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"Im Gemeindebau zahlen SPÖler jetzt schon mehr"

Heute Redaktion
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Bild: Helmut Graf

Am Samstag stellt sich SP-Chef Michael Häupl der Wiederwahl als Parteivorsitzender - der Bürgermeister im "Heute"-Interview über den Nationalratswahlkampf, zu hohe Mieten, Besserverdiener im Gemeindebau und Wiens Zukunft als Forschungsstadt.

Am Samstag stellt sich SP-Chef Michael Häupl der Wiederwahl als Parteivorsitzender – der Bürgermeister im "Heute"-Interview über den Nationalratswahlkampf, zu hohe Mieten, Besserverdiener im Gemeindebau und Wiens Zukunft als Forschungsstadt.

"Heute": Was ist wichtigstes Thema am Landesparteitag?

Häupl: Der Parteitag steht im Zeichen des Nationalratswahlkampfes. Es geht in erster Linie um Gerechtigkeit, heruntergebrochen auf Arbeitsmarkt, Steuerpolitik, Bildung, Gesundheit. Und um die Aufrechterhaltung von öffentlichen Investitionen, vor allem bei Bildung und Forschung. Wien soll die innovationsreichste Stadt Europas werden.

"Heute": Was bedeutet 'innovationsreichste Stadt'?

Häupl: Das definiert sich durch Patente, die eingereicht werden und durch die Zahl der marktfähigen Produkte. Das beurteilen nicht wir, sondern andere. Wir investieren daher in die Forschung und unterstützen die Universitäten. Für die Zukunft der Stadt sind nicht rauchende Schornsteine, sondern rauchende Köpfe notwendig.

"Heute": Auf dem Parteitag 2011 wurden Sie mit 89,7 Prozent gewählt. Wie viel erwarten Sie heuer?

Häupl: 90 Prozent. Aber im Vordergrund stehen inhaltliche Fragen für die Nationalratswahl.

"Heute": Ein Wahlkampf-Thema wird Wohnen sein.

Häupl: Es ist schon ein riesiger Vorteil, dass in Wien 60 Prozent der Menschen im geförderten Wohnbau leben, wo die Miete unter der Inflationsrate steigt. Diese Wohnungen unterliegen auch nicht dem komplizierten Zuschlagsystem. Denn das und die befristeten Verträge am privaten Wohnugsmarkt machen uns Sorge, und da werden wir am Parteitag Reformanträge beschließen.

"Heute": Anfang der 90er-Jahre baute Wien 10.000 geförderte Neubauwohnungen pro Jahr. Warum jetzt nicht?

Häupl: Ich weise darauf hin, dass wir die Wohnbauförderung ausschließlich für Wohnbau ausgegeben haben. Krisenbedingt ist der private Wohnbau zurück gegtangen, wir haben weiter investiert. Wir werden die Politik fortsetzen, durch ein großes Neubauangebot – 7.000 geförderte Wohnungen  jährlich –  mietpreissenkend für den gesamten Markt zu wirken.

"Heute": Wie sehen Sie die Diskussion Politiker bzw. Gutverdienende im Gemeindebau?

Häupl:  Politiker, die es sich leisten können, und Besserverdiener sollen einen höheren Beitrag leisten.

"Heute": Auch auf Zwang?

Häupl: Da sind wir beim Schnüffeln, das die ÖVP will und das wir ablehnen. Mir ist Freiwilligkeit lieber. In Wien machen das die SP-Politiker seit Jahren. Ab einem gewissen Einkommen zahlen sie in einen Sozialtopf ein. Ich selbst bin nicht betroffen, ich wohne nicht in einem geförderten Wohnbau.

 

"Heute": Zurück zum Parteitag: Sie haben sich festgelegt, unter bestimmten Bedingungen  bei der Gemeinderatswahl 2015 wieder antreten zu wollen. Ist das nicht ein bisschen früh für eine Festlegung?

Häupl: Es gibt jetzt sehr viele Leute, die mich fragen. Wenn ich gesund bin, die Partei mich will und ich die Leute erreiche – dann trete ich wieder an. Das Bürgermeisteramt fordert auch physisch, da muss man topfit sein. Und bevor ÖVP oder FPÖ neue Gerüchte in die Welt setzen: Ich bin gesund und topfit.

 

"Heute": Gehen Ihnen die Grünen manchesmal auf die Nerven?

Häupl: Nein! Man muss aber zur Kenntnis nehmen, dass rot und grün zwei unterschiedliche Parteien sind und wir vom Wähler bei der letzten Wahl ein Mandat zu wenig bekommen haben.

 

"Heute": Und wenn Sie sich die Diskussion über die Mariahilfer Straße ansehen, wo sich keiner mehr auskennt, weil jede Woche was Neues kommt?

Häupl: Wir diskutieren das in aller Ruhe. Da muss auch jeder seine eigenen Erfahrungen machen.

 

"Heute": Wenn jetzt Bundeskanzler Faymann anklopft und Sie um väterlichen Rat fragt: Werden Sie ihm Rotgrün erneut empfehlen?

Häupl: Mein Rat wäre:  Die Wahlen abwarten, dann die Mandate zählen, und dann schauen wir, ob wir uns damit überhaupt beschäftigen müssen. Unser Ziel ist, so viele Stimmen zu bekommen, dass man nicht gegen die Sozialdemokraten regieren kann.

 

"Heute": Bei der Nationalratswahl 2008 erreichte die SPÖ in Wien knapp 35 Prozent. Wie viel müssen es heuer sein?

Häupl: Ich gehe davon aus, dass das in ähnlicher Höhe oder ein bisserl drüber sein wird, dann ist das schon in Ordnung.

 

"Heute": Sozialminister Hundstorfer tritt bei der Nationalratswahl auf Platz 1 der Wiener Liste an. Hat das einen programmatischen Hintergrund?

Häupl: Ich habe Kanzler Faymann auch diesmal Platz 1 angeboten. Er vertritt aber die Auffassung, dass er auf Platz 1 der Bundesliste antritt und auf keiner weiteren Landesliste. Das habe ich zu respektieren, ich kann ja seine Argumente nachvollziehen. Daher habe ich mir überlegt, wen ich meinen Freunden vorschlagen kann, der beides vereint: erfahrener Bundespolitiker und unverkennbar g‘standener Wiener. Daher habe ich Rudolf Hundstorfer für Platz 1 vorgeschlagen und Doris Bures für Platz 2.

 

"Heute": Die Kandidatur der Frau Yilmaz ist auch ein Signal?

Häupl: Yilmaz kandidiert in meinem Heimatbezirk Ottakring, natürlich ist das ein Signal. Sie ist eine lange in Österreich lebende, hervorragend Ottakringer-Dialekt sprechende, g‘standene Sozialdemokratin. Sie ist, wenn man so will, das Integrationsziel.

   

"Heute": Wie zufrieden sind Sie mit der Bundespolitik?

Häupl: Wenn man die niedrigste Arbeitslosenrate in ganz Europa hat, wenn man immer noch ein Wirtschaftswachstum – als eines von zwei Ländern in Europa – vorweisen kann, dann kann die Bundesregierung nicht alles falsch machen. In anderen europäischen Ländern würde eine solche Bundesregierung gefeiert werden. Warum sollte ich also unzufrieden sein?

 

 "Heute": Weil unsere Regierung dafür nicht gefeiert wird...

Häupl: Da wird man sich halt was überlegen müssen, was einem wichtiger ist. Das hat man manchmal in der Stadt auch: Dass wir die niedrigsten Arbeitslosenraten aller europäischen Städte haben, das ist offensichtlich weniger wichtig als die Erregung über das Parkpickerl.

 

 "Heute": Ist der Wähler ungerecht?

Häupl: Nein, er ist nicht ungerecht, aber er sieht das Nächstliegende, und wenn man keine anderen Sorgen hat, verstehe ich das. Wir tun alles, damit die Leute keine anderen Sorgen haben.

Christian Nusser und Peter Lattinger