Welt

"Wald-Junge 'Ray'" hat alle zum Narren gehalten

Heute Redaktion
Teilen

Nach einem Hinweis hat die Polizei die Identität des rätselhaften "Waldjungen" geklärt: "Ray", der wie Kaspar Hauser angeblich jahrelang in den Wäldern gelebt hatte, handelt es sich um einen 20-jährigen Niederländer aus Hengelo. Er hat seine Geschichte frei erfunden!

, handelt es sich um einen 20-jährigen Niederländer aus Hengelo. Er hat seine Geschichte frei erfunden!

Er ist 20 Jahre alt, heißt Robin van H. und stammt aus der niederländischen Stadt Hengelo. Eine junge Frau erkannte den Burschen auf Fotos aufgrund einer Halskette wieder, die von der Berliner Polizei veröffentlicht worden waren. Sie meldete sich beim niederländischen Fernsehsender NOS, der die Polizeibehörden informierte.

Suche über Internet

Die getrennten Eltern waren inzwischen völlig ratlos. Der leibliche Vater war gar nicht tot, lebte nicht in einem Wald südlich von Berlin, sondern im Osten der Niederlande. Sie hatten versucht, irgendwie Kontakt zu ihrem Sohn zu finden.
Über Twitter schreiben sie "Wer weiß, wo Robin van H. ist" im Dezember 2011. Laut Polizei in Hengelo hat Robin van H. den Eltern wohl einen Brief aus Berlin geschrieben. Tragischerweise starb Vater Jan im Februar dieses Jahres tatsächlich.
Im Internet steht der Werdegang des Buben, von ihm selbst geschrieben. Anfang letzten Jahres hat er ein Praktikum bei einer Telefonfirma in Hengelo absolviert. Als seine Hobbys nennt er Fitness und Taekwando. Eine Ausbildung in brach der Hauptschüler ab. Danach beschäftigte er sich am Berufszentrum ROC Twente mit Marketing und Kommunikation.
Rätsel über Motiv

Das Motiv für den Ausbruch aus seinem augenscheinlich normalen Leben will die holländische Polizei nicht preisgeben. "Das muss er wohl selber machen", sagt Sprecherin Westerhoff. "Seine Unsinn kann er gern selbst verbreiten."

Neun Monate vergebliche Suche

Der Bursche war im September vergangenen Jahres beim Berliner Jugendnotdienst aufgetaucht. Dort erklärte er, er heiße "Ray" und kenne weder seinen Nachnamen, noch seine Herkunft. Fast neun Monate versuchte die Berliner Polizei vergeblich seine Identität zu klären. "Ray" sprach zunächst nur Englisch.

Die Lügen-Story

Seinen Angaben zufolge lebte er fünf Jahre mit seinem Vater in den Wäldern. Der Vater sei, kurz bevor der Bursche sich bei der Behörde meldete, gestorben. "Ray" gab laut laut Polizei an, er habe die sterblichen Überreste im Wald verscharrt, ein Leichnam wurde jedoch nicht gefunden. Die Mutter sei fünf Jahre zuvor bei einem Unfall gestorben. An die Zeit davor habe er keine Erinnerung.

Weil der "Waldjunge" von der Berliner Polizei über Interpol als möglicherweise Minderjähriger eingestuft wurde, haben die niederländischen Behörden keine Verbindung zu dem Vermisstenfall von Hengelo hergestellt.

Konsequenzen

Inzwischen wurde "Ray" befragt. Dabei hat er gestanden, alles bloß erfunden zu haben: "Ray hat zugegeben, dass er Robin ist", sagte eine Polizeisprecherin. "An seiner Geschichte stimmte nichts."

Da Robin erwachsen ist, stehe nun möglicherweise der Vorwurf von Sozialleistungsbetrug im Raum, hieß es bei der Polizei. Das Jugendamt hatte immerhin monatelang einen Vormund für ihn bestellt und ihn in einer betreuten Wohngruppe untergebracht.
"Das ist kein Spaß mehr", sagt Polizeisprecher Michael Maaß. "Wenn er uns vorsätzlich zum Narren gehalten, würden eventuelle Kosten auf ihn zukommen."