Abschied von unserer ersten Kanzlerin: Brigitte Bierlein wurde am Freitag in Wien verabschiedet. Das Requiem im Stephansdom zelebrierte Kardinal Christoph Schönborn.
Die Spitzen der Republik waren gekommen, um der Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen – Bundespräsident Alexander Van der Bellen (mit Ehefrau Doris Schmidauer), Bundeskanzler Karl Nehammer (VP), Vize Werner Kogler (Grüne) sowie zahlreiche Vertreter der Regierung, wie etwa Kurzzeit-Amtsnachfolger Alexander Schallenberg, der im Kabinett Bierlein gedient hatte.
Als oberster Vertreter ihrer Heimatstadt Wien erwies Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) der im 75. Lebensjahr verstorbenen Spitzen-Juristin die Reverenz. Seitens der Landespolitik nahmen auch die steiermärkischen Landeshauptleute außer Dienst, Waltraud Klasnic und Hermann Schützenhöfer, Abschied.
Das Wiener Domorchester spielte das Mozart-Requiem in d-Moll. Kardinal Schönborn würdigte sie in seiner durchaus politischen Predigt: "Von Brigitte Bierlein zu sprechen, heißt über Recht und Gerechtigkeit und über den Rechtsstaat zu sprechen."
„Sie wird für uns alle immer ein Vorbild bleiben.“Alexander Van der BellenBundespräsident
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte: "Sie war eine treue Dienerin der Republik, weitsichtig, in höchstem Maße kompetent – und sie war eine mutige Frau. Sie genoss hohes Ansehen in der Bevölkerung, sie hat unserer Heimat in einer schwierigen Situation einen großen Dienst erwiesen. Dafür bin ich ihr dankbar." Ihren Dienst tat sie laut Van der Bellen "mit Hirn und Herz, mit Sachkenntnis und Empathie, mit Stärke und Gelassenheit, mit Selbstvertrauen und Selbstkritik."
Sie sei keine gewesen, die alles schönredete. Der Präsident wies auch auf eine andere, weniger bekannte Facette von Brigitte Bierlein hin: "Es gab auch ihre andere Seite – kunstsinnig und kulturinteressiert."
"Sie hat 'Ja' gesagt, wenn es darum ging, Verantwortung zu übernehmen und damit Geschichte geschrieben – einen Weg geebnet, der vielen nach ihr Hoffnung und Mut gibt", zeigte sich Kanzler Karl Nehammer dankbar. Ihr Tod habe auch ihn erschüttert: "Man hat gespürt, da ist eine große Österreicherin viel zu früh gegangen. Brigitte Bierlein war sowohl Weltbürgerin als auch eine echte Wienerin. Sie hat ihre Heimatstadt und ihr Land geliebt. Und sie war offen für Veränderung und den Wandel, den jede liberale Demokratie durchlebt."
Ihre Lebensaufgabe seien "der liberale Rechtsstaat, Demokratie und die Einheit in Vielfalt" gewesen. Der Kanzler: "Als einer Ihrer Nachfolger als Bundeskanzler der Republik Österreich verneige ich mich – gemeinsam mit allen Österreicherinnen und Österreichern - vor Ihrem Lebenswerk."
Brigitte Bierlein wird Freitagnachmittag am Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab zur letzten Ruhe gebettet. Den Schlusspunkt ihres Lebens zelebriert Pater Stefan Reuffurth, Pfarrer der Gemeinde Ober St. Veit und geistiger Beistand Bierleins auf der letzten Etappe ihres Lebens.