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"Unsere Tochter verließ das Krankenhaus als Pflegefall"

Durch einen medizinische Fehler wurde Karl Medweds Tochter zum Pflegefall. Um ihre Betreuung zu sichern, will er nun eine Wohngemeinschaft gründen.

Amra Duric
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Karl Medwed mit seiner Tochter Daniela. "Wir gehen jeden Tag spazieren", erzählt er im Gespräch mit <em>"Heute"</em>.
Karl Medwed mit seiner Tochter Daniela. "Wir gehen jeden Tag spazieren", erzählt er im Gespräch mit "Heute".
privat

Wenn Karl Medwed vom Anruf seiner Tochter erzählt, klingt es so, als ob er gestern mit ihr telefoniert hätte. "Es war der 1. Mai. Sie hat angerufen und gemeint: Papa, bitte hol mich. Mir geht's nicht gut und ich will nicht alleine zu Hause sein." Daniela stand kurz vor ihrem 27. Geburtstag und war dabei, ihr Studium in Innsbruck abzuschließen, als sie ein tragischer Schicksalsschlag ereilte.

Mit 41 Grad Fieber wurde Medweds Tochter ins Krankenhaus eingeliefert. "Sie hatte ganz schlechte Blutwerte und musste im Spital bleiben," schildert der Tiroler. Doch nur wenige Stunden vergingen, bis Medweds Telefon erneut klingelte. Der Anruf sollte das Leben der Familie für immer verändern. "Das Spital war dran. Der Arzt meinte, wir sollen sofort kommen. Daniela lag bereits auf der Intensivstation an Maschinen. Es hieß, ihre Lunge sei zusammengefallen und sie würde sterben," berichtet der 68-Jährige.

"Das Spital war dran. Der Arzt meinte, wir sollen sofort kommen. Daniela lag bereits auf der Intensivstation an Maschinen. Es hieß, ihre Lunge sei zusammengefallen und sie würde sterben."

Doch trotz der niederschmetternden Diagnose überlebte Daniela. Eineinhalb Monate verbrachte die Familie tagein, tagaus an ihrer Seite. "Unsere Tochter verließ das Krankenhaus als Pflegefall. Sie ist seither aber zu 100 Prozent gehirngeschädigt und in einem Wachkoma." Auch eine sechs Monate lange Reha konnte den Gesundheitszustand der jungen Frau nicht verbessern.

Dieses Bild von Daniela entstand zu Ostern – nur drei Wochen vor dem Schicksalsschlag.
Dieses Bild von Daniela entstand zu Ostern – nur drei Wochen vor dem Schicksalsschlag.
privat

"Erst nach sechs Jahren konnte Daniela wieder aufstehen"

Der Schicksalsschlag traf die Familie 2004, doch erst sechs Jahre später sollten sie erfahren, was Daniela zugestoßen war.    "Sechs Jahre lang hat die Patientenanwaltschaft urgiert. Mindestens vier Gutachten wurden eingeholt. Es stellte sich heraus, dass Daniela eine Lungenentzündung hatte und in die Speiseröhre statt in die Luftröhre intubiert wurde. Sie hat einige Zeit keinen Sauerstoff in die Lunge bekommen. Man ist außergerichtlich zu dem Schluss gekommen, dass schon etwas passiert ist, aber dass solche Fehler passieren können. Das Krankenhaus hat uns viel Kraft und alles Gute gewünscht."

"Erst nach sechs Jahren konnte Daniela wieder aufstehen. Gehen kann sie bis heute nicht. Auch das Sprechen hat sie gelassen."

Gegen das Spital privatrechtlich vorzugehen war dem 68-Jährigen damals zu riskant. Ihre ganze Kraft steckte die Familie in die 24-Stunden-Betreuung der Tochter. Der Tiroler baute selbst das Haus um und machte es barrierefrei. Danielas jüngere Schwester, eine Ergotherapeutin, machte täglich zwei Stunden Therapie mit ihr. "Erst nach sechs Jahren konnte Daniela wieder aufstehen. Das war für uns ein echtes Highlight. Gehen, sich artikulieren und selbst essen kann sie aber bis heute nicht." 

Tiroler gründete Verein für Angehörige 

Neben ihrer Familie bekommt Daniela Unterstützung von Pflegerinnen und Therapeutinnen. Diese fiel durch den ersten Corona-Lockdown jedoch weg. "Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr hat die Tagesstätte zugemacht und auch die mobile Begleitung sowie die wöchentlichen Therapieeinheiten sind ausgefallen."

Acht Wochen lang betreuten Medwed und seine Frau ihre Tochter 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Eine Herausforderung für die Eltern, die selbst gesundheitlich angeschlagen sind. "Ich hatte einen Herzinfarkt und habe fünf Stents. Auch meine Frau hat ein Herzleiden." 

Um auch andere betroffene Familien zu unterstützen, hat der Tiroler den Verein "Angehörige von Menschen mit Behinderungen" gegründet. Als nächstes will der 68-Jährige eine betreute Wohngemeinschaft ins Leben rufen. "Viele Angehörige mit Betreuungspflichten machen sich Sorgen, wer sich nach ihrem Tod um ihre Kinder kümmert. Ein Altersheim oder die Psychiatrie wären für meine Tochter nicht der richtige Platz. Deshalb will ich eine Wohngemeinschaft aufbauen." 

"Hätten wir vom Spital Geld für die medizinischen Fehler, die bei Daniela gemacht wurden, bekommen, hätte sie das zwar nicht wieder gesund gemacht, aber ihre Zukunft abgesichert."

Derzeit scheitert das Projekt des Tirolers an seinen finanziellen Möglichkeiten. "Einen Ort hätte ich schon gefunden. Die Finanzierung der Betreuung ist eine Herausforderung. Hätten wir vom Spital Geld für die medizinischen Fehler, die bei Daniela gemacht wurden, bekommen, hätte sie das zwar nicht wieder gesund gemacht, aber ihre Zukunft abgesichert."

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