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Warum manche Menschen nach dem Sex weinen

Manche Menschen fangen während oder nach dem Sex an zu weinen. Wir haben eine Sexologin und Psychotherapeutin gefragt, was es damit auf sich hat.

Heute Redaktion
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Körperliche Schmerzen, Trauma oder Traurigkeit können Gründe für Weinen während oder nach dem Sex sein. Es kann aber auch vorkommen, dass Tränen kullern und man nicht so genau weiß, wieso – weil eigentlich alles in Ordnung ist.

Dania Schiftan, Sexual- und Psychotherapeutin, erklärt im Interview, woher die Tränen kommen können.



Frau Schiftan, weinen Frauen eher während oder nach dem Sex?
Während dem Sex grundlos zu weinen kommt eher weniger vor. Viele Frauen weinen nach dem Sex oder nachdem sie einen Orgasmus hatten.



Und wieso das?


Dafür gibt es eine relativ einfache Erklärung: Haben diese Frauen einen Orgasmus, entspannen sich die Muskeln im Unterkörper während die Spannung im Oberkörper bleibt. Durch Weinen oder manchmal auch Lachen entlädt der Körper diese Spannung. Die Tränen haben also nichts mit Traurigkeit zu tun. Ideal wäre natürlich, wenn man beide Entladungen gleichzeitig hätte, emotional und körperlich – aber das können viele Frauen nicht.

Kann man das lernen?

Ja, tatsächlich. Man muss dann lernen, die Erregung im ganzen Körper zu verteilen und auch den ganzen Körper zu bewegen. Zum Vergleich: Auf der Tanzfläche erlebt man ja auch mehr, wenn man den ganzen Körper bewegt und die Musik spürt, anstatt nur hin und her zu wippen.

"Meine Mutter hat immer gesagt, Weinen sei die WC-Spülung der Seele."

Was ist mit den Frauen, die während dem Sex weinen? Man ist so emotional, dass man überläuft und die Tränen kommen. Das können also auch Freudentränen sein. Es ist eine Form der Entladung, des Loslassens und der Hingabe.



Tränen haben doch bei so etwas Schönem wie Sex nichts verloren, oder?


Tränen sind ja nicht per se negativ. Man assoziiert Weinen halt automatisch mit Schmerzen oder damit, dass etwas nicht in Ordnung ist. Deshalb ist es wichtig, sich zu fragen, ob man unter den Tränen leidet oder es genießt – und auch den Partner oder die Partnerin darauf hinzuweisen. Meine Mutter hat immer gesagt, Weinen sei die WC-Spülung der Seele. Prinzipiell ist es ja auch schön, dass jemand so unmittelbar seine Emotionen zeigen kann.

Wann wird das Weinen im Bett zum Problem? Tendenziell ist es kein Problem, solange es für einen stimmt. Es kann natürlich sein, dass die Tränen stören, wenn sie immer wieder kommen. Auch wenn ich meine Gefühle anders kanalisieren will, verwirrt bin oder mich verunsichern lasse, sollte ich mich damit auseinandersetzen.



Wie lernt man, seine Emotionen anders zu steuern?


Neben der Gesprächstherapie kann auch eine Körpertherapie hilfreich sein, bei der man mehr auf die Begleiterscheinungen eingeht, statt auf den Grund. Wir wissen, dass der Körper und die Seele sehr eng zusammenhängen. Personen, die immer emotional überlaufen, haben mit Sicherheit unbemerkte Spannungen im Körper. In der Körpertherapie lernen sie mit kleinen entspannenden Bewegungen, die auch niemand mitkriegt, auf die Symptome zu reagieren. Damit verteilt sich der Druck im ganzen Körper und sitzt nicht nur hinter den Augen.

Weinen auch Männer beim Sex?

Es ist kein reines Frauenphänomen, aber es kommt bei ihnen durchaus häufiger vor. Frauen können mit ihren Emotionen meist freier umgehen als Männer. Ab und zu kommen jüngere Männer zu mir in die Praxis, weil sie denken, dass etwas mit ihnen falsch sei, weil sie beim Sex weinen. Dabei wollen die meisten Männer erfahrungsgemäß beim Sex auch emotional mehr erleben, statt nur körperlich. (Friday)