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"Österreich gilt seit Jahren als großes Schläferland...

Heute Redaktion
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Bild: Sabine Hertel

FP-Chef Strache stellt im Heute-Interview klar: Er will eine härtere Vorgangsweise gegen Islamisten-Krieger und Hassprediger, kein generelles Rauchverbot in Lokalen und eine neue Asylpolitik.

FP-Chef Strache stellt im "Heute"-Interview klar: Er will eine härtere Vorgangsweise gegen Islamisten-Krieger und Hassprediger, kein generelles Rauchverbot in Lokalen und eine neue Asylpolitik.

"Heute": Was soll man tun, wenn Österreicher in den "Heiligen Krieg" ziehen?

Heinz-Christian Strache: "Wenn Menschen sich in den 'Heiligen Krieg' gemeldet haben, darf es keine Rückkehr geben. Die müssen sofort die Staatsbürgerschaft entzogen bekommen. Und wenn es zu Sozialmissbrauch und Asylbetrug gekommen ist, sind sofort die rechtlichen Konsequenzen ziehen. Wir müssen aufpassen, sonst werden wir die Nahostkrise hier erleben."

 

 "Heute“: Sollen die Symbole der IS und anderer Organisationen wie Hamas und Hisbollah verboten werden?

Strache: "Ja. Wenn jemand mit Symbolen herumrennt, die dafür stehen, dass alle umgebracht werden, die nicht in ihre Konzept passen, gehört das verboten. Es kann auch nicht sein, dass Gebetshäuser sozusagen als Dschihad-Moscheen für die Rekrutierung von Terroristen dienen."

 

 "Heute": Das heißt zusperren.

Strache: "Ja, das würde auch für Kirchen gelten, wenn ein Pfarrer aufruft, Ungläubige umzubringen. Wir erleben westliche Staaten, wo die Scharia ausgerufen wird, wir erleben eine Scharia-Polizei in Deutschland: Da muss ein freiheitlich-demokratischer Staat dagegen vorgehen."

 

 "Heute": Sehen Sie in Österreich die Gefahr einer Scharia-Polizei?

Strache: "Ich sehe da eine große Gefahr, weil Österreich seit Jahrzehnten als ein großes Schläferland gilt. Man kann sich frei bewegen und hat nichts zu befürchten."

 

 "Heute": Sie nennen den neuen Finanzminister Hans Jörg Schelling "einen Mann des alten Apparates", vor kurzem hat ihn die FPÖ noch gelobt….

Strache: "Er hat sicherlich eine fachliche Qualifikation. Keine Frage. Dass er ein Mann des alten Apparates ist, liegt auf der Hand. Er war ÖVP-Abgeordneter und Vizepräsident der Wirtschaftskammer. Er hat die Sozialversicherung saniert, aber auf Kosten der Steuerzahler, weil der Nationalrat eine Finanzspritze für die Kassen beschlossen hat. Schelling hat zum Beispiel nicht, was strukturell richtig wäre, die Sozialversicherungen zusammengelegt. Und er ist auch Aufsichtsrat der Volksbank, die ist jetzt mit 200 Millionen Euro im Minus. Es ist zu befürchten, dass die Volksbank auf Kosten der Steuerzahler gerettet werden muss."

 

 "Heute": Braucht das österreichische Schulwesen eine Totalreform? Wie stehen Sie zur Forderung, die 50-Minuten-Einheit in den Schulen abzuschaffen?

Strache: "Das Kernproblem ist, dass es verpflichtende Deutschkurse geben müsste statt nur Betreuung im Kindergarten. Es ist ein Fehler, die Kinder, die nicht Deutsch können, nicht sofort in verpflichtende Deutschkurse zu senden. Wichtig ist, dass es nicht reine Ausländerklassen gibt. Eine ethnische Durchmischung ist gut."

 

"Heute": Also auch keine reinen Österreicher-Klassen?

Strache: "Ja, eine Durchmischung wäre besser. Es soll höchstens 20 bis 30 Prozent Kinder nichtdeutscher Muttersprache in einer Klasse geben. Das sagen wir seit 20 Jahren.

Auch Defizite, weil das gute differenzierte Schulsystem kaputt gemacht wurde, sind ein Problem. Früher hat es ein Gymnasium gegeben, eine HTL, einen B-Zug, eine Sonderschule – unterschiedliche Bereiche, wo auf das Können der Schüler Rücksicht genommen wurde. Jetzt gibt es überall eine Nivellierung nach unten."

 

"Heute": Und das Aus für die starre 50 Minuten-Unterrichtsstunde?

Strache: "Klar kann man das diskutieren. Unsere Kinder müssen von den starren Strukturen befreit werden."

 

 "Heute": . Sie auch?

Strache: "Ja, weil es um eine sehr verantwortungsvolle berufliche Position geht. In anderen Bereichen wie Bundesheer, Piloten, Polizei etc. ist das längst selbstverständlich. Das ist eine Verantwortungsfrage."

 

 "Heute": Viel Verantwortung tragen auch Ärzte. Wollen Sie Drogentests auch für Ärzte? Hier ist das Suchtrisiko höher als bei Lehrern.

Strache: "Eine sehr heikle Frage, da müssen wir uns damit auseinandersitzen, was schief läuft in der Gesellschaft. Mediziner haben oft schlechte Rahmenbedingungen, hier sind Überforderung und Unterzahlung gegeben. Natürlich hat Missbrauch nirgendwo etwas verloren, auch wenn wir nicht überall kontrollieren können."

 

 "Heute": Gilt das auch für die Lehrer: Sie nehmen Drogen, weil sie überfordert und unterbezahlt sind?

Strache: "Hier können Motive vielleicht auch anders sein, nicht nur Überforderung. Schauen wir zu den Grünen, die jetzt mit einem Joint durch Österreich reisen und für die Legalisierung von Cannabis werben, aber ein Rauchverbot in der Gastronomie fordern. Viele Lehrer werden allein gelassen und es gibt auch politisches Mobbing. Wir haben nach wie vor eine verpolitisierte Schule."

 

 "Heute": Wie stehen Sie zu einem generellen Rauchverbot in Lokalen?

Strache: "Ich finde es skandalös, das anzudenken. Wir haben vor Jahren ein Gesetz beschlossen und die Gastronomie hat viel Geld in die Hand nehmen müssen um die Lokale umzubauen. Jetzt will man wieder neue Gesetze beschließen. Alle Investitionen wären für die Katz'. Das ist Raubrittertum an den Unternehmen."

 

 "Heute": Und wenn diese Investitionen abgelöst werden?

Strache: "Woher sollen wir das Geld nehmen? Bei diesem Budgetdefizit…"

 

"Heute": Seit einigen Jahren rücken Sie in die politische Mitte. Wie grenzen Sie sich vom rechten Rand ab?

Strache: "Wir haben keinen rechten Rand. Faschismus, Nationalsozialismus, Antisemitismus haben keinen Platz bei uns."

 

"Heute": Sie wären glaubwürdiger, wenn Sie gegen FP-Politiker vorgehen, die mit Forderungen wie "Tierbordelle für Muslime" hetzen oder Holocaustgedenktafeln entfernen lassen.

Strache: "Wir sind glaubwürdig. Man muss auch aufpassen, nicht zu inflationär Gedenkstätten zu errichten. Damit tut man der Sache nicht immer etwas Gutes. Das Verbrechen des Holocaust muss im Bewusstsein der Bevölkerung bewahrt bleiben. In Syrien und im Irak erleben wir gerade, dass Menschen aufgrund ihres Glaubens geköpft, erschossen oder verfolgt werden. Dagegen müssen wir uns erheben."

 

 "Heute": Was tut die FPÖ, damit rechts von ihr kein Platz ist?

Strache: "Zunächst muss Schluss sein mit der Hetze gegen alles, was mit Heimat und Identität zu tun hat. Das wird pauschal verunglimpft, ins rechtsextremistische Eck gestellt, so wie zuletzt beim Gabalier. Bei der FPÖ haben auch einzelne keinen Platz, die extremistische Meinungen vertreten."

 

"Heute": Im Nahen Osten tobt ein grausamer Krieg. Menschen sind in Not. Österreich hat eine humanitäre Tradition. Wie sollen wir helfen?

Strache: "Die EU muss islamische Staaten in die Pflicht nehmen. Sunnitische Staaten sollten sunnitische Flüchtlinge aufnehmen, schiitische Staaten schiitische und wir die verfolgten Christen. Man kann das Problem nicht kontinental verlagern, indem wir Millionen Menschen aufnehmen. Das funktioniert nicht. Aber wir helfen gerne."

 

"Heute": Wie wollen Sie helfen?

Strache: "Mit Nahrungsmitteln, Medizin, Wasseraufbereitung, Kleidung, etc. Wir dürfen die Länder in der Region nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Zum Teil sind die Länder Financiers dieser Zustände. Saudi Arabien und Katar finanzieren nachweislich radikale Islamisten in anderen Staaten. Die Türkei hat strategische Interessen, dass das Assad-Regime fällt und Syrien zerfällt."

 

 "Heute": Nachbarländer wie der Libanon und Jordanien nehmen mehrere Millionen Menschen auf.

Strache: "Aber Saudi Arabien und Katar zündeln mehr als sie helfen. Das saudische Abdullah-Zentrum in Wien hat bisher nicht zum Frieden beigetragen. Bei uns ist der Dialog ja ohnehin möglich. In Saudi Arabien können Sie nicht mit Kreuz am Ketterl einreisen."

 

"Heute": Die Ukraine ist nur wenige Hundert Kilometer von uns entfernt. Fast eine Million Menschen sind auf der Flucht. Sie kritisieren die EU-Sanktionen gegen Russland. Warum?

Strache: "Weil ich von der Neutralität überzeugt bin. Ich finde es skandalös, dass die Regierung Partei ergreift. Unsere Position hätte sein müssen: als Vermittler zur Verfügung stehen, die Ukraine bündnisfrei zu halten, neutral zu werden und im Osten und Südosten – wo es russische Mehrheitsbevölkerungen gibt – einen Autonomiestatus möglich machen."

 

 "Heute": Das sind ja Forderungen Moskaus?

Strache: "Nein, das sind Forderungen, die ich erhoben habe. Man hat von Seiten der EU verweigert, diplomatische Gesprächsversuche mit Russland zu führen. Vor Ort tobt ein Krieg, der auf weitere Teile Europas übergreifen könnte. Das macht mir echt Sorge."

 

 "Heute": Können Sie sich vorstellen, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen?

Strache: "Der Großteil befindet sich in Russland. Vor Ort sollten wir helfen und eine diplomatische Lösung vorantreiben. Am Ende sollten die Flüchtlinge in ihre Wohnungen zurückkehren können."

 

"Heute": Auf der Flucht aus Afrika nach Europa ertranken Zehntausende Menschen im Mittelmeer.

Strache: "Die EU dürfte die Schiffe nicht auslaufen lassen. Wir müssten alles daran setzen, die lebensgefährliche Überfahrt zu verhindern. Ich frage mich, was hat die jahrzehntelange Entwicklungshilfe gebracht? Warum geht man nicht weg von Geldzahlungen hin zu konkreten Projekten."

 

"Heute": Die gibt es ja auch. Wollen Sie ausschließlich in Sachleistungen investieren?

Strache: "Den Regierungen vor Ort würde ich keine Gelder überweisen sondern nur in konkrete Schul- oder Infrastrukturprojekte investieren."

 

"Heute": Würden sie die Entwicklungshilfe sogar aufstocken?

Strache: "Wenn die Hilfe nachhaltig ist und die Menschen eine Zukunftperspektive haben, ja."

 

"Heute": Zurück nach Österreich: Sind wir auf kommende Flüchtlingswellen ausreichend vorbereitet?

Strache: "Es gibt in Österreich bis dato keinen bekannt gemachten Notfallplan für Ebola. Es gibt keine L4-Labors (hochspezialisierte Labors, Anm.) und keine Bettenstationen für hochinfektiöse Fälle. Wir sind nicht gerüstet und müssen aufpassen, dass nicht auch noch Ebola und andere Krankheiten eingeschleppt werden."

 

"Heute": Nach Wien: In einem Jahr wird gewählt. Ihr Ziel?

Strache: "Was ist die Ausgangsposition? Trotz der guten Beamten, die diese Stadt gut verwalten, leiden die Menschen in Wien. Es braucht eine Befreiung von Rot-Grün. Ich sage klar und deutlich: Wer SPÖ wählt, bekommt Grün. Wer mir das Vertrauen schenkt, der bekommt die Garantie, ich werde die Sozialdemokratie nicht ausgrenzen. Ich will das Rathaus öffnen, zu jedem Beamten persönlich gehen und fragen, wo der Schuh drückt. Bürgermeister Häupl ist abgetaucht seit fünf Jahren. Die Amtsgeschäfte hat er längst Vizebürgermeisterin Vassilakou übergeben. Zwischendurch gibt Häupl ein Interview."

 

"Heute": Ihr Wahlziel in Zahlen?

Strache: "Mehr als 33,3 Prozent. Dann können wir nicht mehr ausgegrenzt werden. Im Sinne der Wiener Stadtverfassung gäbe es einen freiheitlichen Vizebürgermeister und ohne FPÖ keine Verfassungsmehrheit."

 

"Heute": Sie sind 2010 als Bürgermeisterkandidat angetreten, vor ein paar Jahren als Kanzlerkandidat, jetzt wieder Bürgermeisterkandidat. Befürchten Sie nicht, dass Sie als Oppositionschef in Pension gehen werden?

Strache: "Nein. Wo immer mich der Wähler hinstellt, mache ich meinen Job. Zur Demokratie gehört Regierung und Opposition als Kontrolle. Wenn ich in Wien so stark werde, die Verantwortung als Bürgermeister zu übernehmen, dann werde ich sie übernehmen um sehr rasch zu beweisen, es besser machen zu können."

 

"Heute": Zum Beispiel?

Strache: "In die Sicherheit investieren und die Macht den Bürgern geben. Volksbefragungen ab 11.000 bis 15.000 Unterschriften ermöglichen und mich an die Ergebnisse halten. Ich will das Miteinander. Unter Rot-Grün erleben wir das Gegeneinander. Wer nicht Rot-Grün ist, der ist Feind, gehört diffamiert und in ein rechtes Eck gestellt."

P. Lattinger und E. Nuler

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