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"SMS-Killerin" Michelle muss 15 Monate in Haft

Eine 17-Jährige drängte ihren Freund mit Hunderten SMS in den Selbstmord. Nun ist das letztinstanzlichen Urteil in dem aufsehenerregenden Fall da.

Heute Redaktion
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"Ich dachte, du wolltest es tun. Jetzt ist die Zeit dafür und du bist bereit. Du musst es nur machen." Dutzende solcher SMS schrieb eine 17-Jährige 2014 ihrem damaligen Freund. Er machte ernst und nahm sich das Leben. Nun ist endgültig fix: Michelle Carter muss in Haft, für mindestens 15 Monate. Und das Urteil hat eine Signalwirkung im Bereich Online- und SMS-Mobbing.

Der Schuldspruch wurde bereits 2017 gefällt, doch die Anwälte von Carter waren von ihrer Unschuld überzeugt und legten Berufung ein. Nun befand das oberste Berufungsgericht von Massachusetts, Michelle Carter ist des Totschlags schuldig und verurteilte die junge Frau endgültig.

Hunderte SMS geschrieben

Der 18-jährige Conrad Roy war im Juli 2014 auf einem Parkplatz tot in seinem Auto gefunden worden. Er starb an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Wie das Gericht während des Prozesses erfuhr, schrieben sich Carter und ihr Freund hunderte SMS. Carter drängte mit ihren Botschaften den jungen Mann dazu, seine Suizidpläne in die Tat umzusetzen, diese vor seinen Eltern geheimzuhalten, seine Mutter anzulügen und einen abgeschiedenen Parkplatz auszuwählen.

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Rechtsexperten hatten im Vorfeld argumentiert, Carter möge ihren Freund zwar motiviert haben, sich das Leben zu nehmen, es sei aber fraglich, ob dies für eine Verurteilung unter dem Straftatbestand der fahrlässigen Tötung ausreiche. Im Gegensatz zu anderen US-Bundesstaaten gibt es in Massachusetts kein Gesetz gegen eine Aufforderung zum Suizid.

Wie stark war die Beziehung?

Die Verteidigung hatte argumentiert, dass Roy bereits "seit Jahren" suizidgefährdet gewesen sei. Die Verteidiger versuchten auch, Carters Rolle in dem Fall als gering darzustellen. Das Paar habe eine "SMS-Beziehung" geführt, sich aber persönlich nur wenige Male getroffen. Die inzwischen 22-Jährige brach bei Verkündung des Urteils in Tränen aus.

Erschwerend kam für Carter hinzu, dass sich ihr Freund während der Tat gegen den Suizid entscheiden hatte, sie ihn aber weiter dazu drängte. Wie aus dem SMS-Dialog hervorgeht, stieg Roy aus dem Auto, das sich mit Abgasen füllte. Carter hingegen drängte Roy so lange, bis er wieder in das Auto stieg – und hörte ihm dann beim langsamen Sterben zu. (rfi/fal/dapd/afp)