Politik

"Wollen die Bevölkerung nicht ausspionieren"

Durch das neue Sicherheitspaket können WhatsApp und Skype überwacht werden. Vizekanzler Wolfgang Brandstetter erklärt, was das bringt.

Heute Redaktion
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Vizekanzler Wolfgang Brandstetter: Sicherheitspaket ist kein Schritt zum Überwachungsstaat.
Vizekanzler Wolfgang Brandstetter: Sicherheitspaket ist kein Schritt zum Überwachungsstaat.
Bild: picturedesk

Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter war der Schampus-Dusche knapp entkommen. Er hatte nämlich Sonntag Nachmittag beim Österreich-GP in Spielfeld den Siegerpokal dem Finnen Valtteri Bottas überreicht. Brandstetter konnte sich durch einen mutigen Sprung aus der Champagner-Gefahrenzone retten, wie TV-Aufnahmen belegen.

Auf der Heimreise vom Grand Prix gab der Vizekanzler dann "Heute" dieses Interview zum Sicherheitspaket. Die Novelle der Strafprozessordnung geht jetzt in Begutachtung, nachdem sich ÖVP und SPÖ nach langem Ringen geeinigt hatten.

Heute: Herr Vizekanzler, was wird sich durch das Sicherheitspaket für die Österreicher ändern?



Dr. Wolfgang Brandstetter: Der redliche Bürger ist davon nicht betroffen. Wir haben diejenigen im Auge, die terroristische oder schwer kriminelle Absichten verfolgen. Wir schließen mit den Bestimmungen, die es uns erlauben werden, auch die internetbasierte Kommunikation zu überwachen, eine Lücke, die sich durch den technischen Fortschritt aufgetan hat. Der potenziell kriminelle Inhalt bleibt ja derselbe, unabhängig vom Kommunikationskanal.



Heute: Wird die Arbeit der Polizei durch das Sicherheitspaket effizienter?



Brandstetter: Alle beteiligten Ermittlungsbehörden, also sowohl die Exekutivbeamten als auch die Staatsanwaltschaften, haben mit den neuen Instrumenten und Maßnahmen die Möglichkeit, rascher und effizienter zu arbeiten.

Wenn ich aus den Reihen der Staatsanwälte höre, dass das Instrument der Telefonüberwachung in der Praxis gar nicht mehr angewandt wird, weil die Täter auf andere internetbasierte Kommunikationskanäle ausweichen, da sie wissen, dort können wir sie nicht erwischen, ist es an der Zeit zu reagieren.



Heute: Ist das Sicherheitspaket ein Schritt zum Überwachungsstaat?



Brandstetter: Nein, ganz und gar nicht. Es ist ein Schritt zu mehr Sicherheit in Österreich. Ich habe das im Laufe der Verhandlungen – auch mit dem Koalitionspartner – immer versucht zu erklären. Unser Ziel war und ist es nicht, die Bevölkerung auszuspionieren. Alles, was wir aus Sicht der Justiz benötigen, sind die rechtlichen Grundlagen, um die technische Überwachung der Internetkommunikation von jenen Personen zu gewährleisten, von denen eine Gefahr ausgeht. Nicht mehr und nicht weniger!



Heute: Auch WhatsApp, Skype und andere Dienste können bald überwacht werden. Ist diese Überwachung permanent und was passiert mit den Daten?



Brandstetter: Es geht darum, im konkreten Verdachtsfall – und nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft und unter richterlicher Kontrolle – Kommunikation von Verdächtigen in Echtzeit zu überwachen. Außerdem werden verdächtige Personen nicht dauerhaft überwacht, sondern nur in klar abgegrenzten, von den Ermittlungsbehörden gesetzten Zeiträumen.

Ergibt sich in weiterer Folge, dass die Person keine Tat begangen hat, werden die erhobenen Daten umgehend gelöscht. Das zeigt eindeutig, dass wir nicht auf eine massenhafte Überwachung abzielen, sondern viel mehr im Bedarfsfall bei Gefahr in Verzug reagieren wollen.



Heute: Wären Straftaten wie der Linzer Doppelmord durch das Sicherheitspaket zu verhindern gewesen?



Brandstetter: Dieser tragische Fall in Linz ist derzeit noch immer Gegenstand von Ermittlungen. Fakt ist aber, sollte der Täter über Internetdienste kommuniziert haben, und hätte man die Möglichkeit gehabt, diese Kommunikation zu überwachen, wäre er möglicherweise schon früher ins Visier der Beamten gerückt.

Wir erhoffen uns jedenfalls durch das Sicherheitspaket nicht nur im Nachhinein besser ermitteln zu können, sondern auch präventiv potentielle Taten vermeiden zu können.

Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger geht vor, da sind sich der Innenminister und ich einig.



Heute: Wie funktioniert das „Quick Freeze Modell", das die Vorratsdatenspeicherung ablösen soll?



Brandstetter: Die ehemalige Vorratsdatenspeicherung, die auch vom VfGH aufgehoben wurde, ging sehr weit und konnte ohne jeglichen Anlass beantragt werden. Die von mir verfolgte neue Regelung ist viel präziser.

Das sogenannte „Quick-Freeze-Modell" erlaubt im Anlassfall, also nur dann, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, dass Kommunikationsdienstleister im Auftrag der Ermittler Verkehrs- und Standortdaten über einen bestimmten Zeitraum speichern müssen. Erst wenn sich in weiterer Folge der Verdacht erhärtet, kann – mit richterlicher Genehmigung – auf diese gespeicherten Daten zugegriffen werden.

Es geht also primär darum, dass Daten noch vorhanden sind, wenn die Ermittlungsbehörden sie benötigen. (GP)