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"Ein Sieg für die USA, doch der IS lebt weiter"

Donald Trump preist den Tod des IS-Chefs als Meilenstein im Kampf gegen den Terror. Ganz besiegt sei die Terrormiliz damit aber nicht, so ein Experte.

Heute Redaktion
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Der Kopf der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ist tot, "Heute.at" berichtete. US-Präsident Donald Trump verkündete am Sonntag, Spezialeinheiten hätten Abu Bakr Al-Baghdadi in einer "gefährlichen und riskanten Nachtaktion" aufgespürt. Nachdem sie ihn in einem Tunnel in die Ecke gedrängt hätten, habe er sich und drei Kinder mit einem Sprengsatz getötet.

Terrorismusexperte Alexandre Vautravers vom Global Studies Institute an der Universität Genf bezeichnet die Operation als "Sieg für die USA in einem Moment, wo die Vereinigten Staaten versuchten, ihren Einfluss im Nahen Osten und speziell in Syrien zu behalten".

Al-Baghdadis Tod befeuert Niedergang

Der Islamische Staat sei dadurch aber keineswegs zerstört, er lebe weiter. Der Schlag führe aber aus zwei Gründen zu einer Beschleunigung des Niedergangs der Terrorgruppe: "Einige bewaffnete Gruppen innerhalb des IS haben ihn bereits verlassen und sich anderen Organisationen angeschlossen, allen voran der Al-Kaida", sagt Vautravers zu "20 Minuten". Zudem seien Konflikte bei der Nachfolgeregelung zu erwarten.

Im August war bereits Abdullah Qardash aus Turkmenistan als neuer "Kalif" bestimmt worden. Seine Herkunft könnte laut Vautravers jedoch zu einer weiteren Spaltung des innersten Zirkels des IS führen, weil dessen Ideologie bisher von Al-Baghdadi bestimmt worden war.

IS verfügt weiterhin über Rekrutierungspotential

Der IS habe seit 2016 mit der syrisch-russischen Militäroffensive an Einfluss und an Territorium verloren, sagt Vautravers. "Auch die Finanzierung ist stark geschwächt." Die Organisation verfüge aber weiterhin über bedeutende Kapazitäten, Kämpfer zu rekrutieren und an der syrisch-irakischen Grenze zu mobilisieren, sagt Vautravers. Laut "New York Times" kann der IS in Syrien und im Irak weiterhin auf 18.000 Mitglieder zählen, dazu kommen 3.000 Kämpfer im Ausland.

Es sei auch möglich, dass der IS den Tod Al-Baghdadis mit Anschlägen zu rächen versucht, sagt Vautravers: "Bereits seit 2017 ruft er seine Anhänger dazu auf, auch in Europa und Amerika Anschläge zu verüben, statt nach Syrien zu kommen." Auch Rita Katz von der amerikanischen Organisation SITE Intelligence twitterte: "Der IS könnte aus dem Tod von Al-Baghadi Kapital schlagen, um zu rekrutieren und zu neuen Angriffen aufzurufen."

Selbstmordkult

Dass sich Al-Baghdadi schlussendlich mit einer Sprengstoffweste selber richtete, überrascht Vautravers nicht. "Der IS pflegt einen Kult des Märtyrertums und des Selbstmordattentats. Wer sich in die Luft sprengt, hat den größten Respekt."