Gesundheit

Erstmals Patient mit krebstötendem Virus geimpft

Im Rahmen einer Studie wird 100 Krebspatienten in den USA und Australien das krebszerstörende Virus "Vaxinia" injiziert. Es soll den Krebs schrumpfen.

Sabine Primes
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Vaxinia ist so konzipiert, dass es Krebszellen infiziert, sich darin vermehrt und sie abtötet, während gesunde Zellen verschont bleiben. (Im Bild: Krebszellen).
Vaxinia ist so konzipiert, dass es Krebszellen infiziert, sich darin vermehrt und sie abtötet, während gesunde Zellen verschont bleiben. (Im Bild: Krebszellen).
Getty Images/iStockphoto

Die bahnbrechenden Forschungsarbeiten eines Teams von US-Ärzten könnten den Durchbruch für eine Krebsheilung bedeuten. Die Wissenschaftler haben dem ersten menschlichen Patienten ein neues krebszerstörendes Virus namens Vaxinia injiziert. Das Medikament hat sich in Tierversuchen bereits als erfolgreich erwiesen, sodass Wissenschaftler und Mediziner große Hoffnungen in die Ergebnisse für Menschen setzen.

Der Krebs schrumpft

Bisher hat sich gezeigt, dass das onkolytische Virus in Tierversuchen Dickdarm-, Lungen-, Brust-, Eierstock- und Bauchspeicheldrüsenkrebstumore zum Schrumpfen bringt. Das Medikament wurde von einem gemeinsamen Team der Krebsforschungsinstitute "Imugene Limited" und "City of Hope" entwickelt. Der Onkologe Dr. Daneng Li von "City of Hope" leitete die bahnbrechende Forschungsarbeit. In einer Erklärung brachte er seine großen Hoffnungen für die klinische Studie zum Ausdruck: "Unsere frühere Forschung hat gezeigt, dass onkolytische Viren das Immunsystem dazu anregen können, auf Krebs zu reagieren und ihn abzutöten und dass sie das Immunsystem dazu anregen können, besser auf andere Immuntherapien, einschließlich Checkpoint-Inhibitoren, zu reagieren", so Dr. Li. Die Immuntherapie ist eine Art der Krebsbehandlung, die die natürlichen Abwehrkräfte des Körpers stärkt, um die mutierten Zellen zu bekämpfen. Dr. Li fügte hinzu: "Jetzt ist es an der Zeit, die Wirksamkeit der Immuntherapie weiter zu verbessern, und wir glauben, dass [Vaxinia] das Potenzial hat, die Ergebnisse für unsere Patienten in ihrem Kampf gegen den Krebs zu verbessern."

Immuncheckpoints sind wichtige Kontrollpunkte des Immunsystems. Checkpoint-Inhibitoren gelten als vergleichsweise neuer Ansatz in der onkologischen Therapie. Sie können nicht nur zu den sogenannten zielgerichteten Medikamenten gerechnet werden, sondern gehören auch zu den immuntherapeutischen Verfahren. Als Antikörper wirken sie nicht gegen Krebszellen direkt. Sie greifen vielmehr in die Steuerung der Immunantwort gegen Tumoren ein, an den sogenannten Immun-Checkpoints: Darunter versteht man mehrere wichtige Schaltstellen im Immunsystem, an denen zelluläre Proteine dafür sorgen, dass eine laufende Immunreaktion auch wieder beendet wird. Besonders wichtig ist diese Kontrolle der Immunreaktion, um eine Autoimmunreaktion zu verhindern, bei der sich T-Lymphozyten langfristig gegen das eigene Gewebe richten würden.
Diese gezielte "Bremse" der Immunreaktion gegen den eigenen Körper kommt allerdings auch manchen Krebszellen zugute. Da sie immer noch viele Merkmale ihres Ursprungsgewebes aufweisen, können sie typische Checkpoints und damit die eigentlich gegen sie gerichteten T-Zellen ausschalten.
Es sind keine "Wunderwaffen": Die Wirkung setzt zumeist erst nach einigen Wochen ein, und nicht jeder Betroffene spricht auf Immun-Checkpoint-Inhibitoren an. Bislang ist unklar, welche Patienten auf eine Therapie ansprechen, und warum die Behandlung bei anderen versagt.

Gesundes Gewebe bleibt erhalten

Das gentechnisch veränderte Virus ist so konzipiert, dass es Krebszellen infiziert, sich darin vermehrt und sie abtötet, während gesunde Zellen verschont bleiben. Immun-Checkpoint-Inhibitoren haben sich bisher bei bestimmten Krebsarten als wirksam erwiesen, aber die Patienten erleiden häufig Rückfälle oder sprechen nicht mehr auf die Behandlung an. Der Hauptentwickler des gentechnisch veränderten Virus bei "City of Hope", Dr. Yuman Fong, erklärte, dass die Misserfolge anderer gängiger Krebstherapien genau das sind, was Vaxinia so wirksam macht. "Interessanterweise sind es dieselben Eigenschaften, die Krebszellen letztlich resistent gegen Chemotherapie oder Bestrahlung machen, die den Erfolg von onkolytischen Viren wie [Vaxinia] verstärken", so Fong. "Wir hoffen, das Versprechen der Virologie und der Immuntherapie für die Behandlung einer Vielzahl tödlicher Krebsarten nutzen zu können."

Studie bis 2025

Die Studie wird an 100 Patienten an etwa 10 Studienzentren in den Vereinigten Staaten und Australien durchgeführt. Um an der Studie teilnehmen zu können, müssen Krebspatienten in den USA und Australien an metastasierten oder fortgeschrittenen soliden Tumoren leiden und mindestens zwei andere Behandlungsarten zur Abtötung der Krebszellen ausprobiert haben. Die Behandlung wird den Patienten entweder als Injektion oder intravenös verabreicht. Die klinischen Versuche sollen bis Anfang 2025 abgeschlossen sein.