Politik

Ministerin lässt Statistik Austria Umfrage streichen

Heute Redaktion
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Die Opposition sieht die Unabhängigkeit der Statistik Austria in Gefahr, weil eine Befragung zur Arbeitszeit-Zufriedenheit kurzfristig vom Sozialministerium abgeblasen wurde.

Das Sozialministerium unter Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ließ laut einem "Standard"-Bericht fünf Zusatzfragen einer von der Statistik Austria durchgeführten Befragung zum Thema Arbeitszeit und Arbeitsorganisation streichen. Dabei sollten die Österreicher Auskunft über Zufriedenheit mit der Arbeitszeit und Überstunden bzw. All-In-Verträge geben.

Die zuständige Bundesministerin hatte die Erhebung jener Fragen als überflüssig erachtet und streichen lassen. Seit September 2018 ist das neue Arbeitszeitgesetz in Kraft, das die Höchstarbeitszeit pro Tag auf zwölf Stunden und pro Woche auf 60 Stunden anhebt.

Aus Kostengründen

Das übergeordnete Thema der jährlichen EU-weiten Mikrozensusumfrage gibt die EU vor. Jeder Staat hat aber die Möglichkeit, zusätzliche Details abfragen zu lassen. Im Vorjahr einigte sich das Sozialministerium auf fünf Zusatzfragen zu Überstundenbezahlung und Arbeitszufriedenheit.

Zwei dieser Fragen lauteten: "Besteht in Ihrem Arbeitsvertrag eine Vereinbarung, dass Überstunden pauschal abgegolten werden, wie z.B. ein All-in-Vertrag oder eine Überstundenpauschale?" und "Passt Ihre Arbeitszeitgestaltung im Allgemeinen sehr gut, ziemlich gut, weniger gut oder gar nicht gut zu Ihren persönlichen Lebensumständen?"
Auch Fragen zur Teilzeit und dazu, wie lange Dienstpläne im Vorhinein bekannt sind, waren enthalten.

Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat diese aber kurzfristig wieder streichen lassen.

Bei der Stichprobenerhebung werden pro Quartal rund 22.500 zufällig ausgewählte Haushalte befragt.

Das Sozialministerium erklärte laut "Standard" in einer Stellungnahme, dass es sich bei der Umfrage um Meinungen, nicht aber um "notwendige Fakten für das BMASGK (Anm.: Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Komsumentenschutz) zum Thema 'Zufriedenheit mit Arbeitswelt'" handle. "Daher und aus dem Grundsatz sparsamer Mittelverwendung wurde von einer Teilnahme abgesehen."

Aufschrei der Opposition

Der Bericht löst erneut eine Debatte um die Unabhängigkeit der Statistik Austria aus. Länger schon werden Vorwürfe laut, wonach die Regierung dem Institut einen "Maulkorb" verpasse.

Die Opposition sieht in der Streichung der Fragen jedenfalls einen weiteren "Beweis für die Regierungsgängelung unabhängiger Institutionen". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda warnte in einer Aussendung am Freitag, dass "die Statistik Austria zunehmend zum Spielball für die ÖVP/FPÖ-Regierung und ihre Message Control" werde.

Als eine Zumutung für die Bevölkerung bezeichnete Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker es, "wenn die Regierung im Detail kontrolliert, welche Zahlen, Daten, Fakten berichtet werden." Die Oppositionspartei kündigte an, eine parlamentarische Anfrage zur politischen Einflussnahme auf die Datenerhebung der Statistik Austria stellen zu wollen.

Kritik: Sparmaßnahmen als Vorwand

Allen voran das Argument, die Detailfragen aus Kostengründen abgeblasen zu haben, bringt die Liste Jetzt in Rage. Denn "bei Kosten von kaum 40.000 Euro" sei das wenig glaubwürdig, wie Sozialsprecherin Daniela Holzinger meint: "Wenn man sieht, wie leichtfertig in türkis-blauen Ministerien Millionen verschleudert werden, ist klar, dass das Kostenargument reine Augenauswischerei ist. Vielmehr geht es darum, sich unbequeme Fragen und noch unbequemere Antworten zu ersparen."

Laut "Standard"-Bericht hätte dem Sozialministerium die Erhebung der zusätzlichen Fragen 40.000 bis 50.000 Euro gekostet. Da die nötigen Vorbereitungsarbeiten allerdings schon erledigt waren, seien auch so zusätzliche Kosten angefallen. Die Statistik Austria ließ auf Nachfrage des ORF ausrichten, dass man den Sachverhalt noch abklären müssen.

Unabhängigkeit in Verfassung verankern

Jüngst wurde der Regierung in Zusammenhang mit einer Umstrukturierung der Statistik Austria vorgeworfen, deren Kommunikation an das Bundeskanzleramt binden zu wollen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dementierte und versicherte, dass die Unabhängigkeit keineswegs in Gefahr sei.

Nach jenen Gerüchten um den Umbau der Statistik Austria richtete deren Direktor Konrad Pesendorfer einen offenen Brief an den Bundeskanzler und forderte darin die Unabhängigkeit verfassungsrechtlich verankern zu lassen.

Amtliche Statistiken

Die Bundesanstalt Statistik Austria (STAT) ist ein selbständiges, nicht gewinnorientiertes Institut, das die Erhebung, Sammlung, Analyse und Veröffentlichung amtlicher Statistiken für Österreich übernimmt. Sie übernimmt auch eine Vermittlungsfunktion beim Zugang zu europäischen Daten und versteht sich als "Lieferant seriös erhobener und mit großer Erfahrung bearbeiteter statistischer Informationen zu sämtlichen Bereichen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft." (ek)

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