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"Sex ist für mich nur noch Pflicht!"

Heute Redaktion
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Bild: Pixabay

Seit Monaten hat Renate keine Lust mehr auf körperliche Interaktion mit ihrem Partner. Nicht einmal Selbstbefriedigung interessiert sie mehr. Was tun?

Frage von Renate (32) an Doktor Sex: Im Frühling letzten Jahres begann mein sexuelles Verlangen kontinuierlich zu schwinden. Seit einigen Monaten ist es ganz verschwunden. In meiner letzten Beziehung ist die Lust auf den Partner gegen das Ende hin zwar auch geschrumpft, jedoch hatte ich immer Lust auf Sex. Jetzt ist es so, dass ich überhaupt keine Lust empfinde und nicht einmal Selbstbefriedigung mache. Das Blöde ist, dass mich die Unlust an sich eigentlich nicht so stören würde. Aber die Gedanken, die ich mir dazu mache, stressen mich. Noch ist mein Freund geduldig und rücksichtsvoll, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch lange so bleiben wird. Ich habe mir deshalb sogar bereits überlegt, ihm einen Freipass vorzuschlagen, damit er sich den Sex auswärts holen kann. So wäre ich vom Gefühl der Pflicht befreit. Zudem, so meine Hoffnung, würde es mich vielleicht endlich wachrütteln. Ich bin verzweifelt. Was kann ich tun, damit die Lust zurückkehrt?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Renate

Wenn mir Frauen in der Beratung davon erzählen, dass ihnen die Lust auf Sex vergangen ist, stellt sich in den meisten Fällen ziemlich schnell heraus, dass es sich nicht um eine generelle Lustlosigkeit handelt. Vielmehr geht es darum, dass sie genug haben vom gleichförmigen, sich seit Jahr und Tag in der stets gleichen Art wiederholenden Sex mit ihrem Partner. Hinzu kommt oft noch, dass sie sich nicht trauen, ihm dies offen zu sagen. Oder aber, dass sie es ihm zwar gesagt haben – nicht selten sogar mehrmals – sich aber trotzdem nichts ändert an seinen Verhaltensmustern.

Gerade wenn Letzteres der Fall ist, setzen die meisten Frauen am Ende ihres Berichts zur Klage über den Mann an. Die Liste mit den Anschuldigungen, die dabei gemacht werden, ist schier endlos: Sturheit und Fantasielosigkeit wird den Männern vorgeworfen. Unsensible Pflöcke seien sie. Oder pornosüchtige Machos. Andere bezeichnen sie als langweilige Dumpfbacken, die nichts anderes im Sinn hätten als ihre eigene schnelle Befriedigung vor dem Einschlafen. Dass die Verantwortung für den Sex zur Hälfte bei ihnen liegt, vergessen sie dabei meist komplett.

Fakt ist: Die Lust auf Sex und damit zwangsläufig auch die Häufigkeit der sexuellen Interaktion unterliegt Schwankungen. Und insgesamt gesehen nimmt Letztere im Verlauf einer langjährigen Beziehung ab – jedenfalls, was den Geschlechtsverkehr angeht. Damit gilt es umzugehen. Aber obschon jeder Mensch dieses Auf und Ab unschwer an sich selber feststellen kann, hält sich die Idee hartnäckig, dass man immer Lust und ergo auch regelmäßig Sex haben müsse, um diese so abzuführen.

Ich denke, die aktuelle Situation ist als Einladung zur Veränderung zu sehen. Entsprechend offen und kreativ solltest du damit umgehen. Es geht also nicht darum, erneut eine Beziehung zu beenden, nur um etwas später in einer anderen wieder am gleichen Ort zu landen. Und es geht auch nicht darum, deinem Partner einen Freipass zu geben und zu hoffen, dass dies bei dir eine Initialzündung auslöst. Versuche stattdessen, Sexualität von Grund auf neu zu denken und zu erspüren: Was hast du für Wünsche und Bedürfnisse in Bezug auf Sinnlichkeit und Körperlichkeit, die vom Mainstream-Sex abweichen? Was möchtest du ausprobieren, das sich nicht an den gängigen Vorstellungen darüber orientiert, wie Sex ist oder zu sein hat? Auf diesem Weg wird sich auch die Lust – als andere, neue – wieder einstellen.

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected] (wer)

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