Politik

1.518 Beschwerden gegen Polizei - keine Verurteilung

Eine Studie zeigt: Gegen österreichische Polizisten werden jährlich hunderte Misshandlungsvorwürfe erhoben, Konsequenzen haben diese aber kaum.

Heute Redaktion
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Innenministerium Generalsekretär Peter Goldgruber, Universitätsprofessoring Susanne Reindl-Krauskopf und der Generalsekretär des Justizministerium Christian Pilnacek (v.l.)
Innenministerium Generalsekretär Peter Goldgruber, Universitätsprofessoring Susanne Reindl-Krauskopf und der Generalsekretär des Justizministerium Christian Pilnacek (v.l.)
Bild: Sabine Hertel

Im Auftrag des Justizministerium analysierte das "Austrian Center for Law Enforcement Sciences" insgesamt 1.518 Fälle von Misshandlungsvorwürfen gegen Bedienstete der heimischen Exekutive. Am Freitag präsentierte schließlich Studienleiterin Susanne Reindl-Krauskopf gemeinsam mit den Generalsekretären des Justiz- und des Innenministeriums Peter Goldgruber und Christian Pilnacek die Ergebnisse der ausführlichen Analyse.

Hunderte Fälle – keine gerichtlichen Konsequenzen

Das wohl spannendste Faktum vorweg: Die Hunderten Misshandlungsvorwürfe, die jedes Jahr gegen österreichische Exekutivbedienstete erhoben werden, führten zu keinerlei gerichtlichen Konsequenzen für ebendiese.

Von den 1.518 untersuchten Fällen wurden nur 7 (!) überhaupt an die Gerichte weitergeleitet, beim Rest war bereits im Vorfeld das Verfahren aus verschiedenen Rechtsgründen wieder eingestellt worden. Jene sieben Fälle, die tatsächlich an die Gerichte weitergeleitet worden waren, endeten schließlich allesamt in Freisprüchen in erster Instanz für die belasteten Polizeibeamten.

Beschwerdeführer und Beschuldigte meist jung und männlich

Auffällig sei auch, so Reindl-Krauskopf, dass sowohl die mutmaßlichen Täter (77%), ebenso wie auch die mutmaßlichen Opfer (80%), in der überwiegenden Zahl der Fälle Männer im Alter zwischen 18 und 34 Jahren gewesen seien. Das bedeuted aber nicht, dass männliche Polizisten öfter das Ziel von Beschwerden sind als ihre weiblichen Kolleginnen. Im Gegenteil: Zwar richten sich 80% der Beschwerden gegen männliche Polizeibedienstete, Frauen stellen aber nur rund 17 % der gesamten Polizisten in Österreich. Insofern werden weibliche Exekutivbedienstete in Relation zu ihren männlichen Kollegen sogar minimal öfter das Ziel von Beschwerden.

Zwei Drittel der Vorfälle ereigneten sich zudem in der Nachtzeit. Die knappe Mehrheit der Beschwerdeführer hatten mit 51,2 % österreichische Staatsbürger inne, gefolgt von EU-Bürger (16,2%) und Afrikanern (9,7 %). Außerdem sei in den meisten Fällen auch Alkohol oder eine anders artige Beeinträchtigung der Beschwerdeführer vorgelegen, so die Uni-Professorin weiter.

Polizisten wird meist Körperverletzung vorgeworfen

Die Motivation der Beschwerden ist in 90,8 % der Fälle auf den Einsatz von Körperkraft durch die beschuldigten Exekutivbeamten zurückzuführen, 7,5 % kritisierten zudem die Art der Fixierung, in der sie festgehalten wurden.

Zu schweren Körperverletzungen kam es allerdings nur in 3 % der Fälle. Umgekehrt waren es zumeist strafrechtlich relevante Taten der Beschwerdeführer, die das Eingreifen der Polizei bedingt hatten.

Goldgruber verteidigt Exekutivbeamte: "Vertrauen ist wichtig"

Innenministeriumsgeneral Peter Goldgruber legt nach eigener Aussage großen Wert auf das Vertrauen der Bevölkerung in die heimische Exekutive. Deshalb sei die Studie und die darin enthaltenen Empfehlungen sehr zu begrüßen, so Goldgruber. Er selbst soll allerdings bei der umstrittenen Hausdurchsuchung die Einsatzgruppe zur Bekämpfung von Straßenkriminalität (EGS) unter Führung des FPÖ-Gemeinderats Preiszler den eigentlich zuständigen Beamten der Cobra, der Wega oder des Bundeskriminalamtes vorgezogen haben - es wird vermutet, dass das FPÖ geführte Innenministerium diese Exekutivbeamten bewusst außen vor gelassen hatte, da deren Einheiten politisch eher dem Koaltionspartner ÖVP zugerechnet werden.

Wenn nun aber der oberste Beamte im Innenministerium nicht auf die eigentlich zuständigen Exekutiv-Beamten vertraut, warum solle es dann der Rest der Bevölkerung tun, fragte ein anwesender Journalist deshalb Goldgruber. Der reagierte forsch und erklärte wieder einmal, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen geleitet habe und nicht er. Die Staatsanwaltschaft wiederum bestreitet allerdings für die Auswahl der EGS-Einheit verantwortlich gewesen zu sein.

Empfehlungen: Das soll sich jetzt ändern

Um in Zukunft zu einem besseren Umgang mit Beschwerden gegen Exekutivbeamte zu gelangen, kündigten sowohl Pilnacek wie auch Goldgruber kleinere Reformen in ihren jeweiligen Ressorts an. Mithilfe dieser Reformen soll die Bevölkerung davon überzeugt werden, dass es in der Exekutive kein "Korpsdenken" gibt, so Pilnacek.

So soll jetzt einerseits die Frist, in der derartige Vorfälle der Staatsanwaltschaft gemeldet werden müssen, verlängert werden da in den ursprünglich vorgesehen 24 Stunden oft nicht genug Zeit bleiben würde, um eine wirklich ausführliche Berichterstattung zu gewährleisten.

Andererseits soll in Zukunft wesentlich strenger dokumentiert werden, vor allem im Bereich der mündlichen oder telefonischen Kontakte zwischen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft. Diese engen Kontakte seien zwar grundsätzlich zu begrüßen, erklärte Reindl-Krauskopf, jedoch müssten man auch in diesem Bereich stets strenge protokollarische Vorschriften gelten, da man ansonsten in der Nachbetrachtung viele Behördenwege nicht mehr nachvollziehen könne.

(red)