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"Ich habe zwei Mal Hofer gewählt, jetzt aber Vdb"

Heute Redaktion
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Bild: privat

"Ich habe bisher immer FPÖ gewählt, im April und Mai Hofer", sagt Michael Sumasgutner (21) zu "Heute". Im Sommer habe er viel gelesen, seine Meinung über die EU geändert: "Wir müssen den Frieden erhalten."

"Ich habe bisher immer FPÖ gewählt, im April und Mai Hofer", sagt Michael Sumasgutner (21) zu "Heute". Im Sommer habe er viel gelesen, seine Meinung über die EU geändert: "Wir müssen den Frieden erhalten."
"Heute" wollte es wissen: Gibt es sie wirklich nicht? Wähler, die vom FP-Kandidaten Norbert Hofer zum Ex-Grünenchef Alexander Van der Bellen wechseln. Und umgekehrt? Wir fragten bei den Kampagnenteams an. Nach zwei Tagen das Ergebnis: Das blaue Team spricht zwar von "rund 20 Personen", die ihren Wechsel zu Hofer per E-Mail bekundet hätten, öffentlich darüber reden, wolle niemand, so ein Sprecher. Selbst die Zusicherung, die Identität geheim zu halten, weder Foto noch den Nachnamen zu veröffentlichen, fruchtet nicht.

Anders beim grünen Team, das ein solches Phänomen bereits parat hat. Es gibt ihn also, den von Hofer zu Van der Bellen wechselnden Wähler. Im "Heute"-Gespräch sagt Michael Sumasgutner (21): "Ich habe zwei Mal Hofer gewählt, jetzt aber Van der Bellen."


„Ich habe bisher immer FPÖ gewählt. Wieso ich jetzt Van der Bellen wähle“ – das erklärt Michael aus Niederösterreich in diesem Video! ?
Posted by on Mittwoch, 30. November 2016


"Bei der FPÖ wird viel geredet, aber es steckt nichts dahinter."

Mehr noch: Die niederösterreichische Landtagswahl und die Nationalratswahlen 2013, die EU-Wahl 2014 – der "konservativ" erzogene Jungwähler habe "immer FPÖ gewählt". Nachdem er im Sommer 2016 sein Trainee-Programm bei McDonalds beendet hatte, sei er in sich gegangen. "Ich habe sechs Tage pro Woche gearbeitet, meine Familie und Freunde selten gesehen. Ich musste einen Schlussstrich ziehen und kündigen." In den folgenden Monaten sei er in sich gegangenen. "Ich habe viel gelesen, recherchiert. Und dann verfestigte sich der Gedanke: Bei der FPÖ wird viel geredet, aber es steckt nichts dahinter."

Dabei ist Michael seit sechs Jahren sogar FPÖ-Mitglied. Die Ortsgruppe Hirtenberg (NÖ) bedankt sich im "Freiheitlichen Gemeindekurier" im Dezember 2010 bei Michael Sumasgutner und einer Kollgin wörtlich: "Mit ihnen als Jugendreferenten der FPÖ Ortsgruppe wächst eine junge und aufstrebende neue Generation an Hoffnungsträgern von uns Freiheitlichen heran." Während der Auseinandersetzung mit der Geschichte Europas im Sommer 2016 habe sich der "Glaube an das Friedensprojekt EU" verfestigt, sagt Michael.

Plakat gab den Ausschlag

Doch ausschlaggebend für seine Entscheidung, das Lager zu wechseln, war die Plakatpräsentation von FP-Kandidat Norbert Hofer: "So wahr mir Gott helfe stand da drauf. Das geht gar nicht. Ich traue Hofer nicht. Staat und Religion gehören getrennt. Und natürlich appelliert die FPÖ damit an Christen. Aber ein Präsident muss für alle im Land vertretenen Gruppen da sein. Zum Beispiel für Juden und Moslems."

Wie kam ein EU-Befürworter, der Muslime in Österreich als Selbstverständlichkeit betrachtet, zur FPÖ? "Das hat zum einen mit dem Freundeskreis zu tun", sagt Michael. "Und wir haben schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht. In Wiener Neustadt sind uns zehn Türken von hinten angehüpft." Das sei nur eines von vielen negativen Erfahrungen.

Heute will der Absolvent einer fünfjährigen Tourismusschule nicht mehr verallgemeinern. Vor etwa zwei Wochen habe er das Team von Van der Bellen angeschrieben, um ein Treffen mit dem Kandidaten gebeten. Bei einem Kaffee im Wahlbüro plauderten die beiden. In einem Facebook-Video wirbt nun der Ex-Blaue ("FPÖ-Mitgliedskarte habe ich noch, aber gezahlt habe ich ewig nicht mehr") für den Ex-Grünenchef. Und nach der Bundespräsidentenwahl – bleibt‘s bei den Grünen? "Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ebenso wie die FPÖ. Ich werde mich wahrscheinlich zwischen ÖVP und SPÖ entscheiden."

Von Erich Nuler