hat die Betroffenen völlig vor den Kopf gestoßen", kritisierten die Bildungssprecher der Grünen Wien, Julia Malle und Felix Stadler. Mit einem Sonderlandtag, der heute, Montag, auf Verlangen der Grünen stattfindet, machen sie die "Kürzungen" im Pflichtschulbereich erneut zum Thema.

    Zudem fordern die Grünen die Rücknahme der Reform, denn durch diese hätten viele Schulen nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Stunden verloren. "Viele Schulen mussten erfolgreiche Sozialprojekte über Nacht einstellen, die Planungen für das heurige Schuljahr kübeln, Mehrstufenklassen auflösen und Inklusionsklassen beenden. Manche haben erst zwei Wochen vor Schulschluss erfahren, dass ihre Projekte, in denen jahrelange Arbeit und Herzblut steckt, nicht mehr stattfinden können. Viele Kinder sehen einige ihrer Lehrerinnen und Lehrer nicht wieder und müssen auf Kurse verzichten. Das ist das Ende von vielen pädagogisch innovativen Projekten", betonten Malle und Stadler.

    Süßes für "Gewinner", Trostpflaster für "Verlierer"

    Um die Kritik anschaulich zu machen, verteilten die Wiener Grünen an den Tischen der 100 Landtagsabgeordneten kleine Kartonschachteln. Zur Hälfte waren diese mit Süßigkeiten wie Schokolade oder Zuckerl gefüllt, die andere Hälfte enthielt ein "Trostpflaster" und einen Zettel mit dem Wiederkehr-Zitat "Jetzt gibt es gleich viele Gewinner wie Verlierer" sowie dem Zusatz "Du hast leider verloren".

    Die Wiener Grünen forderten zudem Transparenz bei der Vergabe von Lehrerstunden, eine Qualitätskontrolle sowie die Sicherung von Mehrstufenklassen und autonomer Schulprojekte. 

    Neos und SPÖ wiesen Vorwurf der Kürzungen zurück

    Bettina Emmerling, Klubchefin der Wiener Neos, verteidigte die Reform. Durch sie hätten nun alle Kinder gleiche Bildungsvoraussetzungen, "egal, ob sie in Favoriten, in der Donaustadt oder in Döbling in die Schule gehen". Die Kritik der Grünen beziehe sich auf Einzelfälle, auf Schulen, die bisher mit Ressourcen "überproportional gut bestückt waren". Nun gehe es darum, Schritt für Schritt "ein solides Fundament für ein gerechtes Bildungssystem zu bauen". 

    Emmerling wies den Vorwurf der Stundenkürzung und Streichung von Lehrplanstellen zurück: "das ist und bleibt eine Lüge". Das Gegenteil sei der Fall, es gebe diesen Herbst an den Wiener Schulen so viele Lehrkräfte wie noch nie. Auch Mehrstufenklassen gebe es mehr als vorher. 

    Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) erklärte, dass vor allem Schulen mit großen Klassen und großen Herausforderungen vom neuen Verteilungsschlüssel profitieren würden. Bei der Zuteilung von Stunden würde jetzt auf den konkreten Standort eingegangen. "Anders als von Kritikern behauptet, werden keine Klassen geschlossen oder zusammengelegt werden, auch die Integrationsklassen werden weitergeführt", so die Abgeordnete.

    ÖVP beklagt Lehrermangel, FPÖ zunehmenden "Impfzwang"

    Kein gutes Haar an der Reform ließ auch die ÖVP Wien. Bildungsstadtrat Wiederkehr schaffe keinen adäquaten Rahmen, sondern sorge für immer mehr Chaos, Unmut und Unsicherheit in den Wiener Bildungseinrichtungen, erklärte Landtagsabgeordnete Julia Klika, selbst Lehrerin an einer Wiener Mittelschule. Sie forderte dringend Anreizsysteme, um vor allem dem Lehrermangel in der Stadt entgegen zu wirken.

    FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp schoß sich auf die SPÖ ein und unterstellte ihr "völlige Inkompetenz in der Bildungspolitik". "Zu viele Schüler in den Klassen, Lehrermangel, Kulturkampf in den Brennpunktschulen und eine zu schlechte Bezahlung der Lehrer sind seit Jahren große Probleme im Wiener Bildungsbereich", so Nepp. 

    Zudem kritisierte den "immer größer werdenden Impfdruck". Der Mangel an Lehrkräften würde sich erhöhen, "wenn es nun für Neueinsteiger eine Impfpflicht gibt" – das komme einem Berufsverbot gleich, so Nepp. Die Psyche der Kinder leide massiv unter den Einschränkungen, ihnen seien die Freiräume genommen worden. Sowohl die Bundes- als auch die Wiener Landesregierung habe die Kinder "vollkommen im Stich gelassen". Er forderte einen Stopp der "Angstmache, dem Impfdruck und der damit verbundenen der Spaltung der Gesellschaft".